Kultusminister Mannsfeld nach PISA: "Schulen in Sachsen auf erfolgreichem und richtigem Weg"
25.06.2002, 15:15 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)
"Das gute Abschneiden der sächsischen Schülerinnen und Schüler beim PISA-Ländervergleich hat unsere Schulpolitik bestätigt. Der dritte Platz in der nationalen Wertung belegt, dass das sächsische Schulsystem mit seinem Qualitäts- und Leistungsanspruch der richtige Weg ist. Wir werden nicht akzeptieren, dass politisch interessierte Kreise das im Vergleich zu den anderen neuen Ländern herausragende sächsische Ergebnis schlecht reden. Auch Frau Bulmahn liegt falsch, wenn sie meint, es gäbe bei PISA keine Sieger und Verlierer. Sachsen steht auf dem Siegertreppchen. Gleichwohl geben wir uns mit dem Erfolg noch nicht zufrieden. Wir wollen noch besser werden." So der sächsische Staatsminister für Kultus, Prof. Dr. Karl Mannsfeld, am Dienstag in Dresden.
Als Gründe für den Erfolg Sachsens nannte der Minister folgende Eckpunkte:
– Leistungsorientierung an allen Schularten verbunden mit umfassenden Fördermöglichkeiten der Schüler: So wird garantiert, dass Anlagen und Neigungen angemessen entwickelt werden und dass ein hohes Maß an Kenntnissen und Fähigkeiten erreicht werden kann. Schriftliche Leistungen - z. B. Klassenarbeiten - haben an den sächsischen Schulen einen hohen Stellenwert. Dass Eltern und Schule hier auf einer Linie liegen, zeigt die ebenfalls durch PISA ermittelte hohe Zufriedenheit der Eltern mit der Schule und den dort gestellten Leistungsanforderungen.
– Betonung der Kulturtechniken und der Kernfächer: Schon in der Grundschule wird auf Lesen, Schreiben und Rechnen großer Wert gelegt und so eine umfassende Grundbildung vermittelt. Dies wird durch die Betonung der Kernfächer Deutsch, Mathematik, Fremdsprache und Naturwissenschaften in den Mittelschulen und Gymnasien konsequent fortgesetzt. Mit 9108 faktischen Unterrichtsstunden, die Schüler in den Klassenstufen 1 bis 9 haben, liegt Sachsen deutlich über dem Deutschlandschnitt von 8600 Stunden.
– Das gute Abschneiden beim bundesweiten Ländervergleich zeigt, dass eine frühe Leistungsdifferenzierung - z. B. durch die Bildungsempfehlung der Grundschule und den Wechsel an Gymnasium und Mittelschule nach der 4. Klassenstufe - die Entwicklung der Kinder nach Begabung und Neigung nicht behindert, sondern differenziert zu fördern vermag. Der geringe Anteil der Wechsler beweist die Zuverlässigkeit der Schullaufbahnprognose.
– Die zentralen Abschlussprüfungen an sächsischen Schulen, die sowohl für das Abitur, den Realschulabschluss und für den qualifizierenden Hauptschulabschluss gelten, haben sich als Instrument zur Qualitätssicherung bewährt. Auf dem Weg zu den zentralen Abschlussprüfungen, die an alle Schüler eines Bildungsganges gleiche Anforderungen stellen, orientieren die Lehrer ihre Schüler schon frühzeitig auf die landesweit verbindlichen Anforderungen.
– Das sächsische Gymnasium, das in 12 Schuljahren zum Abitur führt, hat sich bewährt. PISA zeigt, dass ein verkürzter Weg zum Abitur keineswegs Abstriche an der Qualität bedeutet. Sachsen empfiehlt auch den anderen Ländern, über die Einführung des 12jährigen Abiturs nachzudenken.
– Die PISA-Studie zeigt, dass deutsche Schüler in einem bestimmten Alter im Vergleich zu anderen im Durchschnitt weniger Schuljahre absolviert und damit weniger Unterricht genossen haben. Deutschlandweit wird festgestellt, dass Rückstellungen bei der Einschulung und Klassenwiederholungen zu sogenannten "verzögerten Schullaufbahnen" führen. Für Sachsen gilt dies nur in eingeschränktem Maße: Der Freistaat belegt in dieser Liste Platz 3 mit 27 Prozent, andere Länder weisen bis zu 45 Prozent auf. Dies spricht sowohl für die solide Arbeit der Lehrer im Unterricht wie in der Schullaufbahnberatung als auch für die positive Einstellung der Eltern zur fristgerechten Einschulung. Sachsen wird an der Einschulung mit 6 Jahren festhalten und Zurückstellungen auf den unbedingt nötigen Umfang begrenzen.
Auch erste Folgerungen aus der Studie zog Minister Mannsfeld bereits. Im Herbst wird das Ministerium eine landesweite Fachtagung veranstalten, bei der Lehrer, Schulleiter und Mitarbeiter der Schulaufsicht die Ergebnisse der Studie analysieren und Konsequenzen für die weitere Arbeit an den Schulen erörtern. In diesem Zusammenhang verwies der Minister auf die derzeit laufende umfangreiche Lehrplanreform für alle Schularten: "Es bietet sich die günstige Möglichkeit, Erkenntnisse aus PISA direkt in die neuen Fachlehrpläne einzuarbeiten."
Als einen wesentlichen Bereich, in dem sich die PISA-Erkenntnisse auswirken werden, nannte Mannsfeld die Lehrerfortbildung. "PISA hat gezeigt, dass auch hier Ausgezeichnetes geleistet wird", so Mannsfeld, "aber im Lichte von PISA wollen wir einzelne Schwerpunkte vertiefen". Grundsätzlich möchte der Minister die Eigenverantwortlichkeit der Schule und ihrer Kooperationsmöglichkeiten fördern. Als weiteren Schwerpunkt nannte der Minister Fortbildung im Bereich von Psychologie und Pädagogik. Lehrer sollen bei ihren Schülern künftig noch besser individuelle Voraussetzungen - etwa Lernschwächen oder auch Stärken - erkennen und entsprechend berücksichtigen.
Schon im zurückliegenden Jahr hat sich Sachsen intensiv an dem gemeinsamen Projekt der CDU/CSU-regierten Länder zur Definition verbindlicher länderübergreifender Standards für schulische Bildung beteiligt. Diese Standards sind jetzt in den Ländern durch Orientierungsarbeiten zu untersetzen, mit denen nach bestimmten Phasen in Grundschule, Mittelschule und Gymnasium untersucht werden soll, ob die Schüler die bundesweit geltenden Ziele im jeweiligen Fach erreicht haben. In Sachsen sind bereits in den letzten Jahren für einzelne Fächer Orientierungsarbeiten entwickelt und umgesetzt worden. Diese Arbeiten sollen verstärkt werden.
"Wir können stolz sein auf das Erreichte", so Mannsfeld abschließend. "Gleichwohl werden wir weiter an der Verbesserung der sächsischen Schulen arbeiten, damit wir unseren Spitzenplatz in der nationalen Wertung nicht nur halten, sondern weiter ausbauen. Auch die Motivation bei Lehrern wie Schülern, an Leistungsvergleichen teilzunehmen, lässt uns den kommenden Tests mit Zuversicht entgegensehen." Eine weitere PISA-Studie steht für den Frühsommer 2003 bevor. Dann wird der Schwerpunkt auf Mathematik liegen.