IAB-Betriebspanel Sachsen 2016: Zwischen Beschäftigungszuwachs und Fachkräfteengpass
21.09.2017, 13:43 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)
Viele sächsische Betriebe pendeln zwischen Beschäftigungszuwachs und Fachkräfteengpass. Das ist ein Ergebnis der Arbeitgeberbefragung, die das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB) seit 1996 jährlich durchführt. Nun liegt das IAB-Betriebspanel 2016 vor.
Der Zuwachs der Beschäftigung im Freistaat lag im Jahr 2016 bei zwei Prozent gegenüber dem Vorjahr. Damit setzt sich die anhaltend positive Beschäftigungsentwicklung der vergangenen Jahre fort. Gleichzeitig stehen die Unternehmen immer häufiger vor Schwierigkeiten bei der Stellen(nach)besetzung. Fast 40 Prozent der sächsischen Betriebe wollten im ersten Halbjahr 2016 neue Fachkräfte einstellen. Jeder zweite dieser Betriebe, und damit prozentual deutlich mehr als im vorangegangenen Beobachtungszeitraum, konnte eine oder mehrere der freien Stellen für Fachkräfte nicht besetzen. Insgesamt blieben 38 Prozent dieser Stellen unbesetzt. In Sachsen konnten damit anteilig mehr Stellen nicht besetzt werden als in Ost- (36 Prozent) und Westdeutschland (30 Prozent). Zum Vergleich: Im Befragungszeitraum 2015 blieben in Sachsen 25 Prozent unbesetzt (Ostdeutschland 29 Prozent, Westdeutschland 26 Prozent).
„Damit sich die sächsische Wirtschaft auch künftig erfolgreich entwickeln kann, bedarf es weiterer Investitionen in gut ausgebildete Fachkräfte und in ‚Gute Arbeit‘. Auch für die Integration von arbeitsmarktfernen Personengruppen wie Langzeitarbeitslosen bieten sich neue Chancen - kein Talent darf verloren gehen“, erklärt Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Dulig.
Langzeitarbeitslose und ausländische Arbeitskräfte
Eine sehr große Mehrheit (84 Prozent) der Betriebe in Sachsen zeigt sich gegenüber langzeitarbeitslosen Bewerbern aufgeschlossen, sofern sie die grundsätzlich notwendige fachliche Eignung mitbringen (Ost- und Westdeutschland 83 Prozent). Damit sind die sächsischen Unternehmen in dieser Frage aufgeschlossener als die in Thüringen (77 Prozent). Die Einstellungsbereitschaft wird vor allem durch einen positiven Eindruck im Vorstellungsgespräch befördert, auch Praktika, Empfehlungen sowie finanzielle Zuschüsse können die Einstellungschancen von Langzeitarbeitslosen erhöhen, so die Studie.
Rund 6 Prozent der sächsischen Betriebe bieten Maßnahmen zur Integration ausländischer Arbeitskräfte an oder planen diese (Ostdeutschland 9 Prozent, Westdeutschland 10 Prozent). Die Häufigkeit solcher Angebote nimmt mit der Betriebsgröße zu. So gibt es derzeit in fast 40 Prozent aller Großbetriebe entsprechende Angebote, aber nur in 2 Prozent aller Kleinstbetriebe. Am häufigsten werden Angebote zur Unterstützung im Alltag sowie Praktikums-und Traineeplätze für ausländische Arbeitskräfte bereitgestellt.
Dazu Minister Dulig: „Es muss nicht immer der ungebrochene Lebenslauf oder der passgenaue Bewerber sein. Bei der Einstellung von Langzeitarbeitslosen oder ausländischen Arbeitskräften müssen manchmal erst Vorurteile abgebaut werden. Ich glaube, es lohnt sich, denn Vielfalt bereichert. Ebenso wie die Gesellschaft werden auch Belegschaften immer bunter und vielfältiger. Große Unternehmen nutzen diese Vielfältigkeit schon länger, aber auch für kleine lohnt es sich.“ Nach Informationen der Bundesagentur für Arbeit, Landesdirektion Sachsen, könnten dem sächsischen Arbeitsmarkt bis 2025 etwa 200. 000 Menschen im arbeitsfähigen Alter verloren gehen. Im August 2017 waren 37.780 freie Stellen gemeldet.
- Betriebliche Weiterbildungsaktivitäten steigen und Übernahme von Absolventen auf Rekordniveau
Mit einem Anteil von fast 75 Prozent wurden mehr Absolventen als in den vergangenen Jahren von ihrem Ausbildungsbetrieb in ein Beschäftigungsverhältnis übernommen. Damit liegt die Übernahmequote über den ost-und westdeutschen Durchschnittswerten. Nicht nur in Großbetrieben, sondern auch in Betrieben mit weniger als 10 Beschäftigten wurden mehr als 80 Prozent der Absolventen übernommen. Ebenfalls positiv hat sich die Weiterbildungsbeteiligung der Betriebe in Sachsen entwickelt, 57 Prozent haben Weiterbildungsmaßnahmen ihrer Beschäftigten gefördert. Das Engagement lag damit über den Werten für Ost- (54 Prozent) und Westdeutschland (53 Prozent)
- Jede dritte Führungskraft in Sachsen ist weiblich
In Sachsen sind prozentual mehr Frauen auf Positionen der ersten Führungsebene vertreten als im Durchschnitt der ost-und westdeutschen Bundesländer. Gleichwohl liegt ihr Anteil an den Führungspositionen auch in Sachsen immer noch deutlich unter ihrem Beschäftigtenanteil (48 Prozent). Generell gilt: Je größer ein Betrieb, desto kleiner ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Frau an der Spitze steht: So werden zwar fast 30 Prozent aller Betriebe mit weniger als 10 Beschäftigten von einer Frau geführt, aber nur etwas mehr als 10 Prozent der Großbetriebe.
- Industrie in Sachsen überdurchschnittlich innovativ
Mehr als die Hälfte der Industriebetriebe Sachsens setzte im hier betrachteten Geschäftsjahr eine oder mehrere Innovationen um (54 Prozent). Der Anteil innovativer Betriebe ist damit weiter gestiegen und liegt deutlich über dem ost-und leicht über dem westdeutschen Vergleichswert. Wie in anderen Bundesländern auch handelt es sich bei den umgesetzten Innovationen überwiegend um Weiterentwicklungen bestehender Produkte. Der Anteil von Betrieben mit echten Produktneuheiten ist in Sachsen und in Westdeutschland ähnlich hoch (4 bis 5 Prozent).
- Digitalisierung – für knapp über die Hälfte der Betriebe ein Thema
Rund 55 Prozent der sächsischen Betriebe haben sich bereits mit den Möglichkeiten moderner Automatisierungs- und Digitalisierungstechnologien auseinandergesetzt. Fast jeder fünfte Betrieb sieht großes Potenzial in der Digitalisierung. Je intensiver sich Betriebe mit dem Thema beschäftigt haben, desto besser werden die damit verbundenen Potenziale eingeschätzt. Je moderner sich ein Betrieb einschätzt, umso weiterbildungsaktiver ist er.
Hintergrund:
Das IAB-Betriebspanel ist eine repräsentative Arbeitgeberbefragung zu betrieblichen Bestimmungsgrößen der Beschäftigung, die jährlich erhoben wird. Für die 21. Welle wurden von Juli bis Oktober 2016 1.110 sächsische Betriebe befragt. Mit der Stichprobe Sachsen wurde 1 Prozent der Betriebe erfasst.
Bereits seit dem Jahr 1996 beteiligt sich der Freistaat Sachsen mit einer Aufstockungsstichprobe an der jährlichen repräsentativen bundesweiten Arbeitgeberbefragung durch das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB).
Die vollständigen Ergebnisse sind unter www.arbeit.sachsen.de abrufbar.