Dresdner Schulklasse besucht die Gedenkstätte Theresienstadt gemeinsam mit dem Beauftragten der Sächsischen Staatsregierung für das Jüdische Leben

09.09.2021, 10:01 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)

Pressevertreter sind eingeladen zum Termin – bitte um Anmeldung, die Plätze sind begrenzt

Am kommenden Dienstag (14. September) werden die Schülerinnen und Schüler (Klasse 9) der 56. Oberschule Dresden gemeinsam mit dem Beauftragten der Sächsischen Staatsregierung für das Jüdische Leben, Herrn Dr. Thomas Feist, nach Terezín reisen, um die Gedenkstätte Theresienstadt zu besuchen. Die Schülerinnen und Schüler erhalten vor Ort zudem die Möglichkeit, mit dem Zeitzeugen Hanuš Hron ins Gespräch zu kommen.

»Politische Bildung lebt von außerschulischen Lernerfahrungen. Schülerinnen und Schüler brauchen einprägsame Erlebnisse wie Zeitzeugengesprächen oder Gedenkstättenfahrten, damit für sie die Geschichte greifbarer wird. Die Eindrücke vor Ort schaffen Erinnerungen und machen den Jugendlichen deutlich, Demokratie ist nicht selbstverständlich. Jeder muss sich für Toleranz und gegen Extremismus stark machen, damit sich die Gräueltaten der Vergangenheit nicht wiederholen«, erklärte Kultusminister Christian Piwarz und ermunterte andere Schulen, diese Angebote der Landesservicestelle Lernorte des Erinnerns und Gedenkens wahrzunehmen.

Die Fahrt und das Programm wurden gemeinsam mit der Landesservicestelle Lernorte des Erinnerns und Gedenkens bei der Brücke/Most-Stiftung organisiert:

10:30 Uhr Ankunft in Terezin aus Dresden
10:30 Uhr Führung und Besuch der Ausstellung, Guide: Eliška Dubcová
13:00 Uhr Mittagessen im Restaurant Klobouk
14:00 Uhr Vorbereitung aufs Zeitzeugengespräch, betreut durch Šárka Jarská von der Prager Organisation Živá pamět'
14:30 Uhr Zeitzeugengespräch mit Hanuš Hron
16:30 Uhr Rückreise nach Dresden

Pressevertreter sind herzlich eingeladen, mitzureisen. Ein- und Ausstiegspunkt wird der Vorplatz des Bahnhofes Dresden-Neustadt sein, wo der Bus 8:30 Uhr zum Einstieg und gegen 18:00 Uhr zum Ausstieg halten wird. Es wird um Anmeldung der Pressevertreter gebeten unter: presse@smk.sachsen.de.

Hintergrund

Das KZ Theresienstadt, auch Lager Theresienstadt bzw. Ghetto Theresienstadt, wurde von den deutschen Besatzern in Terezín (deutsch: Theresienstadt) eingerichtet. Nach der Besetzung der Tschechoslowakei machten die Nationalsozialisten aus Terezín/Theresienstadt ein Konzentrationslager im von ihnen so genannten Protektorat Böhmen und Mähren: 1940 wurde zunächst in der Kleinen Festung ein Gestapo-Gefängnis eingerichtet; im November 1941 entstand in der Garnisonsstadt ein Sammel- und Durchgangslager zunächst vor allem für die jüdische Bevölkerung des besetzten Landes. Nach der Wannseekonferenz wurden seit 1942 in das Lager auch alte oder als prominent geltende Juden aus Deutschland und anderen besetzten europäischen Ländern deportiert. In der NS-Propaganda im Deutschen Reich wurde Theresienstadt zum »Altersghetto« verklärt und während einer kurzen Phase als angebliche »jüdische Mustersiedlung« verschiedenen ausländischen Besuchern vorgeführt. Die Belegstärke des »Altersghettos« schwankte stark: Zwischen Herbst 1942 bis Ende 1943 waren oft deutlich mehr als 40.000 Menschen dort untergebracht. Das »Theresienstädter Konzentrationslager« erfüllte vier Aufgaben: Es war Gestapo-Gefängnis, Transitlager auf dem Weg in die großen Vernichtungslager; es diente im Rahmen der Judenpolitik der Vernichtung von Menschen und – zeitweilig – der NS-Propaganda als angebliches »Altersghetto«. Ein Viertel der Gefangenen des Ghettos Theresienstadt starb dort vor allem wegen der entsetzlichen Lebensumstände. Etwa 88.000 Häftlinge wurden nach Auschwitz und in andere Vernichtungslager wie Treblinka, Majdanek oder Sobibor deportiert. Davon überlebten nur ca. 4.000 Menschen den Krieg. Unter den Toten waren auch viele tausend Kinder.

Biografie – Hanuš Hron

Ing. Hanuš Hron (geb. als Hanuš Weinstein) wurde am 18. Juni 1925 in Teplice in eine assimilierte jüdische Familie geboren. Sein Vater arbeitete als Arzt, seine Mutter als Pflegerin. Hanuš wuchs in Most auf, wo seine Schwester Anna zwei Jahre später geboren wurde. Ihre Eltern stammten aus dem deutschsprachigen Raum, beide Kinder besuchten jedoch eine tschechische Schule und beide Sprachen wurden zu Hause gesprochen. In der deutsch-tschechischen Umgebung lebte die Familie ein friedliches Leben, aber nach der Besetzung des Sudetenlandes im Herbst 1938 änderte sich die Situation erheblich und sie beschlossen, nach Prag zu ziehen. Hier beschloss die Familie, nach Amerika auszuwandern, aber diese Bemühungen waren am Ende nicht erfolgreich. Eine andere Option für die Auswanderung - Shanghai - war näher an der Umsetzung, aber am Ende gelang es nur dem Vater auszuwandern, die Erlaubnis für den Rest der Familie kam nicht rechtzeitig an. Im Dezember 1941 wurden Hanuš und seine Schwester, sein Bruder und seine Mutter zum Transport nach Theresienstadt gerufen. Er lebte mit Männern in der Sudetenkaserne und arbeitete als Schlosser. 1944 meldete er sich freiwillig für ein Kommando, das in das Lager Wulkow ging, was seine Schwester und Mutter vor der Deportation in das Konzentrationslager Auschwitz rettete. Die Bedingungen im Lager Wulkow waren nicht einfach, aber die Gruppe konnte nach einem halben Jahr nach Theresienstadt zurückkehren. 1945 endete der Krieg und Hanuš Weinstein wurde befreit. Er veränderte seinen Namen auf Hanuš Hron, wegen der starken antideutschen Stimmung nach dem Krieg. 1945 wurde er auch Mitglied der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei (KSČ). In den 50. Jahren des 20.Jh., nach dem Prozess mit Rudolf Slánský und dem Aufstieg des Antisemitismus, wurde er aus der Partei ausgeschlossen.

Nach dem Krieg kehrten Hanuš Hron und seine Familie nach Prag zurück, wo die Familie ihre Wohnung und ihr gesamtes Eigentum zurückbekam. 1946 kehrte auch Hanušs Vater aus Shanghai zurück. Die meisten Verwandten wurden aber während des Krieges ermordet. Später absolvierte Hanuš Hron die Bergbauschule in Ostrava und extern auch die Hochschule. Er arbeitete dann viele Jahre als Arbeiter in Ostrava und Most. Hanuš Hron hat drei Kinder und lebt in Nejdek bei Karlovy Vary.


Kontakt

Sächsisches Staatsministerium für Kultus

Pressesprecher Dirk Reelfs
Telefon: +49 351 564 65100
Telefax: +49 351 564 65019
E-Mail: presse@smk.sachsen.de
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