Beratungsbedarf ausländischer Beschäftigter auch in Coronazeiten hoch

07.06.2020, 10:00 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)

Arbeitsminister Dulig: »Wichtiger Beitrag zu fairer Beschäftigung«

Die Mitarbeiterinnen der Beratungsstelle für ausländische Beschäftigte in Sachsen (BABS) haben in der Zeit vom 1. März 2020 bis 27. Mai 2020 742 Anfragen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie bearbeitet, davon 591 von Beschäftigten, 147 von Arbeitgebern und vier von Selbstständigen.
Am häufigsten waren tschechische und polnische Grenzgänger von der Grenzschließung bzw. den Quarantäneregelungen in den Nachbarländern betroffen. Größeren Beratungsbedarf hatten auch rumänische, slowakische und ungarische Beschäftigte. Es gab aber auch Anfragen von Spaniern und Portugiesen sowie vereinzelt von anderen ausländischen Beschäftigten, die in Sachsen tätig sind.

Arbeitsminister Martin Dulig dankte dem Team der BABS: »Die Beraterinnen der BABS leisten einen wichtigen Beitrag zu fairer Beschäftigung. Das ist auch und gerade in der Corona-Pandemie deutlich geworden. Die Beratungsstelle für ausländische Beschäftigte in Sachsen wird gebraucht, da der faire Umgang mit Beschäftigten leider noch nicht bei allen Arbeitgebern die Regel ist.«

Die Leiterin der BABS-Beratungsstelle, Leona Blahova, berichtet rückblickend: »Viele Beschäftigte kamen nach erfolgter fristloser Kündigung durch den Arbeitgeber, um unseren Rat zu suchen. Die meisten Fälle müssen inzwischen vor Gericht geklärt werden. Häufige Beratungsgründe waren auch die fehlende Entgeltfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit und nicht anerkannte Krankenscheine oder die mangelnde Bereitschaft der Arbeitgeber, für Grenzgänger rückwirkend Kurzarbeitergeld zu beantragen. Doch es gab auch Beispiele, bei denen sich Arbeitgeber an uns gewandt haben, um ihren Beschäftigten zu helfen.«

Die BABS stand dabei im intensiven Informationsaustausch mit zahlreichen Partnern wie zum Beispiel der EURES TriRegio, dem DGB Sachsen, der Bundesagentur für Arbeit, diversen Kammern, dem Generalkonsulat der Tschechischen Republik in Dresden, der Rumänischen Botschaft in Berlin oder dem Zollamt in Polen.

Konkrete Fallbeispiele, die erfolgreich gelöst werden konnten:

1. Ein Bauunternehmen in Ostsachsen beschäftigt einen tschechischen Mitarbeiter, der auf Grund der Grenzschließung bzw. Quarantäneregelungen durch Tschechien plötzlich nicht mehr pendeln konnte. Die Anzeige von Kurzarbeit war aufgrund der Auftragslage nicht möglich, die Quarantäne in Tschechien wurde in Sachsen nicht anerkannt und es war ihm nicht möglich, in Sachsen eine Unterkunft zu suchen, da seine Frau kurz vor der Entbindung stand. Die Arbeitgeberin wollte ihm helfen und den besten Weg finden, der für beide Seiten akzeptabel und gesetzmäßig ist. Beide Seiten haben sich darauf geeinigt, das Arbeitsverhältnis mit einer Kündigung durch den Arbeitgeber, mit einer 4-wöchigen Kündigungsfrist zu beenden und nach der Krise dann einen neuen Arbeitsvertrag abzuschließen. Beide Seiten hatten die Hoffnung, dass es schnell wieder möglich wird, zur Arbeit nach Sachsen zu pendeln und die Kündigung damit nicht wirksam werden muss. Die Arbeitgeberin hat sich regelmäßig mit der BABS beraten, nach Möglichkeiten gefragt, alle erforderlichen Formulare und Dokumente für ihren Mitarbeiter unverzüglich zugestellt, damit er auch in Tschechien schnell handeln kann. Noch vor Ablauf der Kündigungsfrist kam die erhoffte Lockerung der Quarantänebestimmung in Tschechien und der Mitarbeiter konnte wieder zur Arbeit pendeln, sofern er einen negativen COVID19-Test vorweisen kann. Die Unternehmerin übernimmt seitdem die Kosten für die COVID19-Tests und beschäftigt den tschechischen Mitarbeiter weiter. Die Kündigung ist nicht wirksam geworden.

2. Ein anderer Fall betrifft einen rumänischen Beschäftigten, der in Sachsen lebt und arbeitet. Der alleinerziehende Vater mit zwei kleinen Kindern musste aufgrund der Schulschließung die Kinder selbst betreuen und konnte nicht arbeiten. Er hatte Angst, dass er gekündigt wird. Die BABS hat geholfen, einen Brief an den Arbeitgeber zu formulieren, in dem die Situation des Arbeitnehmers beschrieben wurde. Der Arbeitgeber hat den Mann unterstützt, so dass die Kinder eine Notbetreuung erhalten haben und der Vater weiterhin arbeiten konnte.

3. Eine Leiharbeitsfirma beschäftigt viele polnische Mitarbeiter. Der Arbeitgeber hatte für sie wegen der Corona-Krise keinen Einsatz, er wollte sie aber auch nicht kündigen. Nach Gesprächen mit der BABS hat er für die Beschäftigten Kurzarbeit angezeigt und weil er alle Voraussetzungen erfüllt hat, wurde die Kurzarbeit und das Kurzarbeitergeld für die polnischen Mitarbeiter bewilligt.

Hintergrund

Die Beratungsstelle für ausländische Beschäftigte in Sachsen (BABS) hat im Januar 2018 ihre Beratungstätigkeit aufgenommen. Im Mittelpunkt der Beratung stehen Fragen des Arbeits- und Sozialrechts. Zielgruppe sind vor allem Beschäftigte aus anderen EU-Staaten, die im Freistaat Sachsen tätig sind bzw. dies konkret planen. Die Beratung wird in mehreren Sprachen (Deutsch, Tschechisch, Polnisch, Slowakisch, Ungarisch, Rumänisch und Englisch) angeboten. Die BABS hat Standorte in Dresden und Leipzig und ist darüber hinaus sachsenweit aktiv. mit Standorten in Dresden und Leipzig. Sie wurde im Auftrag des Sächsischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr eingerichtet und wird durch den IGR ELAN e.V. betrieben.
Die Beratung erfolgt zurzeit telefonisch oder per E-Mail.
Weitere Informationen und Kontaktdaten auf www.babs.sachsen.de


Kontakt

Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr

Pressesprecher Jens Jungmann
Telefon: +49 351 564 80600
Telefax: +49 351 564 80680
E-Mail: presse@smwa.sachsen.de
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