Staatsministerium der Justiz und für Europa und Staatsministerium des Innern
30.08.2011, 13:30 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)
Das Sächsische Kabinett will die Erhebung von Mobilfunkdaten einschränken
Sachsen wird einen Gesetzentwurf auf den Weg bringen, der die Voraussetzungen der nichtindividualisierten Funkzellenabfrage (1) präzisiert. Das Sächsische Kabinett hat eine entsprechende Bundesratsinitiative beschlossen. Justizminister Dr. Jürgen Martens und Innenminister Markus Ulbig haben den Gesetzentwurf heute gemeinsam vorgestellt.
Sachsen setzt damit das von Justizminister Dr. Jürgen Martens am 5. Juli 2011 vorgelegte Eckpunktepapier zur Neuregelung der nichtindividualisierten Verkehrsdatenerhebung um. Nach Berichten über Funkzellenabfragen infolge der Ausschreitungen am 19. Februar in Dresden hatte u. a. der Sächsische Datenschutzbeauftragte eine Präzisierung der geltenden Rechtslage und eine Stärkung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit eingefordert.
Justizminister Dr. Martens: „Die Funkzellenabfrage ist und bleibt ein wirksames Instrument zur Bekämpfung schwerer Kriminalität. Sie soll den Ermittlern in geeigneten Fällen auch künftig zur Verfügung stehen. Klar ist aber auch, dass die bisherige gesetzliche Regelung nicht präzise genug ist. Unser Gesetzentwurf stellt sicher, dass nur besonders schwerwiegende Straftaten einen Anlass für nichtindividualisierte Funkzellenabfragen bieten können. So schaffen wir Klarheit für die Ermittler, stärken den Datenschutz und schärfen den Blick für die Rechte unbeteiligter Dritter.“
Innenminister Ulbig: „Ich begrüße die Bundesratsinitiative. Sie schafft mehr Rechtssicherheit. Gleichzeitig haben wir im Bereich der Polizei einen Katalog mit Qualitätsstandards bei Funkzellenabfragen entwickelt, der künftig landesweit Anwendung finden wird. Dabei wird es klare Kriterien insbesondere bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit geben, die bereits im Vorfeld einer solchen Maßnahme angewendet werden sollen. Die Dokumentation aller Schritte wird verbindlich festgeschrieben. Mit diesen Qualitätsstandards wird die Handlungssicherheit der Polizeibeamten erhöht. Zur Aufklärung schwerer Straftaten bleibt die Funkzellenabfrage ein unverzichtbares Instrument.“
Nach der neuen Vorschrift soll nur dann eine Funkzellenabfrage möglich sein, wenn die Straftat im Mindestmaß eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten vorsieht. Der Gesetzentwurf stärkt zudem ausdrücklich die Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Neu ist auch die Einführung eines Richtervorbehalts für die weitere Verwendung der einmal erhobenen Daten in anderen Strafverfahren. Bisher liegt diese Entscheidung bei der Polizei oder der Staatsanwaltschaft. Künftig soll bei Funkzellenabfragen ein Richter entscheiden, ob die Erkenntnisse auch in einem anderen Strafverfahren verwendet werden dürfen.
Der Gesetzentwurf stärkt die Rechte unbeteiligter Dritter: Will die Staatsanwaltschaft künftig von einer Benachrichtigung der betroffenen Dritten ausnahmsweise absehen, muss sie dies dem Datenschutzbeauftragten mitteilen und ihre Entscheidung besonders begründen (2). Schließlich ist auch eine Regelung vorgesehen, wonach die personenbezogenen Daten, die weder zur Strafverfolgung noch für die gerichtliche Überprüfung erforderlich sind, unverzüglich zu löschen sind.
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(1) Bei einer nichtindividualisierten Funkzellenabfrage kann zur Aufklärung von Straftaten Auskunft über solche Telefonate angefordert werden, die von Unbekannten in einer bestimmten Zeit über eine bestimmte Funkzelle geführt wurden. Dabei können in der Regel eine Vielzahl unbeteiligter Dritter betroffen sein. Die Inhalte der Telefonate bzw. Mitteilungen werden mit dieser Maßnahme nicht erfasst.
(2) Zum Hintergrund: Bei einer Funkzellenabfrage ist die Identität des Betroffenen grundsätzlich nicht bekannt. Die Ermittlung der Personendaten stell ggfs. einen weiteren Eingriff in die Rechte Dritter dar.