Den Opfern einen Namen geben

28.08.2017, 15:12 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)

Opferdatenbank der Gedenkstätte Großschweidnitz vorgestellt

Während des Zweiten Weltkriegs wurden tausende Psychiatriepatienten der ehemaligen Heil- und Pflegeanstalt Großschweidnitz Opfer der nationalsozialistischen Tötungsverbrechen.

Im Rahmen des Forschungsprojektes »Opferdatenbank« wurden alle Patientenakten gesichtet, ausgewertet und die Namen der Patienten in der Datenbank erfasst. Damit soll an die Schicksale der Opfer erinnert werden.

Staatsministerin Barbara Klepsch stellte gemeinsam mit Projektleiterin Maria Fiebrandt die nun erstellte Opferdatenbank und die im Zuge des Projektes gewonnenen neuen Erkenntnisse zum NS-Krankenmord in Großschweidnitz vor.

»Es ist wichtig, den vielen Opfern einen Namen zu geben und deren Geschichte zu erzählen. Solche Erinnerungsprojekte sind wichtig, um das Unbegreifliche auch für die nächste Generation greifbar zu machen. So wird es auch jungen Menschen besser möglich, sich damit auseinanderzusetzen«, betonte Staatsministerin Barbara Klepsch.

Auch der bekannte Künstler Gerhard Richter ist Großschweidnitz auf Grund eines Familienschicksals verbunden. Dessen Tante Marianne Schönfelder ist eines der Opfer von Großschweidnitz, deren Schicksal im Rahmen des Forschungsprojektes untersucht wurde. Mit der Diagnose Schizophrenie wurde sie als junges Mädchen zwangssterilisiert und am 16. Februar 1945 in Großschweidnitz ermordert.

Gerhard Richter unterstützt den Aufbau einer Gedenkstätte für die Opfer der Euthanasie-Morde in Großschweidnitz mit einer Fotofassung seines weltbekannten Bildes »Tante Marianne«. Diese Fotofassung wird der Gedenkstätte nach Fertigstellung als Dauerleihgabe zur Verfügung gestellt wird.

»Gerhard Richter ist mit Großschweidnitz auf Grund seines Familienschicksals verbunden und hat mit dem Bild »Tante Marianne« ein Opfer der Euthanasieverbrechen unsterblich gemacht. Ich danke dem Künstler für dieses Engagement«, sagte Staatsministerin Barbara Klepsch.

»Für den Verein Gedenkstätte Großschweidnitz ist diese Dauerleihgabe eine besondere Anerkennung der bisherigen Bemühungen um einen würdigen Gedenkort«, betonte Projektleiterin Maria Fiebrandt.

In der Opferdatenbank sind die während des Zweiten Weltkriegs in der ehemaligen Landesanstalt Großschweidnitz verstorbenen beziehungsweise im Rahmen der nationalsozialistischen Krankenmorde getöteten Patienten erfasst. Dazu wurden in den vergangenen zwei Jahren von insgesamt sieben verschiedenen Bearbeitern alle im Sächsischen Hauptstaatsarchiv Dresden aufbewahrten Patientenakten gesichtet, ausgewertet und in der Datenbank erfasst. In einigen Fällen fehlten jedoch Patientenakten. Durch die Auswertung weiterer Unterlagen konnten 5.539 der 5.573 in Großschweidnitz verstorbene Patienten namentlich ermittelt werden. Hinzukommen weitere ca. 250 bei Kriegsende evakuierte Patienten, deren Schicksal teilweise noch ungeklärt ist.

Großschweidnitz diente sowohl als Zwischenanstalt für die Verlegung nach Pirna-Sonnenstein und war ebenso an der direkten Tötung von Patienten durch Mangelernährung, Medikamente und gezielte Vernachlässigung beteiligt.

Das im Nachgang des Projektes entstandene Gedenkbuch erinnert nun namentlich an diese Toten. Ihre Namen sollen schließlich auch in das Gedenkbuchprojekt der Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein/Stiftung Sächsische Gedenkstätten einfließen, die, ebenso wie das Sächsische Hauptstaatsarchiv Dresden, die Arbeit wesentlich unterstützt hat. Maria Fiebrandt unterstrich, dass die Ergebnisse des Projektes ein wichtiger Baustein für die memoriale Gestaltung des ehemaligen Anstaltsfriedhofes und die Konzeption der zukünftigen Dauerausstellung sind. Mit Hilfe der Opferdatenbank können zudem Anfragen Angehöriger nun zügig und fundiert beantwortet werden.

Das Projekt »Opferdatenbank Großschweidnitz« wurde vom Sächsischen Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz mit 42.929 Euro gefördert.


Kontakt

Sächsisches Staatsministerium für Soziales und Gesellschaftlichen Zusammenhalt

Pressesprecherin Juliane Morgenroth
Telefon: +49 351 564 55055
Telefax: +49 351 564 55060
E-Mail: presse@sms.sachsen.de
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