Energiegipfel der Sächsischen Staatsregierung: Gemeinsame Erklärung zur Energiekrise verabschiedet

01.09.2022, 16:57 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)

Dresden (1. September 2022) – Auf Einladung von Ministerpräsident Michael Kretschmer trafen heute (1. September 2022) in der Staatskanzlei rund 50 Vertreterinnen und Vertreter der Sächsischen Staatsregierung, der Wirtschaft, Energieversorger, Wohnungswirtschaft, Kommunen, Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbände und der Verbraucherschutzzentrale zum Energiegipfel zusammen.

Im Mittelpunkt des Energiegipfels stand der gemeinsame Austausch zur aktuellen Situation der Sicherheit und Kosten der Energieversorgung. Darüber hinaus diskutierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer über die Auswirkungen der Energiekrise und mögliche Lösungsansätze sowie Handlungsmaßnahmen auf Bundes- und Landesebene.

Im Ergebnis des Energiegipfels haben sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf folgende »Gemeinsame Erklärung zur Energiekrise« verständigt.

Gemeinsame Erklärung zur Energiekrise

Explodierende Preise an den Energiemärkten stellen bereits heute eine enorme Belastung für Verbraucherinnen und Verbraucher, die Wirtschaft und öffentliche Einrichtungen dar. Für die Staatsregierung haben die Versorgungssicherheit und die Vermeidung erheblicher Belastungen für die Bevölkerung und Wirtschaft sowie die Vermeidung sozialer Schieflagen oberste Priorität. Uns eint die Sorge vor weiteren Steigerungen der Energiekosten und den Auswirkungen der zu hohen Energiepreise auf Verbraucher und Wirtschaft. Die hohen Energiekosten stellen eine ernsthafte Gefahr für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und den Wirtschaftsstandort Deutschland dar und lassen die Politik nicht unberührt. Vor diesem Hintergrund ist die Staatsregierung heute mit Vertretern aus Wirtschaft, Gewerkschaften, Kommunen und Verbraucherschützern zusammengetroffen, um die aktuelle Lage zu beraten. Die Staatsregierung ist der Überzeugung, dass Lösungen nur gemeinsam entwickelt werden können. Gemeinsam heißt auch, dass der Bund nicht aus seiner Verantwortung entlassen werden darf.

1. Energiepreise müssen spürbar sinken

Ein nachhaltiges Sinken der Energiepreise ist derzeit nur bei einer Verbreiterung des Angebotes an Energieträgern zu erwarten. Alle verfügbaren Energieträger müssen an den Markt gebracht werden. Die Bundesregierung muss deshalb ihre Anstrengungen zur Diversifizierung des Angebotes weiter intensivieren. Die Staatsregierung begrüßt und unterstützt den geplanten Ausbau einer LNG-Infrastruktur.

Erdgas wird vorrangig für die Wärmeversorgung und Industrie benötigt, deshalb müssen die Kapazitäten anderer Energieträger bei der Stromerzeugung erhöht werden. Sachsen leistet hierfür mit seinen Braunkohlekraftwerken bereits seinen Beitrag. Wir werden diesen Weg auch weiterhin unterstützen.

Investitionen in smarte Energienetze und Speichertechnologien sind zu forcieren. Den Ausbau Erneuerbarer Energien bringen wir weiter voran. Hierfür müssen insbesondere Flächen für Windenergie und PV-Freiflächenanlagen bereitgestellt werden. Die Staatsregierung setzt das Energie- und Klimaprogramm 2021 mit Nachdruck um. Der Wasserstoffhochlauf wird umfassend unterstützt, die Potenziale der Geothermie werden genutzt.

Auf Bundesebene muss für die Vereinfachung der Installation von Solaranlagen und energetischen Sanierungen gesorgt werden. Zudem gilt es Genehmigungsverfahren auch auf Landesebene zu beschleunigen und bürokratische Hürden, auch für kleinere Windkraft- und Solaranlagen der Bürger, abzubauen.

2. Brennstoffwechsel erleichtern

In Zeiten, wo ein Wechsel der Brennstoffe das Überleben sichert, muss sich auch der Rechtsrahmen für Genehmigungen anpassen, insbesondere Unternehmen müssen schnell, unkompliziert und rechtssicher individuelle Maßnahmen zum Energie- bzw. Gassparen ergreifen können. Sachsen steht an der Seite seiner Unternehmen und nutzt seine rechtlichen Möglichkeiten für Umstellungsprozesse umfassend. Der Bund ist gefordert, den Rechtsrahmen zügig weiterzuentwickeln. Sachsen wird seine Spielräume im Vollzug nutzen.

Die Sächsische Staatsregierung ist sich bewusst, dass für den Brennstoffwechsel auch ausreichende Transport- und Logistikkapazitäten erforderlich sind und wird sich hierfür unterstützend einsetzen.

Eine bundeseinheitliche Aufhebung des Sonn- und Feiertagsfahrverbotes für Energietransporte halten wir für erforderlich.

3. Entlastungen für Bürger und Wirtschaft

Für den gesellschaftlichen Zusammenhalt ist es unabdingbar, dass die Bürgerinnen und Bürger Unterstützung erhalten. Wir befürworten daher auch die aktuellen Vorschläge zur Entlastung der Studierenden und Rentner. Derzeit wird auf Bundesebene ein weiteres Entlastungspaket diskutiert. Dieses muss sicherstellen, dass die Unterstützung den tatsächlich Bedürftigen der Gesellschaft zugutekommt. Wir werden uns in diesen Prozess aktiv einbringen und prüfen, ob nach Vorliegen des Pakets weitere Bedarfe bestehen und nachgesteuert werden muss.

Es ist entscheidend, dass Arbeitsplätze und eine wettbewerbsfähige Wirtschaft auch in der Krise erhalten bleiben. Kritische Infrastrukturen und die gesamte moderne Wirtschaft beruhen auf komplexen Lieferketten. Diese dürfen möglichst nicht beeinträchtigt werden, wenn es gelingen soll, eine wettbewerbsfähige Wirtschaft in Sachsen trotz Krise zu erhalten. Die Wirtschaft ist hier Teil der Lösung nicht das Problem.

Die Staatsregierung prüft, wie das bereits erprobte Instrumentarium aus der Corona-Zeit für die Bewältigung der Energiekrise genutzt werden kann und wie die bestehenden Hilfsprogramme für Unternehmen so angepasst werden können, dass eine rasche Unterstützung möglich ist. Bereits jetzt können Unternehmen, die aufgrund der Entwicklungen im Bereich der Energieträgerverfügbarkeit und Energiepreise in Schwierigkeiten geraten sind, Beratung durch das Beratungszentrum Konsolidierung (BZK) bei der Sächsischen Aufbaubank erhalten.

Das Energiekostendämpfungsprogramm des Bundes für energieintensive Unternehmen muss dringend verbessert, der Anwendungsbereich auch für kleine und mittelständische Betriebe sowie nicht energie- und handelsintensive Unternehmen geöffnet und weiter verlängert werden. Entscheidend ist, dass angesichts der Dramatik der Situation der gesamte beihilferechtlich zulässige Rahmen von der Bundesregierung ausgeschöpft wird. Künstliche Abgrenzungen, Branchenbeschränkungen und reduzierte Beihilfehöhen sind nicht mehr angemessen.

4. Härtefallfonds

Die Staatsregierung ist bestrebt, den Eintritt sozialer Notlagen entgegenzuwirken. Sie erwartet daher, dass der Bund in Abhängigkeit von den Diskussionen zum Entlastungspaket III Mittel zur Verfügung stellt, um Härtefallfonds zugunsten von Bürgerinnen und Bürgern sowie der Wirtschaft auszustatten. Die Fonds sollen denen zu Gute kommen, die unverschuldet durch das bisher gespannte Netz fallen.

5. Energie vor Ort sichern – Stadtwerke absichern

Die kommunalen Unternehmen sind das Rückgrat des öffentlichen Lebens vor Ort. Aus Sicht der Staatsregierung trägt der Bund eine wesentliche Verantwortung dafür, die Stadtwerke in der aktuellen Preiskrise zu unterstützen. Den entsprechenden Beschluss des Bundesrates im Juli dieses Jahres hat die Sächsische Staatsregierung mitgetragen. Die Bundesregierung wird aufgefordert, ein integriertes Gesamtkonzept für die Unterstützung kommunaler Unternehmen zu entwickeln.

Dabei sind die Auswirkungen der Energieversorgung auf Krankenhäuser und die soziale Infrastruktur unbedingt zu berücksichtigen. Gesundheits- und Sozialdienste leisten einen wesentlichen Beitrag zur Aufrechterhaltung des sozialen Friedens. Ihr reibungsloses Funktionieren muss sichergestellt werden.

6. Innovationen stärken

Innovationen sind langfristig erforderlich, um die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern. Die Staatsregierung wird eine gemeinsame Initiative starten und die zahlreichen sächsischen Akteure, die sich in energierelevanten Bereichen betätigen, zusammenbringen, um zu klären, was nötig ist, damit diese diversifizierenden, abhängigkeitsreduzierenden Techniken schneller in die Praxis kommen. Dazu gehören die Zukunftsthemen grüner Wasserstoff, Geothermie, smart Grids sowie Wärme- und Elektroenergiespeicher.

7. Energieeffizienz erhöhen und Energiekosten einsparen

Zusätzlich zu den bisher genannten Maßnahmen sind eine höhere Energieeffizienz und die Energieeinsparung erforderlich. Wir gehen als Öffentliche Hand mit Beispiel voran und sparen in den Liegenschaften des Freistaates Sachsen. Mit den Kommunen sucht der Freistaat Sachsen bei Einsparmaßnahmen einen engen Schulterschluss, um einem Gasnotstand im kommenden Winter entgegenzuwirken. Hier bleiben wir weitereng zusammen.

Den einschränkungsfreien Betrieb von Einrichtungen der Kindertagesbetreuung und Schulen stellen wir sicher. Wie hier Energiesparpotentiale genutzt werden sollen, haben wir mit den kommunalen Spitzenverbänden vereinbart.

Im Rahmen der Vorbildwirkung des Freistaats Sachsens werden wir für die Solarnutzung geeignete Dach-, Fassaden-, Parkplatz- und Freiflächen im Besitz des Freistaats unverzüglich identifizieren und in Nutzung bringen.

Dort wo Bürokratie der Krisenbewältigung im Weg steht, muss sie ausgesetzt werden. Rechtliche Rahmenbedingungen sollen bei der Energieeffizienz helfen und diese nicht behindern.

8. Kommunikation ausbauen und Transparenz erhöhen

In dieser schwierigen Lage besteht ein erhöhter Beratungsbedarf. Dies betrifft besonders die Energie- und auch die Schuldnerberatung. Es stehen in Sachsen kompetente Berater, insbesondere der Verbraucherschutzzentrale Sachsen, bereit.

Wir stärken die Energieberatung. Es stehen die Angebote und Expertise der Sächsischen Energieagentur (SAENA) den Kommunen und Bürgern zur Verfügung. Verbraucherzentrale und SAENA werden ihre bereits erweiterten Angebote fortführen und je nach Lage weiter ausbauen.

Die Staatsregierung wird Anfang September 2022 eine einheitliche Informationsplattform ins Internet bringen, auf der auf einen Blick alle Informationen und Hinweise zusammenfasst sind, wo und wie der Energieverbrauch im Alltag optimiert werden kann. Zudem werden FAQs und wichtige Verlinkungen zur SAENA, der Verbraucherzentrale und anderen Akteuren übersichtlich angeboten.

Die Staatsregierung stellt weiterhin sicher, dass Wirtschaftsverbände eine unmittelbare und zeitnahe Information und Kommunikation über ihr vorliegende Entscheidungen und absehbare Entwicklungen im Bereich der Gasversorgung erhalten.


Kontakt

Sächsische Staatsregierung

Regierungssprecher Ralph Schreiber
Telefon: +49 351 564 10300
Telefax: +49 351 564 10309
E-Mail: presse@sk.sachsen.de
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