Nach Sturm „Herwart“: Kammloipe wieder frei

20.12.2017, 10:32 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)

Waldzustandserhebung zeigt auch 2017: Sachsens Wald geht es gut

„Die Ergebnisse der Waldzustandserhebung aus diesem Sommer sind insgesamt annähernd gleich erfreulich wie schon 2016“, das sagte Umweltminister Thomas Schmidt heute (20. Dezember 2017) bei der Vorstellung des Waldzustandsberichts 2017 in Dresden-Klotzsche. „Allerdings bescherte Ende Oktober Sturm ‚Herwart‘ dem Wald und der Forstwirtschaft in dem bis dahin an Problemen eher armen Jahr mit rund 690 000 Kubikmeter Bruchholz die nach Orkan ‚Kyrill‘ bedeutendsten Sturmschäden der letzten Jahre. Kurz vor dem Weihnachtsfest gibt es in diesem Zusammenhang aber eine gute Nachricht: Auch die letzten Abschnitte der beliebten und für den Tourismus im Erzgebirge und im Vogtland wichtigen Kammloipe sind beräumt und stehen wieder für den Wintersport zur Verfügung.“

„Die Voraussetzungen für die Waldbewirtschaftung waren in diesem Jahr gut“, so Schmidt. „Vor allem die ausgeglichene Niederschlagsbilanz, vom trockeneren Mai abgesehen, hat trotz einer erhöhten Durchschnittstemperatur und der damit verbundenen zunehmenden Verdunstung für unsere Waldbäume stabile Wuchsbedingungen ergeben“.

Wichtigstes Merkmal der Waldzustandserhebung ist der Kronenzustand. „2017 betrug der mittlere Nadel- und Blattverlust über alle Baumarten und -alter hinweg 16,7 Prozent“, so der Minister. Damit liegt er im Bereich des Vorjahreswertes (16,6 Prozent) und somit weiterhin einen halben Prozentpunkt unter dem langjährigen Durchschnitt.

Das Ergebnis macht deutlich, dass die Aktivitäten der letzten zwei Jahrzehnte zur Verminderung bzw. Kompensation der Schadstoffeinträge in die Waldböden erfolgreich waren. „Eine wesentliche von der Forstwirtschaft dabei selbst organisierbare Leistung war und ist die Bodenschutzkalkung in den besonders belasteten Bereichen unserer Mittelgebirge, welche im aktuellen Waldzustandsbericht näher beleuchtet wird“, erläuterte Schmidt. „Seit mehr als 30 Jahren werden vor allem im Erzgebirge flächendeckend geschädigte Waldbestände gekalkt, um der Versauerung der Böden aus vergangenen Jahrzehnten entgegenzuwirken.“

Hinzu kämen die waldbaulichen Maßnahmen der Förster und Waldbesitzer, die ebenfalls die Regeneration unserer Wälder maßgeblich unterstützen. „Neben einer schonenden Waldpflege liegt dabei das Hauptaugenmerk auf der neuen Waldgeneration. Unser Ziel ist es ganz klar, durch aktiven Waldumbau stabile, arten- und strukturreiche, leistungsfähige Mischwälder zu schaffen“, so Schmidt.

Die Situation bei den einzelnen Baumarten wie Wuchsregionen hat sich im Jahr 2017 jedoch differenziert entwickelt, wie die zusammengefassten Ergebnisse der Waldzustandserhebung zeigen:

Allgemeiner Waldzustand 2017

Der Erfassung des Kronenzustandes der sächsischen Waldbäume im Juli und August 2017 ging aus hydrologischer Sicht ein eher durchschnittliches Jahr voraus. Die monatlichen Temperaturen lagen um 1,4 Grad über dem klimatischen Mittel (1971 bis 2000) von 12,2 Grad Celsius. Die angefallenen Niederschläge lagen geringfügig unterhalb des langjährigen Mittels. Die klimatische Wasserbilanz war weitestgehend ausgeglichen.

Im Rahmen der Waldzustandserhebung wurden an 6 792 Bäumen neben der Kronenverlichtung (Nadel- bzw. Blattverlust) und dem Vergilbungsgrad weitere Merkmale wie Blüte, Fruchtbildung, Anzahl der Nadeljahrgänge sowie biotische und abiotische Schäden aufgenommen. Neben der Bewertung des Nadel- und Blattverlustes erfolgt für jeden Baum die Einordnung in eine der fünf Schadstufen anhand des Nadel- bzw. Blattverlustes sowie von Verfärbungen. Danach weisen im aktuellen Berichtsjahr 16 Prozent der Waldbäume eine deutliche Beeinflussung (Schadstufe 2 bis 4), 41 Prozent eine schwache Beeinflussung (Schadstufe 1) und 43 Prozent keine erkennbare Beeinflussung des Kronenzustandes (Schadstufe 0) auf. Die Werte weichen nur geringfügig von den Vorjahreswerten ab.

Fichte

Der mittlere Nadelverlust der Fichten verweilt in den letzten Jahren auf einem konstant niedrigen Niveau. Mit 15,2 Prozent in diesem Jahr ist der Wert im Vergleich zum Vorjahr (15,9 Prozent) weiter gesunken. Die relevanten Schadorganismen sind, wie auch in den Vorjahren, die Borkenkäferarten. Der kontinuierliche Anstieg der jährlichen Befallsmengen der vergangenen Jahre setzte sich fort. Die für den Buchdrucker optimalen Witterungsbedingungen führten zu einem weiteren Anstieg seiner Flug- und Befallsaktivitäten. Mit Stand Oktober 2017 wurden mehr als 58 000 Kubikmeter Stehendbefall durch ihn registriert. Das waren im Vergleich zum Vorjahreszeitpunkt 26 000 Kubikmeter mehr.

Fast ein Drittel des landesweit registrierten Buchdruckerbefalls entfällt auf Fichtenbestände im Nationalpark „Sächsische Schweiz“ (NLP) und hier besonders auf den Ruhebereich. Dort ist im Jahr 2018 eine weitere Intensivierung des Borkenkäferbefalls zu erwarten. Das Sturmholz im Landeswald wird im Wesentlichen bis zum Frühjahr 2018 planmäßig aufgearbeitet sein, so dass der Großteil des brutfähigen Materials bis zum ersten Käferflug entfernt wird.

Kiefer

Verglichen mit dem Vorjahreswert stieg der Nadelverlust der Kiefern in diesem Jahr geringfügig um 1,2 Prozentpunkte auf 16,2 Prozent an. Er liegt damit geringfügig über dem langjährigen Mittel der gesamten Zeitreihe von 1991 bis 2016. Die letzte Massenvermehrung des Schmetterlings Nonne liegt wenige Jahre zurück und führte zu fraßbedingten Nadelverlusten. Die betroffenen Bestände konnten sich in den Jahren 2016 und 2017 ausreichend regenerieren. Die Populationen der Schmetterlinge Forleule und Kiefernspanner waren während der Winterhalbjahre lokal erhöht. Eine konkrete Gefährdungssituation in den Folgemonaten dieses Jahres konnte bei weiteren Überwachungsschritten nicht festgestellt werden.

Sonstige Nadelbäume

Der deutliche Trend steigender Nadelverluste in der Gruppe der sonstigen Nadelbäume hält unvermindert an und stieg auf den bisherigen Maximalwert von 19,3 Prozent an. Der steigende Trend bei der Kronenverlichtung trägt teilweise dem stetig steigenden Durchschnittsalter in dieser Baumartengruppe Rechnung. Der Befall von Lärchenbeständen durch die Lärchenminiermotte stieg, wie schon im Jahr 2016, auch in diesem Jahr nochmals geringfügig an.

Eiche

Im Vergleich mit den anderen Baumarten kamen die Eichen in den vergangenen zwei Jahren gut mit der Witterung zurecht. Dieser positive Trend der letzten drei Jahre kehrte sich aber in diesem Jahr um. Die mittleren Blattverluste stiegen im Vergleich zum Vorjahr um fast sechs Prozentpunkte auf 25,5 Prozent an. Vor allem der Anteil der deutlich geschädigten Eichen vervielfachte sich von 15 auf 41 Prozent. Gründe für die Verschlechterung des Kronenbildes sind in erster Linie biotische Faktoren wie Mehltau und Blattbräune sowie Fraßschäden durch Frostspanner- und Wicklerarten. Starke Schäden treten aber nur sehr lokal und vereinzelt an Eichenarten auf. Das örtlich begrenzte Auftreten des Eichenprozessionsspinners konnte erneut bestätigt werden. Außerdem wurden im Vogtlandkreis erstmalig Falter abseits der bisherigen Befallsgebiete registriert.

Buche

Bei der Rotbuche fiel der mittlere Blattverlust um fast vier Prozentpunkte auf 20,3 Prozent. Der Anteil deutlich geschädigter Buchen lag in diesem Jahr bei 31 Prozent und damit 16 Prozent niedriger als im Jahr 2016. Die intensive Fruktifikation im vergangenen Jahr führte zu einer lichteren Belaubung. Dies spiegelte sich auch in den Daten der Waldzustandserhebung wieder. Im Jahr 2017 war dagegen nur an einzelnen Bäumen ein leichter Fruchtbehang feststellbar.

Sonstige Laubbäume

Die Gruppe der sonstigen Laubbäume wird dominiert von der Birke, die im Vergleich zu Eiche und Buche deutlich häufiger vorkommt. In diesem Jahr sanken die Blattverluste der sonstigen Laubbäume auf 17,5 Prozent (2016: 19,2 Prozent) und erreichten damit den niedrigsten Wert seit 20 Jahren. Mehr als zwei Drittel der Bäume zeigten keinen Fruchtbehang, an lediglich sechs Prozent konnte eine mittlere bis stärkere Ausbildung beobachtet werden.

Regionale Besonderheiten

Die in den Wuchsregionen sichtbaren Trends unterstreichen die in den vergangenen Jahren eingetretene Veränderung der Belastungssituation. Die vor allem in den oberen Lagen des Erzgebirges aufgetretenen hohen Belastungen durch atmosphärische Stoffeinträge nahmen aufgrund der restriktiven Luftreinhaltepolitik und den anhaltenden Anstrengungen bei der Sanierung der stark versauerten Waldböden (Bodenschutzkalkung) ab. In der waldreichsten Wuchsregion Sachsens wurden noch bis zum Jahr 1999 überdurchschnittlich hohe Kronenverlichtungen registriert. Heute gehört das Erzgebirge zu den Regionen mit unterdurchschnittlichen Nadel- und Blattverlusten.

Das Elbsandsteingebirge und das Zittauer Gebirge, das Lausitzer Hügelland und Becken und das Vogtland weisen einen gegensätzlichen Trend auf. Zu Beginn der Zeitreihe lagen die Werte in diesen Regionen unter dem sächsischen Durchschnitt. Seit dem Trockenjahr 2003 stiegen die Werte dagegen vermehrt über den Durchschnitt. Das Vogtland weist hierbei die höchsten Nadel- und Blattverluste auf (18,1 Prozent).

Das Mittelsächsische Lößhügelland und Erzgebirgsvorland sowie das Westliche und das Östliche Tiefland lassen keinen eindeutigen Trend erkennen. Zeitlich versetzt wechseln sich Phasen hoher und niedriger Nadel- und Blattverluste ab. Seit dem Rückgang der Immissionsbelastungen in den frühen 90er Jahren sind abwechselnd biotische Einflussfaktoren (Insekten- und Pilzbefall) sowie ungünstige Witterungsperioden (Trockenheit) vorherrschende Ursachen der Stressbelastung. Im westlichen Tiefland ging die Trockenheit des Sommers 2015 mit dem höchsten Durchschnittswert (Nadel-/Blattverlust = 21,3 Prozent) aller Wuchsregionen einher, nach kurzer Erholung im Jahr 2016 musste im Jahr 2017 erneut ein Höchstwert von 22,7 Prozent festgestellt werden. Dies geht mit wiederkehrenden sommerlichen Trockenperioden in den vergangenen Jahren einher.

Bodenschutzkalkung

Als Reaktion auf die langjährigen immensen Säureeinträge im sächsischen und tschechischen Erzgebirge werden auf sächsischer Seite seit dem Jahr 1986 flächendeckend Kalkungen geschädigter Waldbestände durchgeführt. Den massiven Austrägen von Magnesium und Calcium mit sauren Bodenwässern und der insbesondere in den Fichtenwäldern im Westerzgebirge bis Anfang der 2000er Jahre sichtbaren Mangelernährung wird durch die Zufuhr natürlichen Dolomitgesteinmehls entgegengewirkt. Ziel ist es, die geschädigten Waldböden vor weiterer Versauerung durch die eingetragenen Säuren zu schützen.

Herbststurm „Herwart“

Der Herbststurm "Herwart" hat am Sonntag, dem 29. Oktober 2017, mit seinen Orkanböen in Sachsen mehr als 690 000 Kubikmeter Windwurfholz verursacht. Seine Auswirkungen sind im Waldzustandsbericht wegen der bereits im Juli und August stattfindenden Datenerhebungen nicht berücksichtigt. Allein im vom Staatsbetrieb Sachsenforst bewirtschafteten Staatswald wird mit einer Schadholzmenge von mehr als 540 000 Festmetern gerechnet. Das entspricht fast der Hälfte seines jährlichen regulären Holzeinschlages. Weitere fast 150 000 Festmeter Schadholz haben private und kommunale Waldbesitzer zu beklagen. Regionale Schwerpunkte liegen im Wald von Erzgebirge und Vogtland, in den Forstbezirken Marienberg, Adorf und Bärenfels. Hauptsächlich sind Fichten den heftigen Orkanböen (Fichtelberg: bis 176 km/h) in den mittleren und oberen Lagen des Erzgebirges auf durchnässten Böden zum Opfer gefallen.

Die Schadensbeseitigung ist sofort mit Hochdruck begonnen worden. Das Waldwegenetz ist in der Regel schon wieder nutzbar. Das Beräumen der geschädigten Bäume von den Waldflächen selbst soll möglichst bis Februar/März 2018 abgeschlossen sein. Ziel ist es, alles für den Borkenkäfer potenziell brutfähige Material rechtzeitig aus dem Wald zu entfernen. Private und körperschaftliche Waldeigentümer haben die Möglichkeit, sich zur Beseitigung von Sturmschäden vom Staatsbetrieb Sachsenforst beraten und unterstützen zu lassen.

Nach Beseitigung akuter Gefahren und Beräumung des Schadholzes ist die nächste wichtige Aufgabe, die geschädigten Waldflächen im kommenden Frühjahr bzw. Herbst wieder aufzuforsten. Ziel sind stabile, arten- und strukturreiche, leistungsfähige Mischwälder, die auch Stürmen wie "Herwart" in Zukunft besser standhalten können.

www.wald.sachsen.de

www.sachsenforst.de


Kontakt

Sächsisches Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft

Pressesprecher Robert Schimke
Telefon: +49 351 564 20040
Telefax: +49 351 564 20007
E-Mail: robert.schimke@smekul.sachsen.de
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