Renaissance für zwei Takte
15.09.2005, 09:00 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)
Am Gemeinschaftsstand Sachsen zur IAA präsentieren sich 12 Aussteller / Bericht von den Pressetagen
„Ist das nicht das alte Junkers-Konzept?“ Ein älterer Herr mit Schiebermütze kennt sich aus. Hermann Golle gibt am sächsischen Gemeinschaftsstand „Autoland Sachsen“ auf der IAA in Frankfurt bereitwillig Auskunft. Die Entwicklung des Zweitakt-Gegenkolbenmotors war vor 60 Jahren schon sehr weit gediehen, pro Liter Hubraum waren 88 KW Leistung möglich. Das ist bis heute unerreicht. Doch wie bei allen Zweitaktern war der Schadstoffausstoß der entscheidende Nachteil. Dank neuer Materialien und einer grundlegend verbesserten Konstruktion kommt der Golle-Zweitakter ohne Ölfilm im Verbrennungsraum aus. Seine Leistung ist nochmals um etliches höher als beim Vorgänger. Und er kann mit Diesel, Benzin oder Gas betrieben werden. Alle bisherigen Daten und Ergebnisse sprechen für eine Revolution im Autoantrieb. Doch der Weg zum Erfolg ist steinig. Jetzt muss der Motor in Langzeitversuchen zeigen, was er kann. Dazu ist ein Entwicklungspartner nötig, möglichst einer mit Türöffnerqualitäten für die großen Hersteller bzw. Motorenproduzenten. Deshalb steht Golle hier und hofft auf Kontakte zu starken Entwicklungspartnern.
Ähnlich ist es für Wolfgang Hentsch, den Geschäftsführer von FHR Anlagenbau. Gemeinsam mit Porsche hat FHR eine neue Technologie zur Beschichtung und Farbgebung von Metallteilen entwickelt. FHR sucht nun Kunden, die beispielsweise Alu-Felgen in schimmernden Farben beschichten lassen wollen. FHR macht dies selbst, baut aber auch die Anlagen dafür.
Zu den „alten Hasen“ am Autoland-Stand zählt Klaus Gertig, Vertriebsleiter von Unicontrol. Als Softwareentwickler für Anzeigeinstrumente im Automobil- und Schiffsbau hat Unicontrol bereits einen Namen. Als Anbieter eines vollgrafischen Kombiinstruments für Tachometeranwendungen wollen sich die Frankenberger bei Herstellern und Zulieferern noch ins Gespräch bringen. Dazu ist der Gemeinschaftsstand eine Gelegenheit. „Bestehende Kontakte halten, ausbauen und neue knüpfen“, ist Gertigs Devise.
Mehr oder weniger unisono äußern sich auch die anderen Firmenvertreter am Gemeinschaftsstand. „Nicht hier zu sein ist undenkbar“, sagt Michael Hirth von AB Elektronik, „die IAA ist der Messeplatz, auf dem Zulieferer wie wir einfach Flagge zeigen müssen.“ Neun Aussteller und drei Institutionen sind am Stand F 45 in Halle 4.1 auf der 61. Automobilausstellung in Frankfurt/Main vertreten, der gemeinsam betrieben wird von der Wirtschaftsförderung Sachsen GmbH, der IHK Südwestsachsen, Regionalkammer Zwickau und der Verbundinitiative Automobilzulieferer Sachsen AMZ. Die 240 Quadratmeter bieten reichlich Platz für lockere Gespräche und Kundenkommunikation. Aufgeklebte grauen Streifen am Boden und eine Batterie Renn-Pneus geben kurz zu denken: Wer aus der Pole-Position durchstartet, der gibt eben ordentlich „Gummi“ und das hinterlässt besagte Spuren. Und Sachsen befindet sich in der „Pole-Position“, will das Standkonzept sagen.
Etliche Standbetreiber nutzten die Pressetage bis Mittwoch, um sich gegenseitig zu besuchen. So erhält Bärbel Sanowski von der Plauener IAMT überraschend Besuch von einem potenziellen Neukunden. „Ich habe gleich dafür gesorgt, dass der Neukontakt von der Zentrale aus weiter verfolgt wird“, sagt Frau Sanowski. Der Ingenieurdienstleister aus dem Vogtland ist bekannt für seine Komplettentwicklung von Baugruppen für namhafte Zulieferer.
Neben dem Counter des Messestandes hängt wandgroß eine grüne Sachsenkarte mit den Logos der wichtigsten Auto-Hersteller und Zulieferer. Sie lockt und erstaunt immer wieder die Besucher. „TT electronics haben Sie auch in Sachsen!“ stellt ein Besucher staunend fest, „was machen denn die bei Euch?“ Dahinter steckt die Klingenberger AB Elektronik, erhält er als Auskunft, sie produziert Druck- und Temperatursensoren. Der Besucher muss nur noch ein paar Schritte machen, denn AB zeigt am Gemeinschaftsstand seine Innovation. Die berührungslose Autopad-Induktivtechnologie wird bei der Messung der Lenkkraft eingesetzt und kann die Lenkhilfe verbessern.
In unmittelbarer Nachbarschaft findet der Besucher weitere Sachsen mit Einzelständen: Die Fahrzeugelektrik Pirna und Digades. Die Zittauer Spezialisten für drahtlose Kommunikation im und am Auto präsentieren auf der IAA eine Weltneuheit. Ihre neuen Reifensensoren arbeiten batterielos, sie erhalten ihre Energie drahtlos. Gemessen werden ständig Reifeninnendruck und Temperatur. Aufgrund von voreingestellten Daten der Reifenhersteller warnt der Sensor vor „falschen“ Reifen, vor zu schneller Fahrt und in Kombination mit der Laufleistung über Abrieb und Verschleiß. Mit interessierten Herstellern ist Digades bereits in Kontakt und hofft, das innovative Teil in spätestens zwei Jahren serienreif zu haben.
Inzwischen hatte Hermann Golle nochmals Besuch: Eine Handelsdelegation aus dem mittleren Westen der USA. Die Herren wollen demnächst nach Dresden kommen. Fazit nach den Pressetagen auf der IAA: Das “Autoland Sachsen“ wird vom internationalen Publikum durchaus wahrgenommen.
Messetelefon am Gemeinschaftsstand: 069-7575 41390
Ansprechpartner Wirtschaftsförderung Sachsen: Mario Kristen, 0172-3683616