Fast fünf Millionen Bäume für den Waldumbau

30.03.2022, 11:47 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)

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Eigene Waldarbeiterinnen und Waldarbeiter von Sachsenforst sowie beauftragte Forstunternehmen bringen die Jungpflanzen – wie hier Rot-Buchen in der Dresdner Heide – in den Boden. (© Archiv Sachsenforst)

Eigene Waldarbeiterinnen und Waldarbeiter von Sachsenforst sowie beauftragte Forstunternehmen bringen die Jungpflanzen – wie hier Rot-Buchen in der Dresdner Heide – in den Boden. (© Archiv Sachsenforst)

Sachsenforst pflanzt 34 verschiedene Baumarten für einen gesunden Staatswald

Rund 4,9 Millionen Bäume will Sachsenforst 2022 im sächsischen Staatswald pflanzen, der rund 39 % der Waldfläche in Sachsen ausmacht. Für die Wälder von morgen werden 34 verschiedene Baum- und Straucharten in die Erde gebracht, vor allem Rot-Buchen (ca. 25 %) und Eichen-Arten (ca. 30 %), aber auch die zukunftsträchtige Weiß-Tanne (rund 18 %). Naturverjüngung und Saat ergänzen die Anstrengungen von Sachsenforst, die durch den Klimawandel stark geschädigten Staatswälder wieder zu bewalden und den notwendigen Waldumbau voranzubringen. Dafür investiert der Freistaat Sachsen in diesem Jahr rund 14 Millionen Euro. Geht es nach den Forstleuten, würden noch mehr Bäume in den Waldboden kommen. Die begrenzte Verfügbarkeit von geeigneten Pflanzen bremst aber ihre Ambitionen.

Forstminister Wolfram Günther: »Wer durchs Land fährt, sieht immer noch viele geschädigte Waldflächen. Umso wichtiger ist es, dass das Frühjahr intensiv genutzt wird, um diese Flächen wieder zu bewalden. Dabei ist es gut, dass viele verschiedene Baum- und Straucharten in die Erde gebracht werden. Ergänzt durch Naturverjüngung und Sukzession wird sich so ein arten- und strukturreicher, leistungsfähiger Mischwald mit hohem Laubbaum- und Tannenanteil entwickeln. Solche Wälder brauchen wir; sie können dem Klimawandel trotzen.«

Hochwertiges Pflanzgut ist nur begrenzt verfügbar

Rund ein Drittel der im Staatswald gepflanzten Bäume werden in den drei landeseigenen Forstbaumschulen von Sachsenforst in Graupa bei Pirna, Heinzebank bei Marienberg und Kretscham bei Oberwiesenthal herangezogen. Die restlichen Forstpflanzen liefern private Forstbaumschulen. Das verwendete Saatgut unterliegt hohen Qualitätsanforderungen. Es stammt aus den für diesen Zweck ausgewiesenen Forstsaatgutbeständen, die sich im Staatswald als auch Privat- und Körperschaftswald befinden. Das Saatgut wird in einer eigenen Aufbereitungsstelle in Flöha vorbereitet. Bei Saatgut aus dem Handel garantiert das sogenannte Forstvermehrungsgutgesetz die hochwertige Qualität.

Die hohen Standards grenzen die Verfügbarkeit aber auch ein. »Bei der regionalen Saatgutgewinnung sind wir von normalen Zyklen und zunehmend von der Witterung abhängig«, erläutert Thomas Rother, Leiter des Forstbetriebes von Sachsenforst. »Durch Trockenheit, Insektenfraß oder Spätfröste können die Bäume keine Blüten oder Früchte voll ausbilden, da sie gebildete Reservestoffe anderweitig verbrauchen. Und dann steht nicht hinreichend Saatgut für die Anzucht von jungen Bäumen in den Baumschulen oder zur Aussaat im Wald zur Verfügung.« Hinzu kommt, dass viele Waldbäume wie Eichen und Buchen einem natürlichen Zyklus unterliegen und nicht jedes Jahr größere Mengen an Samen bilden. Und das hat Folgen: »Derzeit können wir nicht so viel pflanzen und säen, wie wir eigentlich wollen, weil nicht ausreichend Pflanzen und Saatgut verfügbar sind«, so Rother. Und weiter: »Die für den Waldumbau wichtigen Baumarten Rotbuche, Stieleiche und Traubeneiche haben leider 2021 nicht hinreichend Bucheckern und Eicheln getragen. Der Mangel an geeignetem Pflanzgut wird sich damit in den kommenden Jahren noch verschärfen, weil wir aktuell nur sehr wenig Saatgut der für den Waldumbau wichtigen Arten in den letzten Jahren gewinnen konnten. Wir prüfen weitere Wege der Saatgutbeschaffung in Sachsen und angrenzenden Regionen intensiv, aber auch hier sind die Möglichkeiten begrenzt.«

Derzeit meist gute Pflanzbedingungen – aber mehr Regen notwendig

Eigene Waldarbeiterinnen und Waldarbeiter von Sachsenforst sowie beauftragte Forstunternehmen bringen die Jungpflanzen in den Boden. Während im Tief- und Hügelland bereits seit Februar gepflanzt wird, finden die Pflanzarbeiten in den kälteren Mittelgebirgslagen vor allem im April statt und ziehen sich teils bis in den Mai hinein. Danach geht es im Spätsommer und Herbst weiter. »Die Bedingungen fürs Pflanzen sind derzeit meist noch gut«, so Rother. »Stellenweise ist allerdings der Boden im Gebirge im März noch gefroren gewesen, so dass sich das Zeitfenster der Pflanzung verkürzt. Parallel sind die im Februar entstandenen Sturmschäden zu beseitigen.« Laut Rother haben die Böden im Mittelgebirge derzeit noch genug Feuchtigkeit, im Tiefland gibt es eine deutlich angespanntere Situation, insbesondere auf Sandstandorten. Damit die jungen Bäume gut anwachsen, brauche es bald neue Niederschläge.

Mit der Pflanzung von Bäumen ist der Waldumbau aber längst nicht abgeschlossen. Die Kulturen müssen über viele Jahre gepflegt werden. Ein entscheidender Erfolgsfaktor für eine erfolgreiche Verjüngung sind angepasste Wildbestände. »Zu viele Rehe und Rotwild können die Anstrengungen zunichtemachen«, so Rother. »Insbesondere frisch gepflanzte und seltene Bäume werden bevorzugt verbissen. Um die enormen Investitionen in die Wälder von morgen zu sichern, ist eine zweckmäßige Bejagung erforderlich.«

Die richtigen Bäume am passenden Standort

Buchen, Eichen, Weiß-Tannen spielen eine zentrale Rolle beim aktiven Waldumbau. Allein von der Rot-Buche, sächsische Leitbaumart und Baum des Jahres 2022, werden nahezu 1,27 Millionen Stück in fast allen Regionen im Staatswald gepflanzt. Hinzu kommen etwa 1,43 Millionen Eichen-Arten. Zu den weiteren wichtigen Laubbaumarten zählen Berg-Ahorn, Rot-Erle, Winter-Linde und Vogel-Kirsche. Aber auch zahlreiche seltene Baumarten wie Weiß-Erle, Berg-Ulme oder Wildapfel sollen den Mischwald bereichern. Die fast 900.000 Weiß-Tannen sind vor allem für Mittelgebirgslagen vorgesehen, wo sie im Schutz älterer Bäumen gepflanzt werden. Andere Nadelbäume wie Lärchen und Kiefern sind mit deutlich geringerem Anteil vertreten.

»Die Anpassung unserer Wälder an den Klimawandel schaffen wir nur, wenn wir das Risiko streuen und verschiedene standortgerechte Baumarten auf die richtigen Flächen bringen und dabei auch auf Mischung und Vielfalt achten«, erklärt Thomas Rother. »Grundsätzlich setzen wir auf eine natürliche Verjüngung der Wälder aus den Samen vorhandener Bäume. Aktiv gepflanzt und gesät wird dort, wo die geeigneten Baumarten nicht von selbst in absehbarer Zeit und in ausreichender Zahl wachsen.« Das ist der Fall, wenn Baumarten am Ort nicht vorhanden oder diese in ihrer genetischen Vielfalt eingeschränkt sind. Auch auf Standorten, die besonders gefährdet sind – beispielsweise durch Bodenerosionen – oder wo eine schnelle Ausbreitung von Gräsern oder Brombeere die Wiederbewaldung verhindert, ist aktives Pflanzen notwendig.

Pioniere bereiten den Boden

In den Wäldern verbreiten sich viele Baumarten durch eine natürliche Verjüngung. Insbesondere auf Freiflächen, welche durch die massiven Waldschäden der vergangenen Jahre entstanden sind, werden sich in den kommenden Jahren vielerorts Pionierbäume wie Birke, Weide und Eberesche auf natürliche Weise entwickeln. Sie bieten mit ihrem lichten Schirm gute Voraussetzungen für andere, später aktiv gepflanzte oder sich natürlich ansamende Baumarten.

Ein robuster Mischwald sollte nicht nur vielfältige Strukturen im Inneren besitzen, sondern auch an den Waldrändern − sowohl am Übergang zum Offenland als auch im Wald entlang größerer Schneisen und Wege. Ihre Entwicklung wird von Sachsenforst besonders forciert. Waldränder aus unterschiedlichen Baum- und Straucharten sind besondere Lebensräume vieler Tier- und Pflanzenarten. Auch bilden sie eine Art Schutzmantel um die dahinterliegenden Wälder und können unter anderem Sturmschäden vermindern.


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