SmartBrainOP soll Operationen am offenen Hirn sicherer machen

19.03.2020, 11:00 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)

Wissenschaftsministerium fördert Forschungsvorhaben mit rund 490.000 Euro

SmartBrain OP ist der Kurztitel eines Kooperationsvorhabens zwischen dem Institut für Grundlagen der Elektrotechnik und Elektronik der TU Dresden und der Medizinischen Fakultät der TUD, das das Wissenschaftsministerium mit rund 490.000 Euro fördert. Dahinter verbirgt sich ein intelligentes Echtzeit-Bildgebungsverfahren für die Neurochirurgie, das Chirurgen unterstützen und Operationen am offenen Hirn für Patienten sicherer machen soll. Wissenschaftsminister Sebastian Gemkow: »Ich freue mich über dieses fakultätsübergreifende Projekt an der TU Dresden, dessen Ergebnisse direkt den betroffenen Patienten zu Gute kommen werden. Der Freistaat setzt - unabhängig von der aktuellen durch Corona verursachten Krise - weiterhin wichtige Schwerpunkte bei der Finanzierung der Universitätsmedizin in Leipzig und Dresden. Dazu gehört neben der Ausbildung von angehenden Ärzten und einer Krankenversorgung auf höchstem Niveau auch eine exzellente medizinische Forschung. Dafür sind allein für dieses Jahr im Haushalt 163 Millionen Euro eingestellt.«
Zur Planung einer Operation am offenen Hirn gehört es, im Vorfeld Bilddaten des Patienten mit bildgebenden Verfahren wie etwa Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) zu erfassen. Dies erlaubt dem Chirurgen mit der Neuronavigation, einem computergestützten Operationsverfahren, die räumliche Orientierung während des Eingriffs. Die festgestellte Lage des Tumors ist damit intraoperativ für den Chirurgen sichtbar. Das Problem: Durch den operativen Eingriff ändert sich die Lage des Gehirns (Brainshift) und reduziert die Genauigkeit der Neuronavigation. Dieses erschwert das Erkennen der exakten Tumorgrenzen.

Das Ziel des Forschungsvorhabens SmartBrainOP, das bis Mitte 2022 abgeschlossen sein wird, ist die Entwicklung, Verbesserung und Evaluation eines intelligenten Systems für die hochauflösende, funktionelle Visualisierung der Hirnrinde bei neurochirurgischen Eingriffen. Die eingesetzten Methoden wurden in ersten Pilotstudien erprobt und mehrfach erfolgreich im klinischen Umfeld angewendet. Das geplante Projekt soll nun die bisherigen Untersuchungen mit einer umfangreichen Evaluation und Optimierung des Systems abschließen. Durch die innovative intraoperative Bildgebung sollen die Chirurgen während einer OP bei der Orientierung und Entscheidungsfindung unterstützt werden. Das wird die Wahrscheinlichkeit für Komplikationen bei Eingriffen reduzieren, den Nachsorgeaufwand verringern und damit insgesamt die Patientensicherheit erhöhen.
Die Klinik und Poliklinik für Neurochirurgie (Leitung Prof. Dr. med. Gabriele Schackert), die Arbeitsgruppe Klinisches Sensoring und Monitoring (Leitung Prof. Dr. Edmund Koch) und das Institut für Grundlagen der Elektrotechnik und Elektronik (Leitung Prof. Dr. phil. nat. habil. Ronald Tetzlaff) werden in diesem Projekt ihre erfolgreiche Zusammenarbeit der letzten Jahre weiter fortsetzen.

Gabriele Schackert, Professorin für Neurochirurgie an der Medizinischen Fakultät TU Dresden: »Bei der operativen Behandlung von Patienten mit Hirntumoren ist die möglichst vollständige Tumorentfernung die wichtigste Voraussetzung für einen bestmöglichen Krankheitsverlauf. Gleichzeitig entscheidet das unbedingte Vermeiden funktioneller Ausfälle über die Lebensqualität der Betroffenen nach der Operation. Mit dem neuen Forschungsvorhaben wollen wir sowohl die oftmals schwer erkennbaren Grenzen der Hirntumoren als auch wichtige funktionelle Hirnregionen und Bahnensysteme für den Neurochirurgen unter der Operation sichtbar machen, um das bestmögliche Ergebnis für unsere Patienten zu erreichen.«
Edmund Koch, Professor für Klinisches Sensoring und Monitoring an der Medizinischen Fakultät der TU Dresden: »Der Einsatz von optischen Methoden erlaubt intraoperativ die Erkennung von Regionen mit wichtigen Hirnfunktionen, wie Motorik und Sensorik sowie die Abgrenzung von Tumorgewebe. Die Ergänzung der eingesetzten Operationsverfahren mit diesen zusätzlichen Informationen ermöglicht eine zuverlässigere Schonung der essentiellen Hirnregionen und gleichzeitig eine umfassende Entfernung von Tumorgewebe. Wir hoffen dadurch den Chirurgen in seinen Therapieentscheidungen bestmöglich unterstützen zu können und damit das Outcome der Patienten zu verbessern.«
Ronald Tetzlaff, Professor für Grundlagen der Elektrotechnik und Elektronik an der TU Dresden: »In der intraoperativen Erkennung von bestimmten Regionen des menschlichen Gehirns sollen Verfahren der Analyse und Verarbeitung von Bilddaten entwickelt werden. Mittels einer komplexen Signalverarbeitung, unter Berücksichtigung der durch Puls und Atmung hervorgerufenen Bewegungen des Gehirns, soll dem Chirurgen in der Zukunft eine wirkungsvolle Unterstützung bereitgestellt werden. Dieses Forschungsvorhaben aber auch weitere zukünftige sächsische Projekte bieten die Chance, dass durch eine hochgradige interdisziplinäre Zusammenarbeit der Elektrotechnik mit der Medizin auch unter Einbindung von innovativen Methoden der künstlichen Intelligenz neuartige Technologien entwickelt werden und im Rahmen einer erheblich verbesserten Behandlung von Patienten ihren Einsatz finden.«


Kontakt

Sächsisches Staatsministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus

Pressesprecher Falk Lange
Telefon: +49 351 564 60200
E-Mail: falk.lange@smwk.sachsen.de
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