IAB-Betriebspanel Sachsen 2024 – Arbeitgeberbefragung zeigt Beschäftigungstrends
21.09.2025, 10:00 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)
Wirtschafts- und Arbeitsminister Panter: »Sächsische Unternehmen gehen neue Wege bei der Fachkräftesicherung«
Der Arbeitsmarkt befindet sich derzeit in einer scheinbar paradoxen Situation: Steigende Arbeitslosigkeit und ein Rückgang gemeldeter freier Stellen infolge erschwerter wirtschaftlicher Rahmenbedingungen treffen auf einen gleichzeitig wachsenden Fachkräftemangel in vielen Branchen. Die Ergebnisse des IAB-Betriebspanel Sachsen für das Jahr 2024 verdeutlichen dies. Während beispielsweise der Anteil arbeitgeberseitiger Kündigungen den höchsten Wert seit zehn Jahren erreicht, melden mehr als die Hälfte der Unternehmen weiterhin Personalbedarfe. Zwar reduzierten sich die Besetzungsschwierigkeiten im Vergleich zum Vorjahr leicht, dennoch rechnen die Unternehmen zukünftig mit Engpässen. Dabei zeigt die Mehrheit der Unternehmen zunehmend eine hohe Bereitschaft Kompromisse bei der Einstellung von Fachkräften einzugehen, etwa durch die Akzeptanz eines erhöhten Einarbeitungsaufwands, der Anpassung der Vergütung und Arbeitszeit oder durch veränderte Ansprüche an die fachliche Qualifikation.
Dazu Wirtschafts- und Arbeitsminister Dirk Panter: »Die Befragungsergebnisse unterstreichen die Stärke und Anpassungsfähigkeit der sächsischen Unternehmen. Sie sind bereit, bei der Fach- und Arbeitskräftesicherung neue Wege zu gehen. Der demografische Wandel schreitet voran und macht deutlich: Wir können uns zukünftig junge Menschen ohne Ausbildungsplatz und Menschen ohne Erwerbstätigkeit einfach nicht mehr leisten.«
Positiver Trend bei Vereinbarkeit von Familie und Beruf
Ein positives Signal zeigt sich bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf: 68 Prozent der sächsischen Betriebe bieten entsprechende Maßnahmen an, ein deutlicher Anstieg zu 44 Prozent im Jahr 2016. Eine familienfreundliche Arbeitszeitgestaltung spielte dabei die größte Rolle: 59 Prozent der sächsischen Betriebe gaben an, mit Hilfe von flexiblen Arbeitszeiten, Home-Office, oder familienfreundlichen Teilzeitmodellen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu befördern. Kontaktpflege mit Beschäftigten in Elternzeit sowie Unterstützung bei der Kinderbetreuung wurden jeweils von etwa jedem fünften Betrieb durchgeführt.
Überdurchschnittlich viele Frauen in Führungspositionen
In 40 Prozent der sächsischen Betriebe sind Frauen in leitenden Funktionen tätig, 27 Prozent der Unternehmen werden sogar ausschließlich von Frauen geführt. Diese Zahlen liegen über dem Durchschnitt in Ost- und Westdeutschland und zeigen, dass Sachsen nicht nur die höchste Beschäftigungsquote von Frauen aufweist, sondern auch eine Vorreiterrolle bei der Beteiligung von Frauen in Führungspositionen einnimmt.
Minister Panter: »Frauen in Führungspositionen prägen Sachsens Wirtschaft sichtbar und das überdurchschnittlich stark. Sie gestalten unsere Unternehmenslandschaft entscheidend mit und das macht die Betriebe und unsere Gesellschaft zukunftsfähig. Als Vorreiterinnen öffnen sie Türen und sind Vorbilder.«
Weitere wichtige Befunde des IAB-Betriebspanel 2024 Sachsen:
Schutzsuchende aus der Ukraine
16 Prozent der Betriebe gaben an, dass sich ukrainische Geflüchtete um einen Arbeits-, Ausbildungs- oder Praktikumsplatz bei ihnen beworben hatten. Über die Hälfte (54 Prozent) der ukrainischen Schutzsuchenden, die bis 2024 eine Beschäftigung in Sachsen aufgenommen hatten, arbeiteten auf qualifiziertem Niveau.
Ausbildung
Der Anteil unbesetzter Ausbildungsplätze ist weiter gestiegen: Insgesamt konnten 36 Prozent der angebotenen Ausbildungsplätze nicht besetzt werden; trotz eines Rückgangs der Anzahl an Betrieben, die Auszubildende suchten. Etwa die Hälfte der Betriebe war bei der Besetzung von Ausbildungsstellen bereit zur Berücksichtigung von Bewerber/-innen ohne Schulabschluss: 80 Prozent der grundsätzlich kompromissbereiten Betriebe knüpften ihre Bereitschaft an ein erfolgreiches Praktikum oder Probearbeit.
Weiterbildung
Die Weiterbildungsbeteiligung von Betrieben ist leicht auf 50 Prozent gesunken. Der Anteil der Beschäftigten, die an einer Weiterbildung teilnahmen, sank ebenfalls im Vergleich zum Vorjahr und betrug 30 Prozent. Beschäftigte mit einfachen Tätigkeiten wiesen 2024 weiterhin die geringste Weiterbildungsteilnahme auf.
Wochenarbeitszeit
Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit je Vollzeitbeschäftigter bzw. -beschäftigtem lag in Sachsen insgesamt bei 39,2 Stunden. In Westdeutschland arbeiteten vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer/-innen im Mittel 38,9 Stunden. Zur vertraglich vereinbarten Arbeitszeit kamen in über der Hälfte (55 Prozent) der sächsischen Betriebe Überstunden hinzu. Insgesamt gaben 50 Prozent der Betriebe an, Instrumente der Arbeitszeitsteuerung wie etwa Früh-, Spät- und Nachtschichten, Wechselschichten, regelmäßige Wochenendarbeit und Rufbereitschaft zu nutzen.
Tarifbindung und Betriebliche Interessenvertretung
Tarifverträge und Betriebsräte sind wichtige Säulen im bundesdeutschen System der Gestaltung von Arbeitsbedingungen. Die weiterhin geringe Tarifbindung in Sachsen ist unverändert, bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass Tarifverträge nur bei einer Minderheit der Betriebe Anwendung finden. Tatsächlich orientieren sich 33 Prozent der nicht tarifgebundenen Betriebe an geltenden Flächentarifverträgen. In Sachsen sind insgesamt 28 Prozent aller Beschäftigten in Betrieben mit Tarifvertrag und Betriebsrat tätig.
Löhne
Im Juni 2024 lag der monatliche Bruttodurchschnittsverdienst in Sachsen bei rund 3.720 Euro je Vollzeitbeschäftigter bzw. Vollzeitbeschäftigtem (Ostdeutschland: 3.650 Euro, Westdeutschland 3.900 Euro). Damit blieb die Angleichungsquote zu Westdeutschland im Vergleich zum Vorjahr konstant bei 95 Prozent. In jedem vierten sächsischen Betrieb (24 Prozent) gab es zum 30.06.2024 einen oder mehrere Beschäftigte mit Verdiensten, die unter dem ab dem 01.01.2025 gültigen Mindestlohn von 12,82 Euro lagen, insgesamt betraf dies 6 Prozent der sächsischen Beschäftigten.
Investitionen
Der Anteil investierender Betriebe liegt in Sachsen höher als in Ost- und Westdeutschland, wobei die Investitionsintensität niedriger ist. Im Geschäftsjahr 2023 tätigten 51 Prozent aller Betriebe Sachsens Investitionen. Damit stieg der Anteil im Vergleich zum Vorjahr um 3 Prozentpunkte. Das durchschnittliche Investitionsvolumen je Beschäftigtem (in Vollzeitäquivalenten) ist im Vergleich zum Vorjahr gestiegen.
Hintergrund:
Das IAB-Betriebspanel stellt jährlich repräsentative Ergebnisse zur Lage auf dem sächsischen Arbeitsmarkt und zur Beschäftigungssituation aus der Perspektive der Betriebe zur Verfügung. Ausgewertet wurden Befragungsdaten von insgesamt rund 15.900 Betrieben bundesweit, darunter von rund 1.300 Betrieben aus Sachsen. Die Grundgesamtheit des IAB-Betriebspanels umfasst alle Betriebe mit mindestens einer sozialversicherungspflichtig beschäftigten Person. Die Erhebung fand schwerpunktmäßig im dritten Quartal 2024 statt. Der Bericht bildet die Kernthemen »Betriebliche Rahmenbedingungen«, »Beschäftigungsentwicklung«, »Fachkräftebedarf«, »Betriebliche Ausbildung«, »Betriebliche Weiterbildung«, »Entwicklung der Tarifbindung«, »Löhne und Gehälter« sowie »Investitionen und Innovationen« ab.
Die Kurz- und Langfassung des IAB-Betriebspanels Sachsen 2024 finden sich unter den angegebenen Links.