Dem Katzendreckgestank auf der Spur

18.03.2016, 12:19 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)

Fachleute des Freistaates entwickeln neue Analysemethode für Mercaptane

Im Umweltlabor Nossen haben Fachleute der Staatlichen Betriebsgesellschaft für Umwelt und Landwirtschaft (BfUL) heute (18. März 2016) der „Bürgerinitiative für Saubere Luft im Erzgebirge“ aus Seiffen sowie Bürgermeistern betroffener Gemeinden die bisher vorliegenden Ergebnisse der Mercaptananalysen aus den Monaten September bis Dezember 2015 vorgestellt.

Die BfUL hatte in den vergangenen Jahren mehr als 50 Geruchsstoffe bestimmt, um die Quelle der immer wieder auftretenden Geruchsbelastungen im mittleren Erzgebirge zu lokalisieren. Nachdem diese Untersuchungen nicht zum Ziel führten, wurde der Schwerpunkt zuletzt auf die Bestimmung von Mercaptanen gelegt.

Diese Stoffe entstehen als Inhalts- und Prozessstoffe in der Petrochemischen Industrie. Sie können aus dem petrochemischen Komplex im benachbarten böhmischen Becken bei unterschiedlichen Vorgängen emittiert werden und kommen damit als Ursache für den seit vielen Jahren beklagten „Katzendreckgestank“ in Frage.

Allerdings haben Mercaptane einen sogenannten Geruchsschwellenwert von weniger als einem Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Sie können daher von der menschlichen Nase schon in sehr geringer Konzentration wahrgenommen werden. Auch in Konzentrationen, in denen sie bisher durch chemische Analysemethoden nicht nachweisbar waren.

Da es bisher an einer geeigneten Analysenmethode zur Bestimmung von Mercaptanen fehlte, mussten die Fachleute der BfUL mit hohem finanziellem und personellem Aufwand zunächst eine solche Methode entwickeln. Sie haben dabei wissenschaftliches Neuland betreten, auch im internationalen Maßstab.

Die BfUL hat zwei verschiedene Messverfahren entwickelt und getestet: Zum einen kontinuierliche Messungen mit achtstündiger Probenahme und späterer Laboranalyse in Nossen, zum anderen eine Online-Analyse durch kontinuierliche Erfassung mit Gaschromatografie in der Messstation. Das Online-Messverfahren wird jetzt weiterentwickelt. Seine Messwerte liegen nahezu sofort nach dem Auftreten der Stoffe vor. Außerdem werden die Stoffe auch erfasst, wenn sie nur sehr kurz auftreten.

Im Messzeitraum kam es zu drei starken Geruchsereignissen, dabei konnten erstmalig Mercaptane und Disulfide gemessen werden. Die erforderliche Absicherung der Messergebnisse und eine statistisch gesicherte Aussage zur möglichen Quelle stehen aber noch aus. Die Messungen werden zunächst bis Ende April fortgesetzt. Die Ergebnisse der Messungen sollen dann mit den tschechischen Umweltbehörden erörtert werden. Ziel ist eine Reduzierung der Geruchsbelastungen.

Die regulär gemessenen Luftschadstoffe, wie Stickstoffdioxid, Benzol und Schwefeldioxid, für die gesetzliche Grenzwerte nach der 39. Verordnung zum Bundes-Immissionsschutzgesetz gelten, treten in Konzentrationen weit unterhalb ihrer Geruchsschwellen auf. Sie können daher nicht für die Geruchsbelästigungen verantwortlich sein. Alle EU-Grenzwerte werden sicher eingehalten.

Weitere Aufklärung könnte in der Zukunft auch ein grenzüberschreitendes Kooperationsprojekt bringen, das in dieser Woche vom Begleitausschuss für die grenzübergreifende Zusammenarbeit im sächsisch-tschechischen Grenzraum bestätigt wurde.

Das Projekt trägt die Bezeichnung „OdCom“ (Objektivierung der Geruchsbeschwerden im Erzgebirgskreis und Bezirk Ústí), es soll einen Beitrag zur Ursachenanalyse und Untersuchung der gesundheitlichen Folgen leisten.

Vorgesehen ist eine detaillierte Dokumentation von Geruchsereignissen und der Luftqualität, die Erprobung neuer bzw. innovativer Messtechnik und eine Datenauswertung hinsichtlich Geruchsepisoden, Luftqualität und toxischem Risikopotential. Die Analysen gehen über einen Zeitraum von zwei Winterhalbjahren.

Leitender Projektpartner ist der Forschungsverbund Public Health Sachsen an der Technischen Universität Dresden. Das Sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz, das Leibniz-Institut für Troposphärenforschung e.V. Leipzig, das Kreisamt Usti n.L. sowie das tschechische Hydrometeorologische Institut in Usti n. L. sind Projektpartner. Aus dem grenzübergreifenden Kooperationsprogramm Freistaat Sachsen-Tschechische Republik 2014-2020 werden für das EU-Projekt Mittel in Höhe von 1,6 Millionen Euro bereitgestellt. Der Fördersatz beträgt 85 Prozent.


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Kontakt

Sächsisches Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft

Pressesprecher Robert Schimke
Telefon: +49 351 564 20040
Telefax: +49 351 564 20007
E-Mail: robert.schimke@smekul.sachsen.de

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