DGB-Index »Gute Arbeit« in Sachsen 2020: Arbeitszufriedenheit steigt, Wunsch nach Homeoffice wächst

28.12.2021, 10:00 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)

Arbeitsminister Dulig: »Schub für mobiles Arbeiten macht klare Regeln erforderlich«

Wie bewerten sächsische Beschäftigte ihre Arbeitsbedingungen? Dieser Frage ging DGB-Index Gute Arbeit in Sachsen zum vierten Mal in Folge nach. Für das Berichtsjahr 2020 wurde im Zeitraum zwischen Januar und Mai 2020 – also zu Beginn der Coronapandemie – mittels Telefonbefragung eine Stichprobe für die Bundesrepublik sowie eine Zusatzstichprobe für Sachsen erhoben. Themenschwerpunkte waren mobile oder ortsflexible Arbeit, Betreuungsaufgaben und Vereinbarkeit sowie die Folgen schlechter Arbeitsqualität.

Qualität der Arbeitsbedingungen in Sachsen 2020 – Aufwärtstrend erkennbar

Sächsische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bewerten ihre allgemeine Arbeitsqualität 2020 insgesamt besser als im Vorjahr. Der bereits 2019 sichtbare Aufwärtstrend hat sich beschleunigt und damit ist der Abstand zwischen Sachsen und den Vergleichsregionen Ost- und Gesamtdeutschland geschrumpft. Der Gesamtindex Gute Arbeit lag bei 62 Punkten (Ostdeutschland 63 und Gesamtdeutschland 65 Punkte), wobei Werte kleiner als 50 Punkte auf schlechte Arbeit, 50-64 auf Arbeitsqualität im »untere Mittelfeld« und 65-79 Punkte auf das »obere Mittelfeld« verweisen. Ab 80 Punkten wird von Guter Arbeit gesprochen (siehe Hintergrundinformationen).
Nach wie vor bewerten die Befragten in Sachsen ihre Arbeitsqualität allerdings kritischer: 21 Prozent der sächsischen Beschäftigten bewerten ihre Arbeitsqualität als »schlecht« (Deutschland: 15 Prozent, Ostdeutschland: 18 Prozent). Die Einschätzung »gute Arbeit« ist mit ist mit 10 Prozent hingegen geringer vertreten als in Deutschland (15 Prozent) bzw. Ostdeutschland (11 Prozent).

»Die Entwicklung der wahrgenommenen Arbeitsqualität in Sachsen ist erfreulich – da sind wir in den vergangenen Jahren gemeinsam ein gutes Stück vorangekommen. Gute Löhne und gute Arbeitsbedingungen sind heute nicht nur eine Frage des Respekts, sie sorgen auch dafür, dass Fachkräfte kommen und bleiben«, so Sachsens Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Dulig.

»Der Anstieg der Zufriedenheit beim Thema Einkommen und Sicherheit deutet darauf hin, dass der Einsatz der Beschäftigten und Gewerkschaften für bessere Arbeits- und Entlohnungsbedingungen Früchte trägt. Nach wie vor existieren aber massive Unterschiede bei der Arbeitszufriedenheit zwischen den Branchen. Nachholbedarf gibt es insbesondere im Hotel- und Gaststättengewerbe, in der Fertigung, in der Transport- und Logistikbranche. Den Wettbewerb um Fachkräfte werden diese Branchen nur mit einer deutlichen Verbesserung von Löhnen und Arbeitsbedingungen gewinnen. Trotz der guten Entwicklung bei den Löhnen sehen die Beschäftigten in Sachsen mit Sorge auf ihre zu erwartende Rente, weil in den vergangenen Jahren durch schlechte Löhne niedrigere Renten zu erwarten sind«, erklärt Markus Schlimbach, Vorsitzender des DGB Sachsen.

Hoher Anteil Schichtarbeit mindert Arbeitszufriedenheit

Als wichtigster Grund für die im Regionalvergleich anhaltend geringere Arbeitszufriedenheit wurde der hohe Anteil an Schichtarbeit in Sachsen identifiziert. Schichtarbeit führt generell zu einer schlechteren Bewertung der Arbeitsqualität und ist in Sachsen mehr als doppelt so häufig wie in Deutschland insgesamt. In den Wirtschaftszweigen Handel, Verkehr und Logistik, Gesundheits- und Sozialwesen sowie wirtschaftlichen Dienstleistungen arbeitet eine Mehrheit von 60 Prozent in Schichten, im Verarbeitenden Gewerbe sind es 50 Prozent und etwa 10 Prozent in den restlichen Wirtschaftszweigen.

Mobile oder ortsflexible Arbeit – höhere Arbeitsqualität bei stärkerer Belastung

Insgesamt 30 Prozent der sächsischen Befragten würden gern im Homeoffice arbeiten, nur 16 Prozent taten dies im Befragungszeitraum (Januar - Mai 2020).
Mobiles Arbeiten ist aber mehr als Homeoffice. Es ist das Arbeiten an unterschiedlichen Orten. Sei es der Bauarbeiter, der zwischen verschiedenen Baustellen wechselt, die Pflegekraft, die ihre Patientinnen und Patienten zu Hause besucht oder die Beschäftigten, die »vor Ort« für die Montage, Wartung oder Reparatur Maschinen zuständig sind. Die Digitalisierung bietet allerdings auch für klassische »Bürojobs« Möglichkeiten, mobil arbeiten zu können.
In Sachsen leisten 31 Prozent der Beschäftigten zumindest gelegentlich mobile Arbeit, (Deutschland insgesamt 36 Prozent). Im Regionalvergleich sind jedoch einzelne Formen im Freistaat häufiger, beispielsweise die Arbeit beim Kunden oder an verschiedenen Standorten. Sächsische Frauen sind teils deutlich stärker betroffen als Frauen im Bundesdurchschnitt, insbesondere von Arbeit beim Kunden, Dienstreisen oder Homeoffice. Häufig praktizieren sie auch mehrere Formen parallel.
Beschäftigte mit mobiler Arbeit geben eine überdurchschnittliche Arbeitsqualität an. Es entstehen jedoch auch höhere Belastungen, z.B. überlange Arbeitszeiten oder ständige Erreichbarkeit. Das Arbeitszeitgesetz sieht aus diesem Grund eine Begrenzung der täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit vor.

Arbeitsminister Dulig: »Homeoffice ist nicht mehr nur ein pandemiebedingter Ausnahmezustand, sondern gehört inzwischen für viele Beschäftigte und Arbeitgeber zum Alltag. Der Schub beim mobilen Arbeiten macht klare Regelungen notwendig. Die Möglichkeit zur orts- und zeitflexiblen Arbeit wird eine zunehmend wichtige Rolle im Wettbewerb um Fachkräfte einnehmen. Umso wichtiger ist es, dass Homeoffice Regeln fair ausgehandelt werden. Den Wandel der Arbeit mit der Anpassung arbeitsschutzrechtlicher Regelungen zu flankieren, ist und bleibt eine der wichtigsten Aufgaben.«

DGB-Sachsen-Vorsitzender Markus Schlimbach ergänzt: »Deutlich wird auch, dass wir dringend Leitplanken für mobiles Arbeiten brauchen. Mobiles Arbeiten ob im Homeoffice, an wechselnden Standorten oder bei unterschiedlichen Kunden, darf nicht zur Entgrenzung der Arbeitszeit, zu ständiger Erreichbarkeit und unbezahlten Überstunden führen.«

Betreuungsaufgaben und Vereinbarkeit

In Sachsen sind 42 Prozent der Befragten für die Betreuung und Erziehung von Kindern verantwortlich, etwa so viele wie in Deutschland insgesamt. Anders, als zu vermuten wäre, zeigt die Erhebung keinen signifikanten Zusammenhang zwischen Kinderbetreuung und zeitlichen Vereinbarkeitsproblemen, weder in Sachsen noch in Deutschland.

Anders sieht es beim Zusammenhang zwischen Pflegeverantwortung einerseits und zeitlichen Vereinbarkeitsproblemen bzw. arbeitsbedingter Erschöpfung andererseits aus. Hier berichten 40 Prozent der weiblichen Pflegenden von häufig auftretenden Schwierigkeiten, private Interessen mit ihrer Arbeit zeitlich zu vereinbaren, im Vergleich zu 27 Prozent bei weiblichen Befragten ohne Pflegeverantwortung. Von arbeitsbedingter Erschöpfung sind sowohl männliche als auch weibliche Befragte mit Pflegeverantwortung betroffen.

Folgen schlechter Arbeitsqualität

Trotz zunehmender Arbeitsverdichtung schätzt eine Mehrheit von 63 Prozent der befragten Sachsen ihren Gesundheitszustand als gut oder sehr gut ein; als weniger gut oder schlecht dagegen nur 11 Prozent. Damit liegt der Freistaat gleichauf mit Deutschland.

Nie krank zur Arbeit zu gehen, gibt nur eine Minderheit von 37 Prozent der Befragten in Sachsen an. Der Rest arbeitet zumindest gelegentlich auch mit Krankheitssymptomen. Damit ist mehr als gelegentlicher Präsentismus (Arbeiten trotz Erkrankung) in Sachsen etwas stärker verbreitet als in Deutschland insgesamt. Als mögliche Folgen von Präsentismus drohen neben einer Gefährdung der Kollegen durch ansteckende Krankheiten sowie einer verminderten Arbeitsproduktivität auch Folgeerkrankungen, insbesondere Herz-Kreislauf-Erkrankungen, oder sogar bleibende Schäden. 40 Prozent der Befragten in Sachsen gehen nicht davon aus, in ihrer Tätigkeit ohne Einschränkungen bis zur Rente durchhalten zu können.

Hintergrund

Die Datengrundlage des Berichtes bildet die im Auftrag des DGB durch das Umfragezentrum Bonn jährlich durchgeführte repräsentative Erhebung sowie die zusätzliche Aufstockungsstichprobe für Sachsen im Auftrag des Sächsischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, die repräsentative Aussagen zur Qualität der Arbeitsbedingungen in Sachsen ermöglicht.

Im Auftrag des Sächsischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr hat das Zentrum für Sozialforschung an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg die Befragungsergebnisse für den DGB-Index Gute Arbeit 2020 wissenschaftlich ausgewertet. Dadurch werden repräsentative Aussagen zu den wahrgenommenen Arbeitsbedingungen aus Sicht der sächsischen Beschäftigten getroffen. Es wird ein Vergleich mit den Ergebnissen für Deutschland, Ostdeutschland sowie im Zeitverlauf gezogen.

Der DGB-Index Gute Arbeit ist hierarchisch aufgebaut und setzt sich aus drei Teilindizes zusammen: Ressourcen (z.B. Einfluss- und Weiterbildungsmöglichkeiten), Belastungen (z.B. durch körperliche und psychische Anforderungen) sowie Einkommen und Sicherheit einschließlich der Bewertung des erwarteten Rentenniveaus. Die Teilindizes basieren auf insgesamt 11 Kriterien, die ihrerseits jeweils drei bis vier Einzelmerkmale der Arbeitsqualität umfassen. Für jedes Einzelmerkmal wurde sowohl die individuelle Arbeitsanforderung als auch die resultierende subjektive Beanspruchung erhoben und in einen Indexwert transformiert. Gesamtindex, Teilindizes und Kriterien sind als Maßzahlen der Arbeitsqualität im Wertebereich von 0 bis 100 Punkten konzipiert. Werte kleiner als 50 Punkte verweisen auf schlechte Arbeit, 50-64 stellt das »untere Mittelfeld« der Arbeitsqualität dar, 65-79 Punkte das »obere Mittelfeld« und ab 80 Punkten wird von Guter Arbeit gesprochen.


Kontakt

Sächsisches Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr

Pressesprecher Jens Jungmann
Telefon: +49 351 564 80600
Telefax: +49 351 564 80680
E-Mail: presse@smwa.sachsen.de
zurück zum Seitenanfang