Europa hat Grenzen überwunden!
10.06.2025, 12:15 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)
Kraushaar: »Europa wird besonders in der grenzübergreifenden Zusammenarbeit lebendig. Die Interreg-Programme machen dies möglich.«
Die Interreg-Programme sind seit Jahrzehnten ein wichtiger Pfeiler wirksamer EU-Förderung, denn nichts stärkt den Zusammenhalt mehr, als Begegnungen und Freundschaften beidseits der Grenze, aus denen eine gemeinsame Mission – für Europa – entstehen kann. Sachsen kann mit vier Interreg-Programmen an diesem Fördertopf der EU partizipieren: Interreg Sachsen-Tschechien, Interreg Polen-Sachsen, Interreg Central Europe und Interreg Europe.
»Europa – das ist keine leere Floskel, sondern eine starke Überzeugung: Gemeinsam geht es immer besser als getrennt, Zusammenhalt macht stark und Freiheit ist dann besonders wertvoll, wenn sie gemeinsam gelebt werden kann. In Deutschland und besonders in Sachsen schätzen wir das sehr – und wir füllen es auch mit Leben! In etlichen Projekten der grenzübergreifenden Zusammenarbeit wird die europäische Einheit gelebt, genutzt, gefeiert. Die Interreg-Programme machen dies möglich. Das ist gut angelegte EU-Förderung«, betont Staatsministerin Regina Kraushaar anlässlich der Auswahl neuer Kooperationsprojekte im sächsisch-tschechischen Interreg-Programm.
»Wer Interreg kennt, der weiß um seine Bedeutung und seine einzigartige Wirkung vor Ort, entlang der innereuropäischen Grenzen. Mit dem kommenden Mehrjährigen Finanzrahmen, also dem siebenjährigen Haushalt der EU, zeichnen sich jedoch systematische Umstellungen ab, deren Auswirkungen wir nicht absehen. Das macht uns Sorgen. Weil wir überzeugt sind, dass mit Interreg viel bewegt und die deutsch-tschechische und deutsch-polnische Freundschaft deutlich gestärkt wird, habe ich mich diese Woche in Brüssel dafür eingesetzt, Interreg finanziell auskömmlich auszustatten und als eigenständiges Programm fortzuführen«, so die Ministerin weiter.
Dass diese Zusammenarbeit nicht nur politisch, sondern ganz praktisch gelebt wird, zeigt sich an den Projekten, die der Begleitausschuss bei der Sitzung am 5. Juni 2025 in Ehrenfriedersdorf zur Förderung im Interreg-Programm Sachsen-Tschechien 2021-2027 ausgewählt hat. Insgesamt fünf weitere Vorhaben aus den Bereichen Tourismus, Kulturerbe und Bildungsarbeit werden gefördert. Die Projekte erhalten in Summe 4,0 Millionen Euro aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE). Damit werden in der laufenden Förderperiode nunmehr 85 Kooperationen mit rund 100 Millionen Euro EU-Mitteln über das Förderprogramm unterstützt.
Folgende Projekte werden unter anderem nach der Entscheidung in der vergangenen Woche gefördert:
Im Mittelpunkt der grenzübergreifenden Kooperation »Erzgebirgische Erlebniswelten – Gemeinsame Geschichte, geteilte Ergebnisse« stehen die »Manufaktur der Träume« in Annaberg-Buchholz (Erzgebirgskreis) und der Stadtturm in Chomutov. Auf sächsischer Seite wird die »Manufaktur der Träume« um das Welterbebesucherzentrum erweitert. Dafür wird das Museum umgebaut und die bisherige Dauerausstellung über regionalgeschichtliche Themen wie »Vom Leben im Erzgebirge«, »Vom Zauber der Weihnacht« sowie »Traditionelle Handwerkskunst« interaktiv gestaltet und mehrsprachig angeboten. Im tschechischen Chomutov wird der Stadtturm für mehrsprachige multimediale Ausstellungen über die gemeinsame Geschichte erschlossen. Die Partner erleichtern durch eine Ticketkooperation, dass Besucher zukünftig ein Ticket für beide Museen nutzen können. Parallel dazu tragen über 48 Veranstaltungen dazu bei, dass sich Menschen vor Ort begegnen: Ob bei Schüleraustauschen, gemeinsamen Schulungen von Gästeführern und Museumspersonal, regelmäßigen Treffen in Klöppel- und Schnitzvereinen oder Seniorentreffen – für jeden ist etwas dabei. Themenbezogene Sonderausstellungen runden das Angebot ab und werden grenzübergreifend vermarktet. Die Europäische Union unterstützt das Vorhaben mit rund 1,5 Millionen Euro.
Die Stadt (Mĕsto) Aš und futurum Vogtland e.V. – Evangelischer Verein für Bildung und Kultur aus Mylau widmen sich in ihrem Projekt »Historische Unikate – Stoffmusterbücher«''' der Erhaltung eines einzigartigen kulturhistorischen Erbes. Zwei umfangreiche Sammlungen von mehr als 900 Stoffmusterbüchern aus der ehemals florierenden sächsisch-böhmischen Textilregion werden gemeinsam digitalisiert, konserviert und kuratorisch erschlossen. Die Werke beider Büchersammlungen stammen aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bis 1997 und werden grenzübergreifend zusammengeführt. Im Laufe des Projekts entstehen sowohl digitale (unter www.museum-digital.de) als auch mehrsprachige Ausstellungen mit physischen und digitalen Ausstellungselementen auf Burg Mylau in Reichenbach/Vogtland, die Interessierten und der Fachöffentlichkeit dauerhaft zugänglich sein werden. Eine Wanderausstellung wird über das Projekt selbst informieren und für die grenzübergreifende Büchersammlung werben. Um die historischen Unikate für museumspädagogische und künstlerische Arbeiten zukünftig nutzen zu können, schaffen die Partnereinrichtungen entsprechende Arbeitsplätze und Werkstätten. Das Projekt wird mit rund 400.000 Euro EU-Mitteln unterstützt.
Eine gemeinsame Erinnerungskultur zu bewahren und zu pflegen, die Versöhnung und Verständnis fördert, ist in dieser Zeit eine wichtige Botschaft im gesellschaftlichen Miteinander. Dieses Ziel verbindet die Partnereinrichtungen im Projekt »Gemeinsame Geschichte – gemeinsame Zukunft: deutsch-tschechische Jugend im Dialog«. Der Verein Aktion Zivilcourage e.V. aus Pirna plant zusammen mit der Stadt (Mĕsto) Ceská Kamenice, dem im gleichen Ort ansässigen T.G.Masaryka Gymnázium, dem Englischen College in Prag sowie dem assoziierten Partner, dem Goethe-Gymnasium Sebnitz, ein grenzübergreifendes Bildungs- und Begegnungszentrum aufzubauen. Bereits seit 2017 organisiert das Englische College Treffen mit Zeitzeugen der Kriegs- und Nachkriegszeit. Auf diesen Erfahrungen baut die aktuelle Kooperation auf. So entwickeln die Partnereinrichtungen Lehrmaterialien, die es den Schulen ermöglichen wird, die gemeinsame Grenzregion aus historischer und aktueller Perspektive kennenzulernen und in den Dialog zwischen Bürgern, Jugendlichen und Pädagogen zu treten. In Zukunftswerkstätten, Geschichtstagen, Zeitzeugengesprächen und Workshops sollen so das Geschichtsbewusstsein der Jugendlichen und der konkrete Bezug zu ihrer Heimat im Grenzraum gestärkt werden. Das Vorhaben erhält von der Europäischen Union rund 690.000 Euro.
Hintergrund:
Im Programm Interreg Sachsen – Tschechien 2021-2027 stehen bis 2027 rund 190 Millionen Euro für grenzübergreifende Projekte in den Bereichen Innovation und Wettbewerbsfähigkeit, Klimawandel und Nachhaltigkeit, Bildung, lebenslanges Lernen, Kultur und Tourismus sowie partnerschaftliche Zusammenarbeit zur Verfügung. Die Mittel stammen aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) sowie nationalen Beiträgen der beiden Nachbarländer.
Der Begleitausschuss wurde auf der Grundlage der Vorgaben der Europäischen Kommission eingesetzt. Er besteht aus einer sächsischen und einer tschechischen Delegation, in der Vertreterinnen und Vertreter von Fachministerien, Wirtschafts- und Sozialpartnern, Nichtregierungsorganisationen sowie der Euroregionen mitwirken. Das Gremium begleitet und bewertet das Interreg-Programm und entscheidet über die Förderung von Projekten. Die Projekte werden im Vorfeld geprüft, mit Punkten bewertet und in einer Ranking-Liste aufgenommen. Danach entscheidet der Begleitausschuss über eine Projektförderung.