Lärmschutzprogramm in Turów kommt gut voran
15.04.2013, 11:00 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)
Kraftwerksbetreiber will bis 2015 fünf Millionen Euro investieren
Umweltstaatssekretär Dr. Fritz Jaeckel hat sich heute (15. April 2013) über den aktuellen Stand bei der Umsetzung der Lärmschutzmaßnahmen im Braunkohle-Großkraftwerk Turów informiert. „Wir sind der Kraftwerksleitung sehr dankbar, dass sie eine große Geldsumme in die Hand nimmt, um die von den Anlagen ausgehenden Lärmbelastungen zu verringern“, sagte der Staatssekretär. „Das Investitionsprogramm ist schon gut vorangekommen, mehrere lärmmindernde Maßnahmen sind umgesetzt, einige noch in Arbeit.“
Der Kraftwerksbetreiber, die Polska Grupa Energetyczna S.A. (Polnische Energetische Gruppe A.G.) hatte das Investitionsprogramm im Juni 2010 im Beisein von Umweltminister Frank Kupfer gestartet und war damit dem Drängen des sächsischen Umweltministeriums und den Beschwerden aus der grenznahen Bevölkerung über Lärmbelästigungen gefolgt. Das Programm umfasst 63 Einzelmaßnahmen, von denen bisher 54 umgesetzt sind. Dazu gehören Maßnahmen an der größten Einzelquelle für die Lärmbelastung – das ist der sogenannte Sechs-Kanal-Schornstein, bei dem sehr leistungsstarke und laute Gebläse die Abluft beschleunigen. Bei dem Schornstein wurden inzwischen vier der zwölf Abgasventilatoren gedämmt sowie die Betriebsführung eines Abgaskanals geändert. Derzeit wird geprüft, ob sich die ergriffenen Maßnahmen im Dauerbetrieb des Schornsteins bewähren.
Eine Schalldämmung haben außerdem unter anderem die Entlüftungsanlagen für Kalksteinmehlbehälter erhalten. Kalkstein wird der Braunkohle zugemischt und dient der Bindung von Schwefel und anderen sauren Luftschadstoffen. Schallgedämmt sind jetzt auch die Entlüftungsanlagen der Kondensatbehälter. Wässrige Kondensate entstehen beispielsweise in den Kesseln oder den Turbinen.
Ziel des Investitionsprogramms ist die Reduzierung des Geräuschpegels des Kraftwerks um bis zu zehn Dezibel (dB). Dies wäre eine Halbierung. Im Herbst 2008 hatte eine Langzeitmessung Grenzwertüberschreitungen in etwa einem Drittel aller Nächte im Untersuchungszeitrum in der Region um Hirschfelde ergeben. Das Investitionsvolumen des Lärmschutzprogramms beträgt 21 Millionen Złoty (rund fünf Millionen Euro). Hiervon wurden bereits mehr als acht Millionen Złoty eingesetzt. Die Maßnahmen des Programms sollen spätestens 2015 abgeschlossen sein.
Hintergrund:
Das Kraftwerk Turów liegt nur wenige hundert Meter von den sächsischen Orten Hirschfelde und Rosenthal (Landkreis Görlitz) entfernt auf polnischem Staatsgebiet. Von 1998 bis 2004 ersetzte das Betreiberunternehmen sechs ältere der zehn Kraftwerksblöcke. Dadurch wurde zwar die Luftbelastung durch Schwefeldioxid um 84 Prozent und durch Staub um 96 Prozent reduziert – die Lärmbelastungen stiegen jedoch an. Die neuen Blöcke verursachten erheblich höhere Betriebsgeräusche. Es kam zu zahlreichen Beschwerden aus der Bevölkerung von Hirschfelde und Rosenthal über die Lärmbelastungen. Daraufhin gab das sächsische Umweltministerium 2006 umfangreiche Langzeit-Lärmimmissionsmessungen in Auftrag. Diese belegten vor allem nachts Überschreitungen der in Deutschland geltenden Richtwerte von 45 Dezibel.
Als Sofortmaßnahme wurden vom Kraftwerksbetreiber bis 2007 eine Reihe von Maßnahmen zur Schallminderung durchgeführt. Da diese hauptsächlich an bodennahen Lärmquellen ansetzten, änderte sich die Lärmsituation in Hirschfelde/Rosenthal danach nur geringfügig. In enger Zusammenarbeit zwischen dem sächsischen Umweltministerium, dem Marschallamt, dem Wojewodschaftsamt der Wojewodschaft Niederschlesien sowie dem Kraftwerksbetreiber fanden 2008 und 2009 weitere Untersuchungen zur Immissionssituation statt. Die Ergebnisse waren Grundlage der aktuellen Investitionen in Turów.