Forstminister Günther: »Zustand der Wälder ist immer noch schlecht und weiterhin besorgniserregend«
18.12.2023, 12:17 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)
Der Zustand der Waldbäume in Sachsen hat sich gegenüber dem Vorjahr nicht verbessert. Insgesamt lag der Anteil der deutlich geschädigten Bäume wie auch 2022 bei 35 Prozent. Nur 23 Prozent wiesen keine Schäden auf. Der mittlere Nadel- und Blattverlust erreichte in diesem Jahr 26 Prozent. Er lag damit um einen Prozentpunkt unter dem langjährigen Höchststand von 2022. Darauf verwiesen Sachsens Forstminister Wolfram Günther und Landesforstpräsident Utz Hempfling am Montag (18.12.) anlässlich der Vorstellung des diesjährigen Waldzustandsberichts in Moritzburg.
Günther: »Es gibt keine Entwarnung in Sachsens Wäldern. Ihr Zustand ist gleichbleibend schlecht und weiterhin besorgniserregend. Klimakrise und Borkenkäfer hinterlassen tiefe Wunden. Insgesamt hat sich der Waldzustand bei uns seit 2018 sehr kritisch entwickelt. Infolge der Klimakrise ist es zu trocken und zu warm. Das macht die Bäume anfälliger für Schadinsekten wie den Borkenkäfer und der Waldboden trocknet aus. Unsere Antworten darauf lauten Waldumbau und integrative naturgemäße Waldbewirtschaftung. Hier sind wir bereits weit vorangekommen. Wir arbeiten intensiv am Wald der Zukunft. Wir schaffen und fördern klimastabile, arten- und strukturreiche Mischwälder und denken Naturschutz, Bodenschutz, Wasserschutz und Waldnutzung zusammen. Nur so werden unsere Forstleute das Ökosystem Wald ausreichend gegen die Klimakrise wappnen können.«
Landesforstpräsident Utz Hempfling erklärt: »Es ist erfreulich, dass es den Forstleuten in Sachsen durch ihr engagiertes Vorgehen gelungen ist, auch in diesem Jahr die Waldschäden weiter einzugrenzen. Dennoch bewegen sich die Schäden weiter auf einem historisch hohen Niveau, in einigen Regionen des Freistaates sind sie in diesem Jahr sogar angestiegen. Die kritische Situation wird durch den aktuellen Kronenzustand der Waldbäume unterstrichen. Es besteht weiter dringender Handlungsbedarf: Auch in den kommenden Jahren müssen alle Möglichkeiten genutzt werden, um die Ausbreitung der Borkenkäfer einzugrenzen. Wenn es uns nicht gelingt, frischen Befall frühzeitig zu erkennen und rechtzeitig zu sanieren, können die Schäden auch in bislang weniger stark betroffenen Regionen ein Niveau erreichen, das nicht mehr kontrolliert werden kann.«
Bei den Nadelbaumarten führen die im Wesentlichen durch die Klimakrise verursachten starken Vitalitätsverluste weiterhin zu starkem Befall durch Schadinsekten.
Der mittlere Nadelverlust der Fichte nimmt mit 27,0 Prozent den zweithöchsten jemals ermittelten Wert an und liegt damit rund neun Prozentpunkte über dem langjährigen Mittel. Tendenziell ging der Befall durch vor allem den Buchdrucker 2023 zwar weiter zurück. Dennoch blieben die Schäden auf einem hohen Niveau.
Bei der Kiefer betrug der Nadelverlust im Mittel 23,8 Prozent. Er lag damit deutlich über dem langjährigen Wert von knapp 17 Prozent. Mit Stand 31. Juli 2023, nahm die Befallsmenge durch die holz- und rindenbrütenden Käfer an Kiefern im Vergleich zum Vorjahr wieder deutlich zu und erreichte zu diesem Zeitpunkt mit rund 21.600 Kubikmetern etwa das Doppelte im Vergleich zum Vorjahreswert.
In der Gruppe der sonstigen Nadelbäume gab es bei der mittleren Kronenverlichtung einen leichten Anstieg auf einen Wert von 23 Prozent. Es handelt sich hierbei um den höchsten je ermittelten Anteil und einen Anstieg gegenüber dem Vorjahr in Höhe von 1,7 Prozentpunkten. Zu der Gruppe gehören in Sachsen vor allem die Europäische Lärche, die Serbische Fichte (Omorika-Fichte) sowie die Japanische Lärche.
Die Laubbaumarten wie Eiche, Buche, Ahorn, Eschen und Birken sind weiterhin infolge von Schädlingsbefall und Trockenheit geschädigt.
Der durchschnittliche Blattverlust bei Eichen betrug 36,2 Prozent. Etwa 68 Prozent der Eichen sind deutlich geschädigt, was gegenüber dem Vorjahr einer deutlichen Verschlechterung von neun Prozentpunkten entspricht. Der Befall durch Insekten wie Eichensplintkäfer und Eichenprachtkäfer bewegt sich auf einem hohen Niveau. Die Ursache ist eine fortdauernde Schwächung der Eichen infolge der langanhaltenden warmtrockenen Witterungslage.
Bei der Buche entspricht die mittlere Kronenverlichtung mit 19,7 Prozent etwa dem Vorjahresniveau. Insgesamt wurden für die Buche im Vergleich zu anderen Baumarten weniger starke Reaktionen auf die Trockenperioden der Jahre 2018 bis 2023 erfasst. Ähnlich wie bei den Eichen nahm die Populationsdichte von Käferarten wie dem Kleinen Buchenborkenkäfer zu. Diese Art besiedelt vor allem durch Trockenheit geschwächte Buchen.
Die Gruppe der sonstigen Laubbäume wird von der Birke dominiert. Der mittlere Blattverlust von 26,7 Prozent ist gegenüber dem Vorjahr quasi unverändert.
Zur Erfassung des Waldzustandes wurden an 6.552 Bäumen neben der Kronenverlichtung (Blatt- bzw. Nadelverlust) und dem Vergilbungsgrad weitere Merkmale wie Blüte, Fruchtbildung, Anzahl der Nadeljahrgänge sowie biotische, z. B. durch Insekten und Pilze verursachte, und abiotische, z. B. durch Dürre, Feuer und Sturm verursachte, Schäden aufgenommen.
Klimatische Einordnung:
Das hydrologische Jahr 2022/2023 war gegenüber dem Zeitraum 2021/2022 durch einen etwas günstigeren Witterungsverlauf geprägt. Die Temperaturen lagen zwar fast durchweg über dem langjährigen Mittel. Jedoch konnten die Waldböden auf Grund der durchschnittlichen bis überdurchschnittlichen Niederschläge im Winter und im zeitigen Frühjahr mehr Wasser speichern. Allerdings wurde das Niederschlagsdefizit der letzten Jahre bei weitem noch nicht ausgeglichen. Nach wie vor fehlt seit 2018 in der Gesamtbilanz eine durchschnittliche jährliche Niederschlagsmenge. Für die Grundwasserneubildung ist diese anhaltende Situation kritisch zu werten.
Link zum Herunterladen des Waldzustandsberichts 2023:
https://publikationen.sachsen.de/bdb/artikel/43261