Archäologen präsentieren Brunnen der Jungsteinzeit zum Tag des offenen Denkmals 2015

11.09.2015, 12:00 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)

Zu den archäologischen Bodendenkmälern, die am „Tag des offenen Denkmals“ besichtigt werden können, gehören auch zwei 7000 Jahre alte Brunnen. Sie werden am Sonntag, den 13. September, in einer Ausstellungshalle in Großstolpen präsentiert. Experten des Landesamtes für Archäologie erklären den Besuchern ihre Forschungen und stellen erste Untersuchungsergebnisse vor. Die Brunnen wurden bei Ausgrabungen im Abbaufeld Peres des Tagebaus Vereinigtes Schleenhain gefunden und als Ganzes im Block geborgen. In einer großen Lagerhalle werden sie momentan unter Laborbedingungen untersucht.

Die über 7000 Jahre alten Brunnen aus der Jungsteinzeit gehören nachweislich zu den ältesten Holzbauwerken in Europa. Archäologen, Zoologen, Botaniker, Bodenkundler und Geologen öffnen mit Hilfe wissenschaftlicher Methoden ein Fenster in eine ferne Vergangenheit und entdecken immer wieder Neues und Erstaunliches aus der Lebenswelt der ersten Bauern in Sachsen. Die Ausgrabung der beiden imposanten Objekte wird umrahmt von einer modern gestalteten Ausstellung, die in die Epoche der frühen Jungsteinzeit (Periode der Linienbandkeramik) einführt und weitere Grabungsfunde vorstellt.

Bei einer heutigen Vorabpräsentation informierten sich der Wissenschaftsstaatssekretär Uwe Gaul, die Landesarchäologin Dr. Regina Smolnik, der Kaufmännische Geschäftsführer MIBRAG, Dr. Bernd-Uwe Haase, Landrat Henry Graichen und die Bürgermeister von Groitzsch und Neukieritzsch, Maik Kunze und Thomas Hellriegel, über die ersten Ergebnisse und die Ausstellung. Danach erklärte Staatssekretär Uwe Gaul beeindruckt: „Ich hatte heute bereits die Gelegenheit, die archäologischen Grabungsflächen im Abbaufeld Peres zu besuchen und mir die Vorgehensweise dort erklären zu lassen. Ich denke, es ist nicht selbstverständlich, dass die Arbeitsergebnisse so unmittelbar der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und in einer eigens dafür konzipierten Ausstellung noch während der laufenden Arbeiten vorgestellt werden.“ Er ergänzte: „Dies ist jedoch keine alltägliche Ausstellung: In dieser Halle werden nicht nur archäologische Funde und ihr zeitliches Umfeld erklärt. Hier werden die Funde direkt vor den Augen der Besucher freigelegt. Die jungsteinzeitlichen Brunnen, die hier unter „Laborbedingungen“ im wahrsten Sinne mit dem Zahnarztbesteck ausgegraben und dokumentiert werden, zählen mit über 7000 Jahren zu den ältesten noch erhaltenen Holzbauwerken der Menschheit. Die Landesarchäologie des Freistaats Sachsen kann für sich in Anspruch nehmen, bei der detaillierten Erforschung dieser seltenen Befunde bundesweit eine Vorreiterrolle zu spielen. Dabei wird die Forschung von einer engen Zusammenarbeit verschiedener Fachdisziplinen geprägt: Archäologen, Zoologen, Botaniker, Bodenkundler und Geologen öffnen uns mit Hilfe moderner wissenschaftlicher Methoden ein Fenster in eine ferne Vergangenheit. Zum Tag des offenen Denkmals am Sonntag haben interessierte Bürgerinnen und Bürger erstmals die Möglichkeit diese beeindruckende Ausgrabung und ihre Ausstellung zu besuchen. Danach wird sie für Führungen von angemeldeten Gruppen und Schulklassen geöffnet sein. Die Besucher können den Archäologen dann bei ihrer komplizierten Arbeit direkt über die Schulter schauen und Fragen zu unserer Vergangenheit stellen.“

Landesarchäologin Dr. Regina Smolnik erklärt: „Allein 13 der insgesamt 42 linienbandkeramischen Brunnen, die bislang in Europa gefunden worden sind, befinden sich in Sachsen. Diese hohe Funddichte ergibt sich aus großflächigen Bodeneingriffen wie beispielsweise dem Tagebau, in dessen Vorfeld archäologische Untersuchungen stattfinden. Das Landesamt für Archäologie Sachsen hat sich in den letzten Jahren zu einem Kompetenzzentrum in diesem Bereich entwickelt und steht dabei im fachlichen Austausch mit vielen nationalen und internationalen Forschungseinrichtungen.“ Die Landesarchäologin beschreibt: „Voraussetzung für die Gewinnung wertvoller Informationen zu den Werkzeugen und Bearbeitungstechniken der Zeit um 5100 v. Chr., die Nutzungsgeschichte der Brunnen und die Lebensumwelt der damaligen Menschen, die sich v. a. in botanischen und tierischen Überresten widerspiegelt, ist die sorgfältige und präzise Ausgrabung der Objekte. Für die notwendigen Analysen der Brunnen sind aber nicht nur archäologische Fachkenntnisse erforderlich, sondern auch viele naturwissenschaftliche Untersuchungen. Mit einem engmaschigen Netzwerk ist es uns gelungen, verschiedene Disziplinen in die Auswertungen einzubinden. Die Forschungsergebnisse liefern uns vielfältige Informationen über Lebensbedingungen, Wirtschaft, Natur und Umwelt in der Jungsteinzeit.“ Frau Dr. Smolnik begründet, warum bereits eine Ausstellung für die Öffentlichkeit eingerichtet wurde: „Wir wissen, dass gerade diese frühen Zeugnisse der Besiedlung Sachsens auf großes Interesse bei der Bevölkerung stoßen. Mit der Gelegenheit, den ausgrabenden Kollegen über die Schulter zu blicken, möchten wir der Öffentlichkeit unsere spannende Arbeit vorstellen und sie an dieser besonderen Untersuchung unmittelbar teilhaben lassen. Vor allem Schulklassen möchten wir einladen, uns zu besuchen und sich mit diesen beeindruckenden Zeugnissen der Vergangenheit zu beschäftigen. Die Ausstellung ist zusammen mit dem Studio Kernland als inhaltlich erweiterbare, ‚work-in-progress-Ausstellung‘ konzipiert worden. Die Besucher können den jeweils aktuellen Stand der Ausgrabung live miterleben und neue Funde werden sofort als Objekt oder als Foto eingebunden. Das Zustandekommen der Ausstellung in dieser Form verdanken wir der großzügigen und unkomplizierten Unterstützung der MIBRAG, der wir für die jahrelange, reibungslose Zusammenarbeit danken möchten.“

Dr. Bernd-Uwe Haase, Kaufmännischer Geschäftsführer MIBRAG, bemerkt: „Es ist eine einmalige Chance, die MIBRAG der archäologischen Wissenschaft mit der Förderung von Braunkohle bietet. Vorübergehend wird der Blick in die Tiefe und in die Vergangenheit frei, werden Zeitfenster der Erd- und Menschheitsgeschichte geöffnet. Im Vorfeld unserer Tagebaue werden die Zeugnisse menschlicher Entwicklung wissenschaftlich untersucht und eingeordnet. So wie mit diesen etwa 7000 Jahre alten Brunnen. Das war und ist möglich, weil sich das Unternehmen seiner Verantwortung stellt und sich gesellschaftlich engagiert. Wir sind sehr gespannt auf die Ergebnisse der archäologischen Untersuchungen.“

Service:
Öffnungszeiten am „Tag des offenen Denkmals“ am 13.09.2015: 10:00 – 15:00 Uhr
Führungen zu jeder vollen Stunde bis 14:00 Uhr
Die Halle, in der die beiden Blockbergungen und die Ausstellung besichtigt werden können, befindet sich im Gewerbegebiet Großstolpen-West direkt an der B 176 (B176 1) in 04536 Groitzsch-Großstolpen.
Die Besucher werden erwartet von den Ausgräbern Dr. Harald Stäuble und Dr. Saskia Kretschmer vom Landesamt für Archäologie Sachsen.


Kontakt

Sächsisches Staatsministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus

Pressesprecher Falk Lange
Telefon: +49 351 564 60200
E-Mail: falk.lange@smwk.sachsen.de
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