Forstminister Günther: »Zustand der Wälder hat sich erneut verschlechtert. Lage ist besorgniserregend«

09.12.2022, 10:09 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)

Waldzustandsbericht 2022 für Sachsen und Grundlagen der integrativen naturgemäßen Waldbewirtschaftung im Staatswald vorgestellt

Sachsens Forstminister Wolfram Günther hat am Freitag (9.12.) gemeinsam mit Landesforstpräsident Utz Hempfling den diesjährigen Waldzustandsbericht und die Grundlagen der integrativen naturgemäßen Waldbewirtschaftung im sächsischen Staatswald vorgestellt. Der Zustand der Waldbäume in Sachsen hat sich nach einer vorübergehenden Regeneration im Jahr 2021 erneut verschlechtert. Insgesamt stieg der Anteil der deutlich geschädigten Bäume 2022 auf mehr als ein Drittel. Nur rund jeder fünfte Baum wies keine Schäden auf. Der mittlere Nadel- und Blattverlust erreichte in diesem Jahr mit 27 Prozent einen neuen Höchststand. Der entsprechende Wert lag im Vorjahr bei 25,1 Prozent.

Sachsens Forstminister Wolfram Günther: »Erneut schlagen Klimakrise und Borkenkäfer tiefe Wunden in den sächsischen Wald. Seit 2018 entwickelt sich der Waldzustand in Sachsen kritisch. In der Folge gibt es teilweise großflächige Störungen im Wald. Das relativ günstige Wetter 2021 brachte vorübergehend Linderung und Regeneration. Jetzt müssen wir erneut feststellen: Der Zustand unserer Bäume hat sich erneut verschlechtert, manche Indikatoren erreichen Allzeit-Negativwerte. Der Waldzustand in Sachsen ist besorgniserregend. Infolge der Klimakrise ist es zu trocken und zu warm. Das macht die Bäume anfälliger für Schadinsekten wie den Borkenkäfer und der Waldboden trocknet bis in große Tiefen aus. Was das zur Folge haben kann, mussten wir diesen Sommer mit mehr als 180 Waldbränden leidvoll erfahren. Die integrative naturgemäße Waldbewirtschaftung ist eine der notwendigen Antworten auf die kritische Lage des sächsischen Walds. Nur wenn wir Naturschutz, Bodenschutz und Waldnutzung zusammendenken, werden wir das Ökosystem Wald insgesamt ausreichend gegen die Klimakrise härten können. Wir intensivieren damit konsequent unsere Anstrengungen im Staatswald für den klimastabilen, artenreichen Wald der Zukunft.«

Landesforstpräsident Utz Hempfling erklärt: »Eine für unseren Wald insgesamt ungünstige Witterung in diesem Jahr – vor allem im Sommer war es zu warm und zu trocken – verringerte die Vitalität von Laub- und Nadelbäumen und führte zu einer permanent hohen Waldbrandgefahr in den Sommermonaten. Gleichzeitig ist die Gefahr, welche von Borkenkäfern ausgeht, nicht gebannt. Obwohl es Regionen gibt, in welchen sich die Situation positiv entwickelt hat und Schadmengen zurückgegangen sind, kann dies nicht für ganz Sachsen festgestellt werden. Daher gilt es, weiterhin achtsam zu sein. Mir ist bewusst, dass die vergangenen Jahre für viele Waldbesitzende sehr herausfordernd waren. Dafür möchte ich Ihnen für Ihr Engagement bei der Schadensbewältigung und der sich anschließenden Wiederbewaldung meinen Dank aussprechen. Wir dürfen aber bei den Bemühungen zur Eingrenzung der Borkenkäferschäden auch im kommenden Jahr nicht nachlassen.«

Bei dem am Freitag vorgestellten Grundsatzerlass zur Integrativen Naturgemäßen Bewirtschaftung des Staatswaldes geht es darum, den Naturschutz und Bodenschutz noch konsequenter in alle Phasen der Waldbewirtschaftung zu integrieren, um die Waldökosysteme in ihrer gesamten Ausprägung zukunftsfest zu machen und die für uns Menschen wichtigen vielfältigen Waldfunktionen zu erhalten.

Der Erlass zielt im Detail auch darauf, dem Verlust der Artenvielfalt und der sinkenden Resilienz, also Widerstandsfähigkeit, der Waldökosysteme entgegenzuwirken. So soll im Staatswald der bereits laufende Waldumbau intensiviert werden. Das Ziel ist der Aufbau klimaresilienter, arten- und strukturreicher, leistungsfähiger Waldökosysteme und eine Waldbewirtschaftung, die dem Biotop- und Artenschutz im Wald noch stärker als bisher Rechnung trägt, etwa indem naturnahe Lebensräume gesichert oder neu angelegt werden, und indem Bodenschutz und Bodenfruchtbarkeit noch stärker Beachtung finden. Weitere Elemente sind die konsequente Schalenwildbejagung, um eine artenreiche Naturverjüngung zu ermöglichen sowie der Schutz natürlicher Prozessabläufe im Wald, also die Sicherung einer Waldentwicklung ohne forstliche Nutzung, auf perspektivisch mindestens zehn Prozent der Staatswaldflächen.

Der Erlass erfasst die Waldbewirtschaftung im Staatswald. Der Waldumbau im Privat- und Körperschaftswald wird weiterhin mit der Förderrichtlinie Wald- und Forstwirtschaft (FRL WuF/2020) unterstützt.

Hintergrundinformationen:
Zur Erfassung des Waldzustandes wurden an 6.672 Bäumen neben dem Nadel- beziehungsweise Blattverlust (»Kronenverlichtung«) und dem Vergilbungsgrad weitere Merkmale wie Blüte, Fruchtbildung oder die Anzahl der Nadeljahrgänge aufgenommen. Eingang in die Gesamtbewertung finden zudem weitere Schäden, die zum Beispiel durch Insekten und Pilze oder durch Dürre, Sturm und Feuer verursacht wurden.

Insgesamt wiesen 35 Prozent der Bäume eine deutliche Schädigung (Schadstufe 2 bis 4), 43 Prozent eine schwache Schädigung (Schadstufe 1) und 22 Prozent keine erkennbare Schädigung (Schadstufe 0) auf. Ursache für diese hohen Werte und Anstiege sind vor allem die trockene und warme Witterung der letzten Jahre. Das Aufeinanderfolgen mehrerer niederschlagsarmer Jahre seit 2018 und die ausgeprägte Trockenheit in der Vegetationsperiode 2022 führte zu einem Austrocknen des Waldbodens bis in weite Tiefen und damit zu extremen Trockenstress bei den Waldbäumen.

Der mittlere Nadelverlust als ein wesentliches Bewertungskriterium nahm bei der Fichte mit 30 Prozent den höchsten jemals ermittelten Wert ein und lag damit 12 Prozentpunkte über dem langjährigen Mittel. Besonders in den unteren Berglagen und im Hügelland wirkten sich die langen Phasen von Trockenheit bis Dürre in Kombination mit günstigen Bedingungen für holz- und rindenbrütende Schadinsekten negativ aus. Rund 75 Prozent aller Fichten weisen eine Schädigung auf.

Der Nadelverlust der Kiefer sank um 0,5 Prozent auf 23,9 Prozent und lag damit deutlich über dem langjährigen Wert von 17 Prozent. Lediglich 18 Prozent der Bäume weisen keine Kronenschäden auf. Der Befall durch Borken- und Prachtkäferarten, insgesamt 22.000 Kubikmeter, ist noch immer überdurchschnittlich hoch, nimmt aber tendenziell ab. Die günstigen Witterungsverhältnisse im Vorjahr wirken hier offensichtlich noch nach. Bis Ende August 2022 wurden im Vergleich zum Jahr 2021 etwa 20 Prozent der Menge befallener Bäume registriert.

In der Gruppe der sonstigen Nadelbäume wurde bei der mittleren Kronenverlichtung eine leichte Verringerung auf einen Wert von 21,3 Prozent festgestellt. Dies ist nach dem Negativrekord des Vorjahres der zweithöchste je ermittelte Anteil und um eine Verringerung gegenüber dem Vorjahr in Höhe von rund 1,1 Prozent. Die Gruppe wird dabei in Sachsen maßgeblich durch die Baumarten Europäische Lärche, Serbische Fichte (Omorika-Fichte) sowie Japanische Lärche geprägt.

Nachdem die Waldzustandserhebung für die Eiche im vergangenen Jahr einen Rekordwert von 36,3 Prozent beim mittleren Blattverlust feststellte, konnte bei der aktuellen Erhebung eine Verbesserung auf einen Wert von 32,8 Prozent ermittelt werden. Jedoch sind noch immer 59 Prozent der Eichen als geschädigt klassifiziert. Auch bei der Eiche bewegt sich der Befall durch holz- und rindenbrütende Insekten wie Eichensplintkäfer und Eichenprachtkäfer auf einem hohen Niveau. Diese Entwicklung resultiert aus einer Schwächung von überwiegend zwischen- und unterständigen Eichen in Folge der langanhaltenden warm-trockenen Witterungslage.

Die mittlere Kronenverlichtung der Buche verbleibt mit 20,7 Prozent auf dem Vorjahresniveau. Insgesamt wurden für die Buche im Vergleich zu anderen Baumarten weniger starke Reaktionen auf die Trockenperioden der Jahre 2018 bis 2022 erfasst.

Die Gruppe der sonstigen Laubbäume wird von der Birke dominiert. Der mittlere Blattverlust der Birke von 26,6 Prozent hat im Vergleich zum Vorjahr um rund 2 Prozentpunkte zugenommen.

Klimatische Einordnung:
Für das hydrologische Jahr 2021 bis 2022 war insgesamt ein ungünstiger Witterungsverlauf zu verzeichnen. Die Temperaturen lagen fast durchweg über dem langjährigen Mittel. Die Wintermonate waren sehr warm und die Monate November bis Februar hatten lediglich durchschnittliche Niederschlagsmengen. Das Frühjahr und die anschließenden Sommermonate waren zudem durch anhaltende Trockenheit geprägt. Der Bodenwasserspeicher wurde so kontinuierlich weiter entleert.

Link zum Herunterladen des Waldzustandsberichts 2022:
https://publikationen.sachsen.de/bdb/artikel/41252


Kontakt

Sächsisches Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft

Pressesprecher Robert Schimke
Telefon: +49 351 564 20040
Telefax: +49 351 564 20007
E-Mail: robert.schimke@smekul.sachsen.de
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