Eine Milliarde Euro für präventiven Hochwasserschutz in Sachsen
06.08.2004, 10:00 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)
Staatsregierung beschloss Investitionsprogramm
Mit jährlich 60 Millionen Euro will Sachsen in den kommenden Jahren den Hochwasserschutz verbessern. Ein entsprechendes Hochwasserinvestitionsprogramm legte Umwelt- und Landwirtschaftsminister Steffen Flath am Freitag, 6. August, in Dresden vor. „Hochwasserschutz bleibt eine Generationsaufgabe. Ich erwarte, dass wir im Jahr 2020 mit dem neuen Schutzsystem fertig sein werden“, sagte Flath. Die dafür notwendigen Kosten bezifferte der Minister auf insgesamt rund eine Milliarde Euro. Zwei Jahre nach der Flut betrachtet Flath die wesentlichen Kritikpunkte der Kirchbach-Kommission als ausgeräumt. Die Kommission hatte in ihrem Ende 2002 vorgelegten Bericht vor allem gravierende Schwächen beim Hochwasserwarndienst festgestellt. Auch die Ausweisung von Überschwemmungsgebieten war als unzureichend dargestellt worden.
Bilanz der in den letzten zwei Jahren eingeleiteten Hochwasserschutzmaßnahmen
1. Sachsen hat zwei Gesetzespakete auf den Weg gebracht. Damit wurde unter anderem die schnelle Ausweisung von Überschwemmungsgebieten geregelt. Bis zum heutigen Tag wurden 358 Gebiete mit einer Fläche von rund 51 000 Hektar ausgewiesen. Vor der Flut gab es lediglich 23 Überschwemmungsgebiete. Bislang einmalig in Deutschland ist die im neuen Wassergesetz festgeschriebene Ausweisung von Hochwasserentstehungsgebieten. Hier dürfen großflächige Bodenversiegelungsmaßnahmen nur durchgeführt werden, wenn an anderer Stelle der Wasserrückhalt verbessert wird.
2. Der Hochwasserrückhalteraum der Talsperren wurde um 26 Millionen Kubikmeter auf insgesamt 148 Millionen Kubikmeter vergrößert.
3. Der Hochwasserwarndienst wurde komplett neu gestaltet. Mittlerweile können mehr Daten erfasst, Vorhersagen präziser und Warnungen schneller erfolgen als noch vor zwei Jahren. Die Investitionssumme dafür beträgt (bis Ende 2004) rund 8,7 Millionen Euro. So hat im Mai diesen Jahres das neue Landeshochwasserzentrum seine Arbeit aufgenommen. Waren 2002 noch vier Einrichtung für die Hochwasserwarnungen zuständig, kommen die Meldungen nunmehr aus einer Hand. Auch die Meldewege wurden verkürzt. Derzeit wird per Fax und E-Mail bis auf Lankreisebene, in Kürze per SMS, Fax und E-Mail bis auf Gemeindeebene gewarnt. Auch besonders gefährdete Einrichtungen – zum Beispiel Krankenhäuser – erhalten die Meldungen. Die Vorhersagezeiträume für Hochwasser wurden deutlich vergrößert. So konnte für den Elbepegel in Dresden die Prognose von 24 auf 60 Stunden und für die Mulde um 12 Stunden erweitert werden. Außerdem wurde mit dem Deutschen Wetterdienst vereinbart, auf mögliche Starkregenereignisse zwei Tage im Voraus hinzuweisen. Das Pegelmessnetz wurde instand gesetzt und wird zur Zeit modernisiert und erweitert. Ein Netz automatischer Niederschlagsmesser (Ombrometer) wird neu aufgebaut. Beide Maßnahmen werden Ende des Jahres abgeschlossen sein.
4. Für den Freistaat werden flächendeckend 47 Hochwasserschutzkonzepte erarbeitet. Bis auf zwei Ausnahmen werden alle Konzepte Ende des Jahres bestätigt vorliegen. Die bereits vorliegenden 30 Hochwasserschutzkonzepte decken rund 11 000 km² und damit 80 Prozent des Hochwasserschadensgebietes von 2002 ab. Die Pläne weisen konkrete Maßnahmen wie Gewässerausbau, Deichbau oder Deichrückverlegungen, Anlage von Flutpoldern, den Bau von Flutrinnen oder Hochwasserrückhaltebecken aus. So soll zum Beispiel die Altstadt von Dresden mit einem mobilen Flutwandsystem vor Hochwasser geschützt werden.
5. An vielen Stellen in Sachsen wird bereits an Bauten des Hochwasserschutzes gearbeitet. Deutschlands zweitgrößte Wasserbaustelle liegt derzeit im Müglitztal bei Lauenstein. Dort wird für 37 Millionen Euro ein Rückhaltebecken mit fünf Millionen Kubikmeter Fassungsvermögen errichtet. Weitere Hochwasserbaustellen befinden sich zum Beispiel in Eilenburg an der Vereinigten Mulde und demnächst an der Elbe in Torgau, wo Deiche auf einer Länge von insgesamt neun Kilometern neu gebaut bzw. DIN-gerecht instandgesetzt werden.
Stand der Schadensbeseitigung an Gewässern I. und II. Ordnung
Etwa die Hälfte der 18 000 Gewässerschäden ist beseitigt. Daran beteiligt waren knapp 1 000 Ingenieurbüros und 800 Baufirmen. Bislang wurden 300 Millionen Euro verbaut. Die Schadensbeseitigung wird noch einige Jahre dauern. Verstärkt wird diese jetzt mit Maßnahmen des Hochwasserschutzes, wie sie in den Hochwasserschutzkonzepten vorgeschlagen werden, einhergehen.