Brangs: „Der Mindestlohn ist eine klare Erfolgsgeschichte für die Menschen in Sachsen“

10.03.2016, 12:30 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)

Seit 2015 gilt in Deutschland ein allgemeiner flächendeckender gesetzlicher Mindestlohn. Auf der heutigen Fachkonferenz „Mindestlohn in Sachsen“ des Staatsministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr (SMWA) und des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) wurden die ersten Erfahrungen mit dieser gesetzlichen Änderung diskutiert. Die Fachkonferenz richtete sich insbesondere an Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft.

Staatssekretär Stefan Brangs stellte heute im Rahmen der Veranstaltung gemeinsam mit Prof. Dr. Lutz Bellmann (IAB) die ersten Ergebnisse der IAB-Studie 2015 zum Thema „Mindestlohn in sächsischen Betrieben“ vor. Insbesondere die Anpassungsmaßnahmen der Betriebe nach der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns bildeten den Schwerpunkt der Befragung.

Die Auswertungen der Daten des IAB-Betriebspanels 2010 bis 2015 zeigen, dass sächsische Betriebe direkt und indirekt häufiger vom Mindestlohn betroffen sind als Betriebe in den anderen Bundesländern Ostdeutschlands. Im Jahr 2015 betrug der Anteil der betroffenen Betriebe* in Sachsen 38 Prozent. In den anderen ostdeutschen Bundesländern im Durchschnitt 33 Prozent.

Rund 250.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer profitieren vom gesetzlichen Mindestlohn. Das entspricht ca. 10 Prozent der Beschäftigten in Sachsen. Im Vergleich dazu profitieren in anderen Teilen Ostdeutschlands sieben Prozent vom gesetzlichen Mindestlohn.

„Vor Inkrafttreten dieses Gesetzes waren in Sachsen nach Arbeitgeberbefragung in fast jedem dritten Betrieb Beschäftigte unter Mindestlohn tätig. Rund 14 Prozent der Beschäftigten haben weniger als 8,50 Euro pro Stunde verdient. Die von manchen vorhergesagten negativen Auswirkungen sind ausgeblieben. Der Mindestlohn ist eine klare Erfolgsgeschichte für die Menschen in unserem Land. Er schützt die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor unangemessen niedrigen Löhnen und leistet damit zugleich einen Beitrag zu einem fairen und funktionierenden Wettbewerb“, so Staatssekretär Stefan Brangs.

Die Befragung ergab zudem, dass vom Mindestlohn betroffene Betriebe seltener tarifgebunden und weniger produktiv sind. Sie investieren weniger und führen seltener Produktinnovationen durch.

Die häufigsten Reaktionen der vom Mindestlohn betroffenen Betriebe sind eine Reduktion der Arbeitszeit (Sachsen: 10 Prozent, andere ostdeutsche Bundesländer aggregiert: 8 Prozent), eine Erhöhung der Stundenlöhne oberhalb von 8,50 Euro (Sachsen: 8 Prozent, andere ostdeutsche Bundesländer aggregiert: 6 Prozent) und höhere Absatzpreise (Sachsen: 10 Prozent, andere ostdeutsche Bundesländer aggregiert: 8 Prozent). Diese personal- und geschäftspolitischen Maßnahmen haben sächsische Unternehmen etwas häufiger als andere ostdeutsche Betriebe ergriffen. Beim Thema Mindestlohn machen sie kaum Gebrauch von Ausnahmeregelungen.

Vom Mindestlohn betroffene Betriebe in Sachsen engagieren sich stärker bei der Weiterbildung von Beschäftigten mit einfachen Tätigkeiten als betroffene Betriebe in anderen Teilen Ostdeutschlands.

Entgegen der Befürchtungen, dass die Einführung des Mindestlohns zu Jobverlusten führen wird, hat von der anhaltenden Nachfrage nach Arbeitskräften am sächsischen Arbeitsmarkt vor allem die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung profitiert: So stieg die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten von Januar 2014 zum Dezember 2015 um fast 63.000 Personen (+4,2 Prozent). Im Gastgewerbe zum Beispiel lag der Anstieg mit 13,2 Prozent deutlich über dem Durchschnittswert. Gleiches gilt für die Bereiche Sonstige wirtschaftliche Dienstleistungen (+12,4 Prozent), Gesundheits-/Sozialwesen (+11,4 Prozent) und Verkehr/Lagerei (+10,9 Prozent). In den Bereichen Handel, Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen lag der Zuwachs bei 4,0 Prozent, im Baugewerbe bei 2,9 Prozent. Gleichzeitig ging die Zahl der geringfügig Beschäftigten im Freistaat Sachsen um über 16.500 Personen zurück (Dezember 2013 zu Juni 2015).

Hintergrund:
Das IAB-Betriebspanel ist eine repräsentative bundesweite Arbeitgeberbefragung zu betrieblichen Bestimmungsgrößen der Beschäftigungsentwicklung. Sie wird jährlich erhoben und vom SMWA im Rahmen des Europäischen Sozialfonds (ESF) unterstützt. Ziel des Panels ist es, aktuelle repräsentative Daten über die Beschäftigungsentwicklung sowie Informationen über ausgewählte wirtschaftliche Kennziffern der Betriebe bereitzustellen.

Das Thema Mindestlohn wurde in der Befragungswelle 2014 erstmalig abgefragt. Die Befunde des Panels 2014 zum Mindestlohn stellen damit eine Null-Messung dar und geben einen Überblick, in welchen Betrieben 2014 Beschäftigte tätig waren, die Brutto-Stundenlöhne unterhalb von 8,50 Euro erhielten. Die Anpassungsmaßnahmen der Betriebe nach der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns bildeten die Schwerpunktfrage des Panels 2015. Das IAB-Betriebspanel – Länderbericht Sachsen 2015 wird das SMWA Ende des zweiten Quartals 2016 veröffentlichen. Der Bericht wird Informationen zu folgenden Themen liefern:

  • Beschäftigungsentwicklung
  • Tarifbindung
  • Investitionen / Innovationen / Forschung und Entwicklung
  • Fachkräftebedarf und Fachkräftesicherung
  • Betriebliche Ausbildungsbeteiligung und Übernahme von Ausbildungsabsolventen
  • Weiterbildungsbeteiligung der Betriebe
  • Beschäftigung älterer Arbeitnehmer
  • Beschäftigungsstruktur unter besonderer Berücksichtigung atypischer Beschäftigungsverhältnisse

Die vollständigen Ergebnisse der Befragung 2014 sind unter www.arbeit.sachsen.de abrufbar.

(*Laut IAB-Betriebspanel 2015 gelten Betriebe als betroffen, wenn sie angeben, aufgrund der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns Stundenlöhne auf mindestens 8,50 Euro angehoben zu haben.)


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