Fachregierungserklärung

13.05.2009, 10:30 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)

Antworten auf die Konjunkturkrise

Fachregierungserklärung von Wirtschafts- und Arbeitsministers Thomas Jurk (SPD)

135. Sitzung des Sächsischer Landtag
Mittwoch, 13. Mai 2009

Antworten auf die Konjunkturkrise -
Innovation als Motor für Wachstum und gute Arbeitsplätze

Es gilt das gesprochene Wort

Herr Präsident,
meine Damen und Herren,

als ich im April im Schienenfahrzeugwerk in Delitzsch zu Gast war, habe ich mich daran erinnert, wie wir fraktionsübergreifend in der vergangenen Legislaturperiode – hier im Landtag – für den Erhalt der sächsischen Bahnwerke gekämpft haben. Kollege Gillo war Wirtschaftsminister, ich Vorsitzender der SPD-Fraktion in der Opposition.

Die Deutsche Bahn hatte 2003 entschieden, sich wegen Überkapazitäten von vier Instandhaltungswerken in Sachsen zu trennen. Darunter auch Delitzsch.

Am Ende haben engagierte Betriebsräte mit Unterstützung der Gewerkschaften und weitblickender Unternehmer gemeinsam mit uns – gemeinsam mit der Politik – die Schließung verhindert.

Damals konnten wir noch nicht wissen, ob der Erfolg von Dauer sein würde. Aber wir haben dafür gekämpft, weil es eine begründete und begründbare Perspektive für Unternehmen und Beschäftigte an den Standorten gab.

Alle vier Werke haben sich am Markt behauptet. Allein in Delitzsch sind derzeit rund 230 Mitarbeiter beschäftigt.

Die Geschäftsführung plant gerade in Delitzsch eine alte Werkhalle zu sanieren und mit Solarzellen auszurüsten. Ich habe gerne zugesichert, dass das Wirtschaftsministerium bereit steht, wenn es um die Förderung dieser Investition geht.

Ich will damit zwei Dinge deutlich machen.

Erstens: Es gibt auch in der jetzigen Situation Unternehmen, die investieren und die wir nach Kräften unterstützen werden.

Es geht mir nicht darum, nur die guten Nachrichten herauszusuchen,
sondern darum,
Chancen zu nutzen.

Zweitens: Für die Zukunft einer Region ist es von entscheidender Bedeutung, dass die industriellen Kompetenzen erhalten bleiben.
Wir haben nach der Wende gelernt,
dass ohne wirtschaftlichen Kerne eine selbstragende Wirtschaftsstruktur,
die den Menschen Perspektiven bietet,
dass ohne genau diese wirtschaftlichen Kerne eine selbstragende Wirtschaftsstruktur
kaum - oder genauer: gar nicht - entstehen kann.

Vieles konnte nur gelingen, weil Wirtschaft, Betriebsräte, Gewerkschaften und die Politik gemeinsam angepackt haben.

Auch wenn sich die aktuelle Krise von der damaligen Situation deutlich unterscheidet –
es muss auch jetzt darum gehen,
die industriellen Kompetenzen
für die Zukunft zu erhalten
und darum,
gemeinsam anzupacken
und Chancen zu nutzen.

Meine Damen und Herren,

noch vor einem dreiviertel Jahr sah es so aus, als stünde Deutschland vor einer normalen, zyklischen Abschwungphase. Nun befindet sich die Welt mitten in der größten wirtschaftlichen Rezession seit Ende des Zweiten Weltkrieges.

Auslöser ist eine Immobilien- und Bankenkrise, die sich von den USA mit atemberaubender Dynamik auf die gesamte Weltwirtschaft ausgeweitet hat. Die „importierte Rezession“ hat auch die deutsche und sächsische Wirtschaft mit voller Wucht erfasst.

Die“ Gemeinschaftsdiagnose“ der Forschungsinstitute geht aktuell von einer Schrumpfung der deutschen Wirtschaft in diesem Jahr von allein 6 Prozent aus und auch im kommenden Jahr werden wir noch nicht wieder über Wirtschaftswachstum jubeln können.

Sachsen ist aufgrund seiner auf Export orientierten Investitionsgüterindustrie stärker betroffen, wir dürfen und wir wollen dies nicht verschweigen. Die Wachstumslokomotive „Verarbeitendes Gewerbe“ hat erheblich an Fahrt verloren. Im Februar lagen die Umsätze um 29 Prozent und die Auftragseingänge gar um 43 Prozent unter dem Vorjahresmonat.

Im Maschinen- und Automobilbau haben sich die Auftragseingänge gegenüber dem Vorjahr glatt halbiert.

Auf dem Arbeitsmarkt kommt die Finanz- und Wirtschaftskrise mit Verzögerung an.

Das liegt auch daran, dass wir auf Jahre
mit deutlich sinkender Arbeitslosigkeit
und deutlich steigender Beschäftigung zurückblicken.

2008 war in Sachsen das Jahr mit der geringsten Arbeitslosenzahl seit 1991.
Die strukturelle Arbeitslosigkeit hatte deutlich abgenommen.

Die sächsischen Unternehmen haben in dieser Krisensituation erkannt, worum es geht. Qualifizierte Mitarbeiter so lange wie möglich zu halten.

Deshalb wird die neue Möglichkeit, die Mitarbeiter über das Instrument der Kurzarbeit nicht zu verlieren, rege genutzt.
Aktuelle Zahlen belegen dies:
Allein im März 2009 gingen bei den sächsischen Arbeitsagenturen 1.855 Anzeigen über Kurzarbeit ein, die insgesamt 35.155 Arbeitnehmer betrafen.
Zum Vergleich: Im gleichen Vorjahresmonat gab es lediglich 1.384 Kurzarbeiter.

Mittlerweile aber kommt der Abschwung auf dem Arbeitsmarkt an. Im April ist die Zahl der Arbeitslosen in Sachsen gegenüber dem Vorjahr um 1,5 % auf knapp 303.000 gestiegen. Die Zahl der offenen Stellen sank um 10,8 Prozent.

Besser sieht es auf dem Ausbildungsmarkt aus. Den derzeit rund 18.700 Bewerbern stehen 13.800 Ausbildungsplätze gegenüber. Dieses Verhältnis zum heutigen Tage lässt darauf hoffen, dass letztlich zum Jahresende erneut allen Bewerbern um einen Ausbildungsplatz ein Angebot gemacht werden kann.

Der Abwärtstrend,
meine Damen und Herren,
der Abwärtstrend ist noch nicht gebrochen. Aber es mehren sich Anzeichen,
dass sich das Tempo des Abschwungs verlangsamt.
Der ifo-Geschäftsklimaindex für Deutschland ist im April erstmalig wieder gestiegen, für Sachsen tendiert er seit seinem Tiefpunkt im Dezember 2008 bereits zum vierten Mal in Folge nach oben,
wenn auch noch auf niedrigem Niveau.

Die befragten Unternehmen beurteilen die Lage im April schon zum zweiten Mal weniger negativ, die Geschäftserwartungen zeigen bereits den vierten Monat in Folge wieder nach oben. Die Konjunkturerwartungen für die Eurozone haben sich ebenfalls leicht aufgehellt.

Es ist aber noch zu früh, daraus eine Trendwende abzuleiten.

Angesichts dieser Konjunktur- und Arbeitsmarktdaten,
meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

angesichts dieser Konjunktur- und Arbeitsmarktdaten,
ist Abwarten keine echte Option.

Abwarten hieße,
das mühevoll Aufgebaute aufs Spiel zu setzen.

Die Stabilisierung der Konjunkturentwicklung ist derzeit die vordringlichste wirtschafts- und finanzpolitische Aufgabe.

Wir werden von Sachsen aus weder die internationalen Finanzmärkte in Gang bringen, noch können wir die weltweite Konjunktur maßgeblich beeinflussen.

Aber wir können und werden unseren Beitrag zur Bewältigung der Krise leisten.

Wir haben den Ehrgeiz, den begrenzten Spielraum eines Bundeslandes so gut wie möglich zu nutzen.

Das gilt für die Maßnahmen, mit denen wir unsere Unternehmen in der Krise unterstützen genauso wie für unsere langfristig angelegte Politik für Wachstum und gute Arbeitsplätze.

Meine Damen und Herren,

ich habe vor viereinhalb Jahren das Amt des Sächsischen Staatsministers für Wirtschaft und Arbeit mit dem Ziel angetreten, unsere Wirtschaft voranzubringen und möglichst viele zukunftsfähige Arbeits- und Ausbildungsplätze zu schaffen.

Darunter, und das ist mir wichtig, darunter verstehe ich reguläre, sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze.
Arbeitsplätze, von deren Lohn die Menschen, die sie ausfüllen, mit ihren Familien leben können.

Für mich ist nicht sozial, was Arbeit schafft,
sondern nur
was Gute Arbeit schafft!

Für manchen mag das nach Spitzfindigkeit klingen.

Denen rate ich, einmal mit Menschen zu sprechen, die für fünf Euro die Stunde ein Parkhaus bewachen, Gebäude reinigen oder hinter einer Ladentheke stehen.

Der soziale Zusammenhalt ist kein Luxus, sondern zugleich Grundlage einer demokratischen Gesellschaft und einer starken Wirtschaft.

Erlauben Sie mir, dies für die Marktliberalen zu wiederholen:
Der soziale Zusammenhalt ist Grundlage einer demokratischen Gesellschaft und einer starken Wirtschaft.

Die gegenwärtige Krise zeigt:
wirtschaftliche Vernunft und soziale Gerechtigkeit sind kein Gegensatz,
sondern bedingen einander.
Und umgekehrt:
Profitmaximierung ohne Rücksicht auf Verluste
hat nichts mit wirtschaftlicher Vernunft zu tun,
sondern führt am Ende in eine Sackgasse.

Wohlstand und ein hohes Niveau der sozialen Sicherung kann es nur auf der Basis einer leistungsstarken „Real“- Wirtschaft geben.

Die Strategie,
durch Tarnen,
Tricksen
und Täuschen
langfristig Traumrenditen erwirtschaften zu können,
hat sich als nicht haltbar erwiesen.

Neue Ideen,
neue Technologien,
neue Verfahren –
kurz Innovationen bilden die wichtigste Voraussetzung, um die weltweiten Herausforderungen der Menschheit zu meistern und einen starken Wirtschaftsstandort Sachsen zu erreichen.
So sind mittlerweile neue Antriebstechnologien im Automobilbau, umweltfreundliche Entsorgungstechniken und der Ausbau erneuerbarer Energien wichtige Wachstumsmärkte für die sächsische Wirtschaft geworden.

Besonders in einem Land, dessen Wirtschaft von Ideen und Know- How angetrieben wird, müssen wirtschaftliche Leistungskraft und soziale Gerechtigkeit Hand in Hand gehen. Dazu brauchen alle Begabungen die Chance auf freie Entfaltung.

Spitzenleistungen entstehen nicht in ausreichendem Maß,
wenn nur eine kleine, privilegierte Elite gefördert wird,
sondern auf der breiten Basis echter Chancengerechtigkeit.

Das ist wie im Sport, wie mir Kollege Wöller sicherlich zustimmen wird:
Spitzensport braucht Breitensport,
damit eben keine Begabung unentdeckt bleibt.

Ohne Soziale Gerechtigkeit kann es diese Chancengerechtigkeit nicht geben.

Dazu zählt eine moderne Bildungspolitik, Hilfe für Schwächere und eine leistungsgerechte Verteilung des gemeinsam Erwirtschafteten.

So wird aus Innovation gesellschaftlicher Fortschritt.

Die Regierungskoalition in Sachsen hat auch hier vieles bewegt: Wir haben die Kitas und die frühkindliche Bildung ausgebaut und das gemeinsame Lernen vorangebracht.

Wir entlasten die Familien durch das kostenfreie Vorschuljahr.

Und der Verzicht auf Studiengebühren sichert Bildungschancen auch für Kinder, deren Eltern einen schmalen Geldbeutel haben.

Meine Damen und Herren,
die Unternehmen in Sachsen wissen,
dass sie ihre Wettbewerbsfähigkeit
nicht auf Dauer
über niedrige Löhne oder höhere Subventionen sichern können.

Unsere Chancen in Sachsen liegen darin,
besser statt billiger zu sein.
Standorte, die außer niedrigen Löhnen über keine spezifische Standortqualität verfügen, sind im weltweiten Kostenwettbewerb nur Durchgangsstation. Viele Unternehmen in Sachsen nutzen bereits ihre großen Chancen, wenn es um Qualität und um Innovation geht.

Stabile Wirtschaftsbeziehungen
statt schneller Rendite
mit fairen Löhnen für gute Arbeit
sind das Markenzeichen einer funktionierenden sozialen Marktwirtschaft.
An diesem erfolgreichen Prinzip orientieren wir uns.

Die Konjunkturkrise,
meine Damen und Herren,
die Konjunkturkrise trifft Sachsen am Beginn einer neuen Phase seiner wirtschaftlichen Entwicklung: Der Erhalt industrieller Kerne ist nach dem Umbruch der Wendejahre weitgehend geglückt und durch viele Neuansiedlungen wurde die Wirtschaftskraft entscheidend verbessert.
Heute ist Sachsen ein Industrieland moderner Prägung: mit einer breiten Branchenstruktur, innovativen Unternehmen, neuen Wachstumsfeldern wie erneuerbare Energie und Bahntechnik, einer leistungsfähigen Forschungslandschaft und einem gut ausgebauten Dienstleistungssektor.

Bis zum Beginn der Konjunkturkrise war die Arbeitslosenquote in Sachsen
von 17,8 Prozent im Jahr 2004
auf 12,8 Prozent im Jahr 2008 gesunken.

Auch die Zahl von rund 1,4 Mio. sozialversicherungspflichtig Beschäftigten kann sich sehen lassen.

Im Ausbildungsjahr 2007/2008 überstieg die Zahl noch unbesetzter Ausbildungsstellen erstmalig die Zahl der unversorgten Bewerber.

Die sächsische Wirtschaft hat,
unterstützt durch die gute Konjunkturentwicklung,
seit 2004 einen bemerkenswerten Strukturwandel und -aufbau erreicht. Das verarbeitende Gewerbe ist dabei der Impulsgeber mit einem Plus von rund 38 % gegenüber 18 % im Bundesdurchschnitt. Mittlerweile verfügen wir in verschiedenen Branchen über die „kritische Masse“ an Unternehmen, um mit wettbewerbsfähigen Clustern genau jene besondere Standortqualität zu erreichen, die nichts kostet, aber für die Unternehmen umso mehr Wert hat.

Der Abstand zum Anteil der Industrie an der Bruttowertschöpfung in den alten Ländern ist seither um mehr als ein Drittel gesunken.
Und: Der Anteil industrieller Wertschöpfung in Sachsen liegt mittlerweile höher als in Frankreich, Großbritannien oder den USA.

Eine einzigartige Dichte von überregional bedeutsamen Forschungsinstituten sorgt mit dafür, dass Innovationen entwickelt und in Produkte umgesetzt werden können.
Eine hohe Innovationskraft ist das Markenzeichen der sächsischen Wirtschaft: beim Anteil der Forschungs- und Entwicklungsausgaben sind wir mit Abstand Spitze der neuen Länder, beim Qualifikationsniveau der Arbeitnehmer sind wir bundesweit an der Spitze.

Den Aufschwung haben tüchtige Unternehmer und motivierte, gut qualifizierte Arbeitnehmer erarbeitet. Auch der Freistaat hat seinen Beitrag geleistet: Allein mit der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur – kurz GA – haben wir seit 2004 mit Zuschüssen in Höhe von rund 1,9 Mrd. Euro Investitionen in Höhe von 15 Mrd. Euro ermöglicht und so zur Sicherung und Schaffung von mehr als 142.000 Arbeitsplätzen in Sachsen beigetragen.

Wir haben neue Wachstumschancen genutzt, etwa mit der Förderung von Logistik- Investitionen, der Förderung Regionaler Wachstumskerne und der Neuausrichtung der Außenwirtschaftsförderung auf Russland und unsere östlichen Nachbarstaaten.

Wir unterstützen verstärkt erneuerbare Energien und Energieeffizienz als Wachstumstreiber.

Die Arbeitsmarktförderung haben wir in Schwung gebracht, etwa mit dem QAB- Programm, das 3.800 Langzeitarbeitslosen zu einen verwertbaren Berufsabschluss verhilft. Und wir haben öffentliche Investitionen in Bildung und Wissenschaft, in Forschung und Entwicklung verstärkt.

Wir können stolz sein auf das gemeinsam Erreichte.

Aber es gibt noch Einiges zu tun: Noch immer sind die kleinteiligen Betriebsgrößen ein struktureller Nachteil.

Die Eigenkapitaldecke vieler Unternehmen ist, auch durch das schnelle Wachstum, noch ziemlich dünn. Bei Forschung und Entwicklung sind wir an der Spitze der neuen Länder, aber noch unter dem Bundesdurchschnitt.

Insgesamt sind wir seit 2004 dem Ziel, einer selbsttragenden Wirtschaftsstruktur einen bedeutenden Schritt näher gekommen.

So liegt Sachsen bei der Entwicklung der Steuerkraft als Indikator der Wirtschaftskraft seit 2004 auf Platz 1 im Ländervergleich.

Die positive Entwicklung zeigt, dass Arbeitslosigkeit und Abwanderung kein Schicksal sind, sondern ein politischer Handlungsauftrag, den diese Regierung angenommen hat, den diese Regierung erfüllt hat.

Meine Damen und Herren,

wir erleben derzeit die Renaissance einer Wirtschaftspolitik, die auch auf staatliche Interventionen

und Anreize für eine höhere Nachfrage setzt.

Auch bei der überwältigenden Mehrheit der deutschen Ökonomen hat sich jetzt eine pragmatische, eine lösungsorientierte, eine weniger dogmatische Sicht durchgesetzt.

Ich möchte,
die Dogmatiker verzeihen mir dies,
ich möchte diese Wandlungsfähigkeit hier einmal positiv als Lernfähigkeit interpretieren.

Es fehlt bislang auch die übliche Begleitmusik in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, nämlich der Ruf, die Arbeitnehmer sollten den Gürtel enger schnallen.

Erstens wäre es falsch, die Binnennachfrage gerade jetzt zu schwächen.

Zweitens wäre es ungerecht, denn die Arbeitnehmer sind für den Aufschwung massiv in Vorleistung getreten.

Die Politik muss die Probleme anpacken.

Gezielte Konjunkturimpulse, vor allem für öffentliche Investitionen, zur Stützung der privaten Nachfrage und zur Überbrückung von Finanzierungslücken bei Unternehmen sind die Antworten auf die Fragen der Zeit.

Entscheidend für eine erfolgreiche Stabilisierung der Konjunktur ist eine national und international handlungsfähige und handlungswillige Politik.

Ich begrüße, dass Europäische Union, Bund und Länder umfangreiche Maßnahmepakete auf den Weg gebracht haben. Gerade hier in Sachsen sind wir in der Krise handlungsfähig, weil diese Koalition durch eine Konsolidierungspolitik mit Augenmaß dafür gesorgt hat, dass im Jahr 2006 erstmals einen Haushalt ohne Neuverschuldung verabschiedet werden konnte.
Wir haben 2007 und 2008 erhebliche Nettotilgungen vornehmen können.

Der Volksmund sagt nicht umsonst, was unser früher Ministerpräsident Milbradt so gern anführte:
„Spare in der Zeit, dann hast du in der Not“.
Aber es gilt auch, was der Ökonom Heiner Flassbeck so schön ins Bild gesetzt hat:
„Sparen in der Not
versenkt das Rettungsboot“.

Also: Das Vorziehen staatlicher Infrastrukturprojekte wirkt sich unmittelbar positiv auf Wachstum und Beschäftigung aus.
Wenn es dabei noch gelingt, energieeffizient zu bauen und zu sanieren, werden auch zukünftige Generationen profitieren.

Richtig ist auch, die private Nachfrage zu stärken, um die Rückgänge beim Export abzufedern.

Ich nenne die Einmalzahlung beim Kindergeld, die Aufstockung der Regelsätze für Kinder, die Senkung der Krankenversicherungsbeiträge und stabile Beiträge zur Arbeitslosenversicherung.
All dies kommt direkt bei den Bürgern an.

Dem Freistaat Sachsen stehen zur Umsetzung des Zukunftsinvestitionsgesetzes insgesamt 597 Mio. Euro zur Verfügung. Davon erhalten die Kommunen 80 Prozent,
mehr als vom Bund gefordert.
Der Freistaat hat die Bundesmittel dafür noch um rund 32 Mio. Euro aufgestockt.

Auf Landesebene werden die rund 120 Mio. Euro überwiegend in die Universitäten und Hochschulen des Landes fließen.

Kurz: Diese Regierung hat keine Chance ausgelassen, der Wirtschaft die Impulse zu geben, die nötig waren.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich habe eingangs die zentrale Bedeutung industrieller Kerne und Kompetenzen für die wirtschaftlichen Perspektiven in Sachsen deutlich gemacht. Der rasante Zusammenbruch der DDR-Industrie war für uns alle eine schockierende Erfahrung. Im zweiten Halbjahr 1990 war die Industrieproduktion der neuen Länder auf die Hälfte des Vorjahresstandes abgestürzt. Die Beschäftigtenzahl in der Industrie sank innerhalb von nur sechs Jahren um zwei Drittel. Oft war der Kampf der Belegschaften und Betriebsräte um „ihre“ Unternehmen entscheidend für das Überleben von Standorten, die heute florieren.

Uns allen war bewusst: dort wo keine industriellen Wurzeln mehr sind, kann nur schwer etwas Neues nachwachsen. Ohne eine aktive Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik wäre die neue Stärke Sachsens nicht möglich geworden. Ohne aktive Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik zur Bewältigung der jetzigen Krise würden wir all das gefährden.

Der Einsatz öffentlicher Mittel für den Erhalt von Arbeitsplätzen hat aber auch Grenzen: Eine Grenze ist die Belastbarkeit des Staates und letzten Endes seiner Bürger.

Jeder Eingriff in den Markt hat seinen Preis.

Wir müssen in jedem Fall diesen Preis mit dem Preis eines Verzichts abwägen.

Unternehmen ohne Chancen am Markt und ohne strategische volkswirtschaftliche Bedeutung können nicht mit Steuergeldern künstlich am Leben erhalten werden.

Im konkreten Einzelfall ist diese Abwägung schwierig.

Hat das Unternehmen eine Chance oder nicht?

Welche Folgen hat der Verlust auf unsere Industriestruktur?

Dabei stehen hinter jedem einzelnen Fall Menschen mit ihren Hoffnungen, Ängsten und auch ihrem oft berechtigten Zorn.

Weil wir mit Steuergeldern umgehen, stehen wir in der Pflicht, sorgsam abzuwägen.

Aber wer die Hände in den Schoß legt, getreu dem Motto „der Markt wird’s schon richten“, der entzieht sich seiner Pflicht.

Der Staat ist nicht der bessere Unternehmer, ohne Zweifel.

Aber wir müssen entscheiden, ob wir einem Unternehmen zutrauen, sich am Markt zu behaupten.

Wer das Ringen um Arbeitsplätze mit Staatssozialismus gleichsetzt,
der will keine soziale Marktwirtschaft, sondern Kapitalismus pur!

Deshalb war und bin ich bereit,
eine staatliche Beteiligung für Qimonda einzugehen,
wenn sie mit einer erfolgversprechenden unternehmerischen Perspektive verbunden ist.

Nicht weil die Mitarbeiter von Qimonda für mich mehr zählen als andere.

Es geht um die Bedeutung von Qimonda für das Mikroelektronik- Cluster in Sachsen mit seinen 20.000 Arbeitsplätzen.

Es geht um Kaufkraft in Sachsen.

Es geht darum, dass Europa eine strategische Schlüsseltechnologie nicht verliert.

Ich weiß mich mit dem Ministerpräsidenten im Ziel einig,
auch wenn wir über den möglichen Weg dahin unterschiedliche Auffassungen haben.

Im Übrigen: wir bewegen uns mit all unseren Maßnahmen im Rahmen des Beihilferechts , das uns die Europäische Union vorgibt.

Dieser Rahmen ist Teil eines Wettbewerbsrechtes,
das auf dem freien Spiel der Kräfte beruht,
aber auch dessen Grenzen akzeptiert.

Die Kommission hat folgerichtig diesen Rahmen in der Krise erweitert und sie wird ihn nach der Krise richtigerweise wieder enger ziehen.

Für mich stellt sich eher die Frage, ob der Rahmen weit genug geraten ist. Die Staatsregierung wird auf die Kommission zugehen.
Unser Ziel ist es, Unternehmen, die erst durch die Krise in Schwierigkeiten geraten sind, in besser unterstützen zu können.

Zurück zum Thema.

Durch die Aufmerksamkeit für große Unternehmen in Not,
wie etwa Opel oder Qimonda,
haben viele die Sorge, dass die kleinen und mittleren Unternehmen und deren Beschäftigte aus dem Blickfeld geraten. Klein und groß gegeneinander zu stellen übersieht deren funktionale Verflechtung, gerade auch in der sächsischen Wirtschaft.
Diese Verflechtung ist geprägt von einigen Großunternehmen und einer vielfältigen mittelständischen Unternehmenslandschaft, die über Wertschöpfungsketten eng miteinander verknüpft sind.
Der Verlust von Arbeitsplätzen bei einem internationalen Großunternehmen schwächt die Wirtschaftskraft insgesamt, das merkt auch der Zulieferer, der Einzelhändler, der Handwerker und schließlich das Ausflugslokal im Umland.

Die Entwederoder-Sicht ist auch deshalb falsch, weil sie von falschen Voraussetzungen ausgeht. So haben wir den Anteil der GA-Zuschüsse, der an kleine und mittlere Unternehmen fließt, seit 2004 von rund 41 % auf 61 % gesteigert, kurz wir haben den Anteil um mehr als 50 Prozent erhöht.
Wir haben einen Mittelständischen Wachstumsfonds mit einem Volumen von 35 Mio. Euro für Kapitalbeteiligungen
und den Technologiegründerfonds mit 60 Mio. Euro auf den Weg gebracht.

Angesichts dieser Fakten kann niemand ernsthaft von einer Schieflage zu Ungunsten der kleinen und mittelständischen Unternehmen sprechen.

Sachsen steht im Mittelstandsbarometer 2008 bei der Bewertung der regionalen Förderpolitik auf Platz 1.

Das ist eine schöne Bestätigung für die gute Arbeit, die von meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber auch bei der SAB und den kommunalen Wirtschaftsförderern geleistet wird.
Denn die Bewertungen kommen nicht irgendwoher, sondern von mittelständischen sächsischen Unternehmen.

Es geht nicht um die Frage „Leuchtturm“ oder „Gießkanne“.

Sondern: Wie können sich große und kleine Leuchttürme optimal ergänzen? Netzwerke und Cluster spielen als qualitativer Standortfaktor dabei eine immer wichtigere Rolle. Aber damit Netzwerke tragen, müssen die Maschen eng genug geknüpft sein.

Wir fördern deshalb verstärkt Kooperationsvorhaben, Clustermanagement und Verbundinitiativen für unsere strategischen Schlüsselindustrien. Sie erhöhen die Wettbewerbsfähigkeit, mindern die Größennachteile der sächsischen Unternehmen und tragen zur Komplettierung von Wertschöpfungsketten durch Entwicklungskompetenz bei.

Wir haben seit 2004 vier neue Initiativen gestartet: Zu den bewährten Verbundinitiativen für Automobilbau und für Maschinenbau sind Verbundinitiativen für Bahntechnik, Technische Textilien, Luft- und Raumfahrtindustrie sowie Erneuerbare Energien hinzugekommen. Wir haben den Branchenfokus unserer Industriepolitik auch deshalb erweitert, um „Risiken breiter zu streuen“.

Mit dem Programm „Regionales Wachstum“ fördern wir die wirtschaftliche Entwicklung in strukturschwächeren Regionen zusätzlich. Im Fokus stehen Klein- und Kleinstunternehmen außerhalb der Ballungszentren Dresden und Leipzig. Nutznießer sind vor allem produzierendes Gewerbe, Handwerk und Einzelhandel. Seit Januar 2006 haben wir allein mit den Investitionszuschüssen in Höhe von 20 Mio. Euro rund 2.900 Arbeitsplätze geschaffen und gesichert.

Je mehr Maschen in der Krise aus dem Netz verschwinden, umso mehr wird die Tragfähigkeit des Ganzen geschwächt und umso mehr sinkt die Standortqualität.

Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen,
kümmern wir, kümmert sich diese Regierung – im Aufschwung genauso wie in der Krise – um große Unternehmen in strategischen Schlüsselbranchen wie etwa der Mikroelektronik genauso wie um kleine und mittelständische Unternehmen.

Die sächsische Wirtschaft hat sich dabei in den letzten Jahren gut aufgestellt. Die Konjunkturkrise wird aber zweifellose zu einer harten Bewährungsprobe. Die Frage der Unternehmensfinanzierung spielt dabei die entscheidende Rolle.

Alle Signale aus der Wirtschaft deuten darauf hin, dass die Banken Kredite viel zu restriktiv vergeben. Besonders die Automobilzulieferindustrie und der Maschinenbau in Sachsen klagen über Finanzierungsengpässe. Unternehmen berichten über längere Entscheidungsfristen, zunehmende Bürokratie und überzogene Sicherheitsforderungen der Banken.

Wir setzen unsere Förderinstrumente ein, um für die Unternehmen – wie nach der Wende – „Zeit zu kaufen“. Wenn wir das nicht tun würden, wäre die Gefahr groß, dass viele eigentlich gesunde Unternehmen diese besonders tiefe Krise nicht durchstünden.

Wir haben unseren Instrumentenkasten zur Wirtschaftsförderung, unter anderem mit Kredit-, Bürgschafts- und Liquiditätshilfeprogrammen, an die neue Situation angepasst.

Ein zentrales Ziel ist ein möglichst hohes Investitionsniveau zu ermöglichen. Allein mit „gekaufter Zeit“ können die Unternehmen nicht überleben. Es bedarf neuer Produkte und neuer Ideen. Nur wenn heute diese Investitionen anlaufen, können die sächsischen Unternehmen gut gerüstet in die folgende Wachstumsphase eintreten. Unternehmen, die nur von der Hand in den Mund leben, drohen dagegen den Anschluss zu verlieren. Darüber hinaus sorgt die durch Investitionen entstehende Nachfrage erfahrungsgemäß für erhebliche Aufträge in der Region.

Es ist normal, dass betriebliche Investitionen in Abschwungphasen reduziert werden und die entsprechende Nachfrage nach Fördermitteln sinkt. Der Antragseingang bei der einzelbetrieblichen Investitionsförderung im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der Regionalen Wirtschaftsstruktur – kurz GA – ist mit Beginn der Krise folgerichtig deutlich gesunken. Vorhaben wurden zeitlich gestreckt oder verkleinert.

Eine der ersten Maßnahmen der Staatsregierung zur Belebung der Investitionstätigkeit war die Veränderung der GA-Regelungen an die neue Situation.

Bis dahin war die Förderung an die Schaffung neuer Arbeitsplätze gebunden. In „normalen Zeiten“ ist das auch richtig, damit Wachstum und neue Arbeitsplätze Hand in Hand gehen.

Angesichts der schwierigen Konjunkturlage haben wir die Kriterien so erweitert, dass die Investition auch dann gefördert werden kann, wenn die Arbeitsplätze „nur“ erhalten werden. Das stärkt die Unternehmen für die Zeit nach der Krise und hilft, die Fachkräfte zu halten. Den Mitarbeitern gibt es ein Stück Vertrauen in die Zukunft ihrer Arbeitsplätze.

Die von mir eingangs angesprochene Sanierung der Halle im Delitzscher Schienenfahrzeugwerk wird unmittelbar keine neuen Arbeitsplätze schaffen. Aber sie sichert 230 Arbeitsplätze und sorgt für zusätzliche Nachfrage, gerade für die regionale Bauwirtschaft.

Darüber hinaus haben wir die Abstufung der Fördersätze zugunsten von kleinen und mittleren Unternehmen aufgehoben, um ein maximales Investitionsniveau zu erreichen.

Die Maßnahmen beginnen zu greifen: Im März konnten wir mit einem Zuschussvolumen von 36 Mio. Euro für Investitionen in Höhe von 315 Mio. Euro erstmals wieder mehr Anträge gegenüber dem Vergleichsmonat des Vorjahres verzeichnen.

Ich bin zuversichtlich, dass wir bei den Investitionen die Talsohle bereits erreicht haben.
Die neuesten Industriedaten des Statistischen Landesamtes bestätigen diese Einschätzung. Gegenüber dem Vormonat sind die Umsätze und Auftragseingänge um mehr als 20 % gestiegen.

Die Sicherung der Zahlungsfähigkeit – gerade der mittelständischen Wirtschaft – bildet den Schwerpunkt unserer Programme. Das neu geschaffene Mittelstands-Stabilisierungs-Programm sichert mit einem Bürgschaftsrahmen in Höhe von 300 Mio. Euro Kredite mit einem Volumen von 375 Mio. Euro ab. Über die Absicherung der Liquidität der Hausbanken erhalten wir für Unternehmen den Zugang zu Betriebsmittelkrediten und Anschlussfinanzierungen.

Derzeit treten Refinanzierungsprobleme besonders bei Darlehen auf, die eine mittlere oder längere Laufzeit haben. Bis heute – kurze Zeit nach Programmstart – haben schon 21 Unternehmen Darlehen in Höhe von 6,7 Mio. Euro aus dem MSP erhalten.

Mein Ministerium bereitet momentan eine Erweiterung des MSP vor, die auf Unternehmen mit einem schlechteren Rating abzielt, die aber noch keine Unternehmen in Schwierigkeiten sind, für die besondere beihilferechtliche Regelungen gelten. Damit können wir den Unternehmen bessere Konditionen anbieten. Es liegt auf der Hand, dass gerade diese Unternehmen auf günstige Finanzierungsbedingungen angewiesen sind.

Im Bereich der Bürgschaften erweitern wir ebenfalls die Möglichkeiten:

o Mit dem Programm „BBS Liqui“ hilft die Bürgschaftsbank Sachsen seit Anfang Dezember 2008 von der Finanzmarktkrise betroffenen kleinen und mittleren Unternehmen zu ermäßigten Konditionen. Bis Ende April wurden 28 Fälle mit einem Kreditvolumen von 9 Mio. Euro bewilligt.

o Die Neufassung des Landesbürgschaftsprogramms wird in Kürze vom Kabinett beschlossen. Die neue Richtlinie sieht eine Anhebung der Bürgschaftsquote auf max. 90 % vor und schöpft die Lockerungen des europäischen Beihilferechts voll aus.

Schließlich helfen wir mit besonders zinsgünstigen Liquiditätshilfedarlehen der gewerblichen Wirtschaft bei der Finanzierung von Forderungsausfällen und verzögerten Forderungen.

Für Unternehmen, die trotz positiver Fortführungschancen in Schwierigkeiten oder insolvent sind, etwa weil sie wegen der Krise derzeit keine neue Hausbank oder keinen Übernehmer finden, hat das Kabinett im Dezember beschlossen, den Finanzrahmen für Umstrukturierungs- und Rettungsbeihilfen für mittelständische Unternehmen in Not auf 22 Mio. Euro aufzustocken. Wir setzen das derzeit schrittweise um.

Für Unternehmen, deren Eigenkapital nicht ausreicht, um die Krise zu bewältigen, steht besonders die SAB mit der Sächsischen Beteiligungsgesellschaft bereit.

Wir werden uns auch weiterhin flexibel auf neue Entwicklungen und Problemlagen einstellen. Wir prüfen derzeit, wie wir etwa mit der Förderung von Breitbandanschlüssen Unternehmen und Bürgern auch eine optimale Infrastruktur anbieten können. Mit der EU-Kommission sind wir in Gesprächen zur Erweiterung des Operationellen Programms im EFRE, um zusätzliche Fondsmodelle für Förderdarlehen einzuführen. Ich hoffe, dass wir noch in diesem Sommer entsprechende Programme auflegen können.

Aber eines muss auch klar sein: Die Unternehmen müssen das ihre tun, um die Krise zu bewältigen. Der Staat wäre überfordert, wenn er den Anpassungsprozeß vollständig abfedern wollte. Es ist vorrangig Aufgabe der Unternehmen, Strategien zur Bewältigung der Krise zu entwickeln. Und der sächsische Mittelstand tut dies auch – davon bin ich überzeugt, in den meisten Fällen erfolgreich.

Wir sehen, dass der Beratungsbedarf für kleine und mittlere Unternehmen stark gestiegen ist, weil die Banken höhere Anforderungen an Unternehmenskonzepte stellen. Wir haben daher die Mittel aus dem Landeshaushalt und der GA für die Beratungsförderung um 4 Mio. Euro aufgestockt und werden sie zusätzlich auf die Hilfe für kurzfristige „Krisenberatung“ konzentrieren.

Speziell für die kleineren Unternehmen verfügen wir über das bewährte Instrument der „Runden Tische“, die bei den Kammern angesiedelt sind. Dabei werden alle Beteiligten an einen Tisch geholt um Schwachstellen zu identifizieren, Lösungsvorschläge zu unterbreiten und ganz wichtig: wieder Vertrauen gegenüber Gläubigern zu schaffen. So gelingt es oftmals, gerade bei den „kleinen Fällen“ – dem Handwerksbetrieb, der Autowerkstatt oder dem Reinigungsunternehmen, frühzeitig Gegenmaßnahmen einzuleiten und das Überleben des Unternehmens zu sichern.

Ich appelliere an die Unternehmen, sich möglichst frühzeitig um Hilfe zu bemühen. Das Beratungszentrum für Konsolidierungen bei der SAB wurde mit Blick auf den gestiegenen Bedarf bereits personell aufgestockt.
Mein Aufruf an die sächsischen Unternehmer:
Zögern Sie nicht, lassen Sie sich über unsere Förder- und Hilfsangebote informieren!

Denn, meine Damen und Herren,
mit den Programmen des Freistaates bauen wir für unsere Unternehmen eine Brücke über die Konjunkturkrise. Der Staat kann aber nicht die Rolle der Banken ersetzen. Unsere Mittelständler brauchen von den Banken eine vertrauensvolle Unterstützung und schnelle Problemlösungen.

Ich habe deshalb beim „Zweiten Bankendialog“ im Wirtschaftsministerium um mehr Vertrauen zwischen Banken und Unternehmen geworben. Der Staat hat mit großen Rettungspaketen und vielen Steuergeldern den Banken geholfen.

Nun sind die Banken am Zug.

Ich habe die Banken deshalb aufgefordert, sich verstärkt für Zukunftsinvestitionen zu engagieren. Aus dem laufenden cash flow der Unternehmen ist dies angesichts der Auftragseinbrüche kaum möglich. Die Latte für den sächsischen Mittelstand darf nicht so hoch gelegt werden, dass niemand mehr darüber kommt. Ich habe in meinen Gesprächen den Eindruck gewonnen, dass die sächsischen Banken sich ihrer Verantwortung bewusst sind und sich engagieren werden. Ich werde den Bankendialog in diesem Sinne weiterführen.

Aber, neben finanziellen Instrumenten brauchen wir auch konzeptionelle Instrumente, die uns helfen, die richtigen inhaltlichen Akzente bei der Krisenbewältigung zu setzen.

Ich bin davon überzeugt, dass dies im engen Schulterschluss von Arbeitgebern und Arbeitnehmern am besten gelingt.
Mit Ausbruch der Konjunkturkrise verstärkt sich das öffentliche Interesse an einem institutionalisierten Dialog zwischen den Wirtschaft, Gewerkschaften und der Staatsregierung.
Der Situation entsprechend stehen zunächst strategische Maßnahmen zur Sicherung bedeutender sächsischer Unternehmen im Mittelpunkt.

Ich bin sehr zufrieden, dass wir nach langen und durchaus harten Verhandlungen nun das

Institut für Innovation und Arbeit Sachsen

auf den Weg gebracht haben und damit gemeinsam den Unternehmen beratend zur Seite stehen können.

Dass die Sozialpartner in der Krise an einem Strang ziehen, ist ein gutes und wichtiges Signal. Ich danke hier besonders dem Präsidenten der Vereinigung der sächsischen Wirtschaft, Bodo Finger und dem Vorsitzenden des DGB in Sachsen, Hanjo Lucassen.

Meine Damen und Herren,

wenn die Wirtschaft ins Stocken gerät und allenthalben darüber nachgedacht wird, wie Banken und Unternehmen gerettet werden können, dürfen die Risiken nicht einseitig auf die Beschäftigten abgewälzt werden. Mit der Arbeitsmarktpolitik werden wir alles dafür tun, damit Entlassungen vermieden werden und Qualifikationen ausgebaut werden können.

Besonders die neuen Qualifizierungs- und Kurzarbeitsregelungen stellen Möglichkeiten dar, die Auswirkungen der Wirtschaftskrise abzufedern. Für besonders wichtig halte ich die Regelungen für Leiharbeitnehmer. So werden sowohl die Regelungen zum Kurzarbeitergeld als auch jene zum Saisonkurzarbeitergeld auf Leiharbeitnehmer übertragen. Dadurch wird verhindert, dass Leiharbeitnehmer, die ohnehin überproportional von der Krise betroffen sind, in der Arbeitsförderung benachteiligt werden.

Die gerade für unsere Klein- und Mittelständischen Unternehmen wohl wichtigste Neuregelung betrifft die Übernahme der Sozialversicherungsbeiträge bei Kurzarbeit.

Ausgesprochen sinnvoll ist auch, die Kurzarbeit mit Qualifizierung zu verbinden. Diese Möglichkeit wird aber bisher nur wenig genutzt. Qualifizierung schützt vor Arbeitslosigkeit und bringt Produktivitätsvorteile. Da müssen wir dringend zulegen.

In Deutschland gibt es bis zu 400.000 Arbeitslose mit mehreren Vermittlungshemmnissen und langer Arbeitslosigkeitsdauer. In Sachsen sind rund 50.000 Menschen betroffen.
In Zeiten der Krise wird es für diese Menschen ungleich schwieriger, eine Beschäftigung zu finden.

Vor diesem Hintergrund will ich mein Eintreten für eine Verlängerung der Ausnahmeregelungen zur Arbeitnehmerfreizügigkeit gegenüber den osteuropäischen Beitrittsländern bekräftigen.

Grundsätzlich bin ich mit Stanislaw Tillich einig, dass wir Zuwanderung von hochqualifizierten Fachkräften brauchen und wir uns um das Zusammenwachsen der grenznahen Wirtschafts- und Arbeitsmarkträume bemühen müssen.

Vor etwa einem Jahr, als die Aussichten auf dem Arbeitsmarkt in Sachsen noch nicht eingetrübt waren, habe ich mich für die Herstellung der Arbeitnehmerfreizügigkeit unter zwei Bedingungen eingesetzt:

Die erste Bedingung war, dass Mindestlöhne eingeführt werden, damit die Zuwanderung von Arbeitnehmern nicht zu Lohn- und Sozialdumping führt

und die zweite Bedingung war, dass wir die Maßnahmen für Langzeitarbeitslose ausbauen.

Das gilt heute umso mehr.

Denn heute stehen wir vor der Situation wachsender Arbeitslosigkeit sowohl in Sachsen als auch in unseren osteuropäischen Nachbarstaaten.

Würden wir den Arbeitsmarkt in dieser Situation und ohne flächendeckenden Mindestlohn freigeben, hätte dies einen enormen Lohndruck gerade bei Beschäftigung mit niedriger Qualifikation zur Folge.

Für die Verbesserung der Arbeitsmarktchancen von Menschen mit Vermittlungshemmnissen müssen wir in dieser Situation auch auf die Alternative öffentlicher Beschäftigung zurückgreifen.

Ein zentrales Ziel unserer Arbeitsmarktpolitik ist,
dafür zu sorgen,
dass Arbeitslose, auch diejenigen,
die seit langer Zeit arbeitslos sind,
keine Berufsausbildung haben
oder seit Jahren erfolglos eine Ausbildungsstelle suchen,
erstmals oder wieder eine berufliche Perspektive erhalten.

Im Vergleich zu den Ein-Euro-Jobs soll diese Perspektive langfristiger angelegt und nachhaltig sein.

Ein wichtiges und erfolgreiches Programm ist der Kommunal-Kombi. Ich denke hier an sehr bewegende Begegnungen mit Menschen, die nach langer Zeit wieder Sinnvolles für auskömmlichen Lohn leisten dürfen.
Mit dem Kommunal-Kombi werden sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze im Bereich der gemeinnützigen Arbeit auf kommunaler Ebene geschaffen.
Die Arbeitsplätze sind auf drei Jahre angelegt und ermöglichen so die längerfristige soziale Stabilisierung. Sie dienen gleichzeitig dazu, den Hilfebezug beenden.

Sachsen beteiligt sich mit 220 Euro Landesgeld pro Kopf und Monat am Kommunal-Kombi, mehr als jedes andere Bundesland. Dadurch helfen wir Langzeitarbeitslosen und ermöglichen den Kommunen, zusätzliche Aufgaben zu erledigen. Mittlerweile kann das Programm in Sachsen flächendeckend genutzt werden. Über 3.000 Stellen sind bereits bewilligt und ich bin zuversichtlich, dass die noch mögliche Förderung für weitere 4500 Stellen bis zum Ende des Jahres vollständig von den Kommunen ausgeschöpft wird.

Zusätzlich zum Kommunal-Kombi stellen wir aus dem Europäischen Sozialfonds Programme des sozialen Arbeitsmarktes bereit. Mit mehr als 100 Mio. Euro werden insgesamt rund 8.000 Arbeitsplätze für auf dem Arbeitsmarkt Benachteiligte geschaffen. Über 200 Mio. Euro stehen für zusätzliche Ausbildungsplätze und Qualifizierungsmaßnahmen zur Verfügung.

Mit unseren Arbeitsmarktprogrammen führen wir Menschen wieder an den Arbeitsmarkt heran und geben benachteiligten Jugendlichen eine berufliche Chance, um dann als Fachkräfte in Sachsen arbeiten und eine Familie gründen zu können.

Das ist auch und gerade in der Wirtschaftskrise die richtige Strategie. Gemeinsam mit den Tarifpartnern lassen wir deshalb nicht in unseren Anstrengungen nach, jedem Jugendlichen ein Ausbildungsangebot in Sachsen zu machen.

Ich sagte es bereits eingangs: Ich bin sicher, dass auch im kommenden Ausbildungsjahr trotz Wirtschaftskrise kein Jugendlicher ohne Angebot bleibt.

Aber, meine liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete,

in einer zunehmend wissensbasierten und globalen Wirtschaft kommt der Fähigkeit entscheidende Bedeutung zu, als Erster neue Lösungen zu entwickeln und umzusetzen. Wir beteiligen uns nicht
am globalen Kostenwettlauf
sondern am Innovationswettlauf
mit gut ausgebildeten Menschen,
guten Ideen
und guten Produkten.

Deshalb investieren wir in die Kenntnisse und Fähigkeiten der Menschen,
stärken die schon heute beachtlichen Potentiale in Forschung und Entwicklung
und bauen den Wissenstransfer aus.

Die zentrale Weichenstellung für diese Innovationsstrategie hat die Staatsregierung mit der Neuausrichtung der EU-Förderung bis zum Jahr 2013 vorgenommen.
Mit fast 5,3 Milliarden Euro EU-, Bundes- und Landesmittel im Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) und im Sozialfonds (ESF) haben wir die „langen Linien“ vorgezeichnet.

Die Neuausrichtung lässt sich auf den oft zitierten Nenner bringen
„in Köpfe investieren“.

Dazu haben wir von den 4,1 Milliarden Euro im EFRE 43 % auf die Bereiche Innovation, Wissenschaft, Forschung und Bildung konzentriert gegenüber 30 % in der abgelaufenen Förderperiode.

Mehr Geld für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Bildung, das bedeutet unter anderem:
738 Mio. Euro für Forschung, Entwicklung und Technologietransfer,
73 Mio. Euro Risikokapital für junge Technologieunternehmen,
405 Mio. Euro für die Hochschulen,
78 Mio. Euro für Klimaschutz, erneuerbare Energien und Energieeffizienz.

Der insgesamt mit rund 1,2 Mrd. Euro ausgestattete Europäische Sozialfonds ESF ist ein Bestandteil der Innovationsstrategie: Gut ausgebildete Fachkräfte werden immer wichtiger unverzichtbar immer schnellerer Innovationszyklen.
Diese Regierung behält dabei den sozialen Ausgleich im Blick
und versuchen, alle mitzunehmen.

Ein modernes Hochschulgesetz und der Verzicht auf Studiengebühren helfen uns, die Innovationskraft der Wirtschaft zu verbessern. Die sächsischen Hochschulen genießen mittlerweile einen hervorragenden Ruf über Deutschland hinaus. Durch den Verzicht auf Studiengebühren sind unsere Hochschulen attraktiv für Studenten aus ganz Deutschland, die zwar mit großer Begabung, aber nicht mit einem begüterten Elternhaus gesegnet sind. Gerade diese jungen Menschen braucht Sachsen.

Innovationen, Forschung und Entwicklung sind kein abstrakter Selbstzweck. Leben und Wirtschaften müssen so gestaltet sein, dass unsere Kinder und Enkel, hier und in aller Welt eine gute Zukunft haben.

Einen sorglosen Umgang mit unserem Planeten können wir uns buchstäblich nicht mehr leisten. Gleichzeitig erleben wir, dass ein vernünftiger Umgang mit den natürlichen Ressourcen immer mehr zum Markenzeichen einer erfolgreichen Volkswirtschaft wird.

Wir setzen auf Klasse statt auf Masse.

Wir wollen nachhaltigen Fortschritt,
der wirtschaftlichen Dynamik,
soziale Gerechtigkeit
und ökologische Verantwortung
vereint.

Deshalb wollen wir Sachsen zum deutschlandweit führenden Land für moderne Energietechniken machen.

Wir verstärken dazu die Forschung und helfen den Unternehmen, die Märkte der Zukunft zu erschließen. Unsere Chance liegt darin, Problemlösungen zu entwickeln, die sich weltweit anwenden lassen.

Wir treiben den Wechsel zu erneuerbaren und schadstofffreien Ressourcen konsequent voran.

Die neu gegründete Sächsische Energieagentur SAENA unterstützt Unternehmen, Kommunen, private Haushalte und Schulen bei Fragen und Vorhaben rund um das Thema Energie.

Außerordentlich erfolgreich sind wir auch bei der Entwicklung und Produktion von Technologien zur Nutzung erneuerbarer Energien. Wir machen die Energie der Sonne verfügbar, sei es durch Photovoltaik, sei es durch die preiswerte Windeenergie oder auch durch die Biomasse. Die Entscheidung für ein Deutsches Biomasse-Forschungs-Zentrum am Standort Leipzig war kein Zufall.

Mit dem „Industriellen Netzwerk Erneuerbare Energien“ haben wir im Februar 2008 eine neue Verbundinitiative gestartet, die vor allem mittelständischen Unternehmen hilft, die Möglichkeiten eines weltweit wachsenden Marktes noch stärker nutzen zu können.

Wir haben darüber hinaus eine Investitionsoffensive in erneuerbare Energien und Energieeffizienz gestartet: Die Strukturfondsmittel für erneuerbare Energien und Klimaschutz haben wir auf 51 Mio. Euro verdreifacht und erstmalig haben wir 27 Mio. Euro zur Steigerung der Energieeffizienz von kleinen und mittleren Unternehmen bereit gestellt.

All diese Investitionen in unsere Energiezukunft lohnen sich. Ressourceneffizienz hat sich zum Innovations- und Jobmotor in Sachsen entwickelt: Bis 2008 hat sich die Zahl der Beschäftigten gegenüber 2004 auf 7.500 fast verdoppelt.

Ökologische Industriepolitik beweist sich überall dort, wo mit höherer Material- und Ressourceneffizienz Arbeitsplätze und Wertschöpfung generiert werden. Ein Beispiel aus dem Bereich der Fahrzeugtechnologie ist die Allianz von Daimler mit Evonik zur Entwicklung von Lithium-Ionen-Hochleistungsbatterien. In Kamenz werden bei der Evonik-Tochter Li-Tec solche Batterien produziert. Daimler plant dazu Investitionen im dreistelligen Millionenbereich, mit denen Elektroautos endlich die Chance bekommen, alltagstauglich, sicher und bezahlbar zu werden.

Die Gründung der Lithium-Initiative Freiberg vergangene Woche dokumentiert die enge Verflechtung von Forschung, Entwicklung, Produktion und Ausbildung von Fachkräften in Sachsen, die sich als Magnet für zahlreiche Unternehmen und Institute im Hochtechnologiebereich erwiesen hat. Unsere Unternehmen gehören auf vielen Feldern der Material- und Energieeffizienz und der erneuerbaren Energien zu den Weltmarktführern.

Im Rahmen unserer Innovationsstrategie setzen wir eine nachhaltige Industrie- und Technologiepolitik um. Innovative Unternehmen wachsen schneller und schaffen damit neue Arbeitsplätze.

Seit 2004 haben wir mit 463 Mio. Euro an Zuschüssen vor allem für Forschungs- und Entwicklungsprojekte – egal ob als einzelbetriebliche Förderung oder im Verbund – Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit der sächsischen Wirtschaft erhöht.

Die Staatsregierung verbessert das Innovationsgeschehen mit weiteren Maßnahmen. Seit 2008 steht der Technologie- Gründerfonds mit Beteiligungskapital in Höhe von 60 Mio. Euro für technologieorientierte Gründungen bereit.

25 Mio. Euro aus dem Europäischen Sozialfonds ermöglichen innovationsorientierte Unternehmensgründungen aus der Wissenschaft
und die Förderung von Innovationsassistenten hilft,
Hochschulabgänger für sächsische Unternehmen zu gewinnen.

Die Ergebnisse können sich sehen lassen: 45 % aller Forscher und Entwickler, die in Unternehmen in den neuen Ländern tätig sind, arbeiten in Sachsen.

Es gilt, die Innovationskraft besonders in der Krise aufrecht zu erhalten. Forschung und Entwicklung von heute sind die Arbeitsplätze von morgen.

Gerade die Krise bietet Chancen für Innovationen. Wenn der Absatz von bisher bewährten Produkten und Technologien zurückgeht, steigt das Interesse an neuen Produkten und Verfahren. Die bisherigen Erkenntnisse der SAB aus der Kundenberatung deuten darauf hin, dass die Unternehmen sich bei Forschung und Entwicklung klug, nämlich antizyklisch verhalten.

Die Antragsstatistik bestätigt diesen Befund. Die Zahl der eingereichten Anträge und Projektskizzen bei der einzelbetrieblichen und Verbund-Förderung bewegt sich auf einem anhaltend hohen Niveau. Gleichzeitig ist ein Anstieg bei der Technologietransferförderung zu verzeichnen, für die wir die Konditionen verbessert haben.

Insgesamt zeichnet sich ein ermutigendes Bild ab. Die sächsische Wirtschaft investiert ungeachtet der schwierigen Rahmenbedingungen in Forschung und Entwicklung.
Wir werden das mit aller Kraft unterstützen.

Meine Damen und Herren Abgeordnete,

die weltweite Konjunkturkrise ist keine Naturkatastrophe, sondern von Menschen gemacht. Bei aller Komplexität ist diese Krise in erster Linie das Ergebnis grenzenloser Gewinnsucht derjenigen, die die Spielregeln durchschaut haben.

Ein Markt ohne wirksame Marktordnung kam da gerade recht.

Ausgerechnet der Verzicht auf wirksame Regulierungsmaßnahmen im Finanzwesen hat die weltweit stärksten staatlichen Eingriffe in das Wirtschaftsleben seit dem Zweiten Weltkrieg hervorgerufen.

Ausgehend von den USA ist eine Kettenreaktion in Gang gekommen, die alle Staaten zu massiven Eingriffen ins Wirtschaftsleben und zur Übernahme riesiger finanzieller Lasten zwingt.

Die Politik muss die Krise managen, aber sie muss auch die Probleme an der Wurzel packen.
Dafür brauchen wir eine Entwicklung, die auf stetiges und nachthaltiges Wachstum und eine gerechte Verteilung des Wohlstands setzt.

Eine kluge Politik muss bereits im Ansatz für einen Ausgleich von wirtschaftlichen und sozialen Gesichtspunkten sorgen.

Das ist für mich keine abstrakte Betrachtung:
Wir haben erlebt, wie die Missachtung grundlegender ökonomischer Prinzipien die Volkswirtschaft der DDR an den Abgrund geführt hat.

Das war nicht etwa die schlechte Umsetzung einer guten Idee.
Der Fehler lag im System,
weil es die freie Entfaltung des Einzelnen verhindert hat.

Das Ergebnis war eine zunehmend von Mangel und Mangelverwaltung geprägte Wirtschaft und Gesellschaft.

Not macht bekanntlich erfinderisch.

Und wir DDR-Bürger waren findig, wenn es darum ging, aus den vorhandenen Möglichkeiten das Beste zu machen.

Diese positiven Eigenschaften konnten sich aber nur im privaten Raum entfalten.

Karl Marx wird uns jedenfalls nicht den Weg aus der Krise weisen.

Genauso verbitte ich mir Belehrungen von denjenigen,
die exakt die gescheiterten, marktradikalen Politikrezepte auf Deutschland übertragen wollen;
die uns die USA und Großbritannien als leuchtende Beispiele für wirtschaftliche Dynamik vorgehalten haben
und die soziale Marktwirtschaft deutscher Prägung als Auslaufmodell abgekanzelt haben.

Der Staat ist nicht der bessere Unternehmer,
aber Unternehmer sind auch nicht der bessere Staat!

Schon spielen sich manche von diesen Zündlern als Hüter der sozialen Marktwirtschaft auf, die sie durch die staatlichen Eingriffe bedroht sehen.

Bildlich gesprochen: Erst die Feuerwehr abschaffen wollen und dann, wenn es brennt, meckern, dass soviel Löschwasser verbraucht wird!

Wer versucht, Geschichte umzudeuten, hat nichts dazugelernt. Ich sage eines ganz deutlich,

wir lassen uns die soziale Marktwirtschaft nicht kaputt machen von Leuten,
die sie gar nicht verstanden haben.

Kurz:
Wir brauchen einen starken Staat.
Das ist kein aufgeblähter Staat, aber auch kein schwindsüchtiger Staat.
Nur ein starker Staat ist handlungsfähig, auch international, und kann die Interessen seiner Bürger wirkungsvoll wahrnehmen.

Wenn wir auf die berufsmäßigen Deregulierer gehört hätten, die stets der Abschaffung der gesetzlichen Rentenversicherung und der alleinigen privaten Alterssicherung das Wort geredet haben, würden die Rentner nicht einer fast 4prozentigen Rentenerhöhung entgegensehen, sondern hätten 30 Prozent ihrer Alterssicherung verloren.

Die Leute, die einer neoliberalen Erneuerung das Wort geredet haben, sind übrigens die gleichen, die dauernd vor angeblichen sozialistischen Experimenten warnen.
Aber es waren nicht sozialistische Experimente und schon gar nicht der angeblich so altmodische Sozialstaat, der diese Krise verursacht hat,
sondern es war die naive Umsetzung der neoliberalen Ideologie.

Entscheidend für die weltweite Konjunkturentwicklung wird sein, dass die Rettungsaktion für die Finanzmärkte gelingt. Ohne funktionierendes Finanzwesen gibt es keine funktionierende „Realwirtschaft“. Finanzminister Peer Steinbrück hat es auf den Punkt gebracht:

Wenn der internationale Finanzmarkt brennt, muss gelöscht werden!
Auch wenn es sich um Brandstiftung handelt!

Vor allem der „Brandschutz“ muss verbessert werden. Eine notwendige Konsequenz steht für mich heute schon fest. Eine zunehmend globale Wirtschaft braucht globale Spielregeln, die sich durch Transparenz und Fairness auszeichnen.
Dazu muss ein Prozess in Gang gesetzt werden, zunächst für die Finanzmärkte, aber auch darüber hinaus.
Wie die Marktordnung in der mittelalterlichen Stadt dient diese Regulierung eben nicht dazu, den freien Markt abzuschaffen, sondern vielmehr sein Funktionieren zum Nutzen der Gesellschaft zu gewährleisten.

Der Markt ist für uns weder Selbstzweck noch Teufelszeug,
sondern Mittel zum Zweck.

Dafür gibt es nun, national und international, ein neues Bewusstsein.

Wenn mir jemand vor einem dreiviertel Jahr prophezeit hätte, die zwanzig wichtigsten Industriestaaten und allen voran die USA würden sich
auf schwarze Listen für sogenannte „Steuerparadiese“,
staatliche Aufsicht von Hedgefonds
und die Deckelung von Manager-Boni verständigen,
dann hätte ich ihn gefragt,
„wovon träumen Sie eigentlich nachts?“.

Klar ist: Die Umsetzung der Beschlüsse wird noch ein langer, steiniger Weg.
Aber endlich wollen ihn alle gemeinsam – wenn auch vielleicht unterschiedlich schnell – beschreiten.

Meine Damen und Herren,

Ich stelle fest:

Es gibt erste Anzeichen auf eine
Abschwächung der Abwärtsspirale
und dem Beginn für eine Bodenbildung des Konjunkturverlaufs.

Mein grundsätzlicher Optimismus, dass wir die Krise meistern werden, gründet aber nicht so sehr auf den Prognosen der Wirtschaftsinstitute.

Deren Treffsicherheit ist beachtlich: Den Instituten ist es immer gelungen, den Konjunkturverlauf präzise vorauszusagen – allerdings erst hinterher.

Für mich ist vielmehr entscheidend, dass die Politik ganz anders reagiert als in der verheerenden Weltwirtschaftskrise des vergangenen Jahrhunderts, die in Deutschland das Unterste ganz nach oben gespült hat.

Im Gegensatz zu damals handelt die Politik:
indem sie mit Konjunkturprogrammen Investitionen anschiebt,
die private Nachfrage stimuliert
und die Neuordnung der Finanzmärkte anpackt.

Und wir tun das nicht allein, sondern die Staatengemeinschaft marschiert- zwar nicht im Gleichschritt - aber doch in die gleiche Richtung.

Vor allem aber muss man sich klarmachen, dass die produktiven Kräfte durch die Krise nicht verschwunden sind. Verschwunden ist der eingebildete Wohlstand aus Spekulationsgewinnen
und viel schlimmer: sehr viel Vertrauen.
Nicht nur das Vertrauen der Banken untereinander, von dem viel die Rede ist, sondern auch das Vertrauen der Menschen in die Wirtschafts- und Sozialordnung ist erschüttert.

Das Vertrauen ist erschüttert, dass sich harte Arbeit lohnt,
und zwar nicht nur für diejenigen im Nadelstreifen,
sondern auch für die im Blaumann.

Dieses Vertrauen müssen wir zurückgewinnen.

Das gilt in erster Linie für bestimmte Vertreter von Wirtschaft, Verbänden und Wissenschaft, die in der Vergangenheit in teilweise schulmeisterlicher Art die Politik gemaßregelt und die tagtäglichen Leistungen der Menschen in Abrede gestellt haben.
Jetzt sind es die Bürgerinnen und Bürger, die ehrlichen Steuerzahler, die hart arbeitenden Beschäftigten und die engagierten Unternehmerinnen und Unternehmer, die die Scherben aufsammeln müssen. Gleichzeitig wissen diejenigen, deren neoliberale Ideologie und Praxis gescheitert sind, heute schon wieder alles besser und unfähige Manager, die sich verzockt haben, klagen ihre unverdienten Boni in Millionenhöhe ein.

So haben wir nicht gewettet.

Die überwältigende Zahl der Unternehmer in unserem Land arbeitet hart und erfolgreich für den wirtschaftlichen Erfolg ihrer Unternehmen. Auf diese Unternehmer setzen wir.

Ungeachtet der ersten positiven Anzeichen am Konjunkturhimmel steht für mich fest, dass wir mit den Folgen der Finanzmarktkrise noch lange kämpfen werden müssen.
Aber das, was Sachsen in den letzten Jahren stark gemacht hat,
das Wissen,
das Können,
die Arbeit und
das Engagement der Menschen hier,
ist von der Krise nicht betroffen.
Ich bin überzeugt davon, dass wir Strukturen geschaffen haben, die diese Krise nicht nur im Wesentlichen überstehen werden, sondern die Garantie dafür sind, dass Sachsen gestärkt aus ihr hervorgehen wird.

Wenn Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften in dieser schwierigen Situation, bei allen legitimen Interessenkonflikten, zusammenrücken und an einem Strang ziehen, dann werden wir die schwierige Situation am besten meistern.

Der Freistaat Sachsen wird seinen Teil beitragen, das Vertrauen in die Zukunft wieder herzustellen:
Indem wir mit unseren Instrumenten Wirtschaft und Arbeitnehmern eine Brücke über die Konjunkturkrise bauen,
indem wir die Konjunkturpakete umsetzen und
indem wir unsere langfristig angelegte Politik für Wachstum und Gute Arbeit
durch Investitionen in Innovationen, durch Investitionen in Wissenschaft, in Forschung und in Bildung mit Umsicht und Weitblick fortsetzen.
Wir machen uns für eine soziale Gesellschaft stark, in der alle am Wohlstand teilhaben können und zu der alle ihren Beitrag leisten.

Glück auf.


Kontakt

Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Klimaschutz

Pressesprecher Jens Jungmann
Telefon: +49 351 564 80600
Telefax: +49 351 564 80680
E-Mail: presse@smwa.sachsen.de
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