Schicksale machen Unbegreifliches greifbar
29.12.2015, 10:31 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)
Sozialministerium fördert Erinnerungsprojekt der Gedenkstätte Großschweidnitz e. V.
5.700 Psychiatriepatienten sind in der ehemaligen Landesanstalt in der Zeit des Nationalsozialismus verstorben oder wurden ermordet. Im Gedenken an die Opfer und zur Erinnerung an deren Schicksal wird nun die Geschichte der ehemaligen Landesanstalt Großschweidnitz aufgearbeitet
»Es ist wichtig, die Greuel aus der nationalsozialistischen Vergangenheit weiter aufzuarbeiten. Die Schicksale der Opfer geben den begangenen Verbrechen ein Gesicht, machen das Unbegreifliche auch für die jüngere Generation greifbar. Deshalb ist es wichtig, dass diese nun in den Blick der Öffentlichkeit gelangen«, erklärte Staatsministerin Barbara Klepsch.
Die Gedenkstätte Großschweidnitz e. V. hat dazu in einem ersten Schritt im Dezember 2015 mit der namentlichen Erfassung aller zwischen 1939 und 1945 verstorbenen oder ermordeten Psychiatriepatienten begonnen. Bis Ende 2016 sollen dann alle der über 5.700 Patienten, deren Namen und Biografien bislang größtenteils unbekannt sind, in einer Datenbank erfasst sein.
In Kooperation mit der Stiftung Sächsische Gedenkstätten/Gedenkstätte Pirna-Sonnenstein werden die im Sächsischen Hauptstaatsarchiv Dresden verwahrten Patientenakten von Historikern ausgewertet.
Die Namen der Opfer sollen schließlich in das Gedenkbuch für die sächsischen Opfer der NS-Krankenmorde aufgenommen werden, um an die in Großschweidnitz zu Tode gekommenen Patienten namentlich zu erinnern und diesen Menschen gedenken zu können.
Das Projekt ist für die Gedenkstätte ein zentrales Vorhaben. Es wird mit knapp 43.000 Euro durch das Sächsische Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz gefördert.
Langfristig soll auf dem ehemaligen Anstaltsfriedhof Großschweidnitz für die dort heute namenlos Ruhenden ein würdiger Gedenkort entstehen.
Möglich wurde die Umsetzung dieses für die Gedenkstätte zentralen Vorhabens durch die Förderung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales und Verbraucherschutz (SMS) im Rahmen eines Interessenbekundungsverfahrens für »Projekte zur Erinnerungskultur für den Ersten und Zweiten Weltkrieg als Teil der historisch-politischen Bildung im Freistaat Sachsen«.
Mit dem Vorhaben wird die Grundlage für die künftige Dauerausstellung und die historisch-politische Bildung der noch im Aufbau befindlichen Gedenkstätte Großschweidnitz gelegt. Zugleich können damit die zunehmenden Anfragen von Angehörigen präziser und schneller beantwortet werden. Durch die begleitende Forschung zur Geschichte der Landesanstalt Großschweidnitz im Nationalsozialismus und insbesondere zum ehemaligen Anstaltsfriedhof sollen die durch überdosierte Medikamente, Vernachlässigung und systematische Unterernährung begangenen Krankenmorde umfassend aufgearbeitet werden.