Dr. Eva-Maria Stange: „Blick auf Vertreibung und Flucht der Juden 1938 lässt uns Schicksale heutiger Flüchtlinge besser verstehen“
26.10.2016, 16:00 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)
Wissenschaftsministerin bei Internationaler Tagung am Simon-Dubnow-Institut der Universität Leipzig
„Flucht war für viele Juden in Deutschland im Jahr 1938 die einzig verbliebene Hoffnung, um während der Zeit des Nationalsozialismus ihr Leben zu retten. Der Blick auf das Jahr 1938 und in die Geschichte unseres Landes lässt uns besonders sensibel werden, für das Schicksal von Flüchtlingen – gerade in der heutigen Zeit.“ Das erklärt Wissenschaftsministerin Dr. Eva-Maria Stange zur Eröffnung der internationalen Tagung „1938 Migration and Flight“, die heute am Simon-Dubnow-Institut der Universität Leipzig begann.
Im Mittelpunkt der in Zusammenarbeit des Leipziger Simon-Dubnow-Instituts und des Leo Baeck Instituts veranstalteten Tagung steht inhaltlich das Jahr 1938. Es gilt als der entscheidende Zeitpunkt in der Geschichte von Migration und Flucht der mittel- und osteuropäischen Juden. Der Workshop soll die Dynamik der Ereignisse im Jahr 1938 neu beleuchten. Zugleich widmet sich das Forschertreffen angesichts der aktuellen Debatten über Massenflucht und Migration auch den Unterschieden und Gemeinsamkeiten zwischen 1938 und der gegenwärtigen Migrationskrise in Europa.
„Wenn Menschen heute um Leid und Leben fürchten müssen, vor Krieg, Gewalt und Terror oder Perspektivlosigkeit in ihren Heimatregionen fliehen, dann sind auch wir gefragt: Welchen Schutz und welche Hilfe können und wollen wir als Gesellschaft insgesamt gewähren?“, fragt Ministerin Stange. Der Freistaat Sachsen habe im vergangenen Jahr etwa 69.900 Menschen in Erstaufnahmeeinrichtungen aufgenommen. Doch staatliches Handeln allein genüge jedoch nicht. „Viele Menschen haben sich ehrenamtlich engagiert. Unsere Hochschulen, Forschungs- und Kultureinrichtungen geben Menschen aus aller Welt die Möglichkeit, zu studieren, zu lernen, zu forschen oder künstlerisch tätig zu werden“, anerkennt die Ministerin. Sie ergänzt: „Gerade weil wir noch viel Arbeit vor uns haben, weil es zu viele Menschen in unserem Land gibt, die Fremdenhass und Ängste schüren oder Vorurteile öffentlich auch durch eine verrohte Sprache hegen, sind wir dankbar für Initiativen und Kooperationen, wie die des Simon-Dubnow-Instituts. Denn es gehört nicht nur zu unseren Aufgaben, sich intensiv mit der Zeit des Nationalsozialismus und mit dem Holocaust auseinanderzusetzen, sondern ebenso mit jüdischer Geschichte und Kultur in einer breiteren chronologischen und räumlichen Perspektive.“