Sanierung des Kirchenhauses auf Schloss Colditz abgeschlossen
16.04.2015, 14:00 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)
Mit der Sanierung des Kirchenhauses wurde ein weiterer Baustein in der Umsetzung des musealen Nutzungskonzeptes auf Schloss Colditz fertiggestellt. Im Mittelpunkt stand dabei die authentische Präsentation des Kirchenraums zu der Zeit als Gefangenenlager im 2. Weltkrieg. Raumfassung und Ausstattung sollten dabei dem Eindruck entsprechen, der sich den Inhaftierten vor über 70 Jahren darbot. Die Tunnel und Schächte der Gefangenen wurden gesichert und können heute über begehbare Verglasungen im Boden in Augenschein genommen werden. Der Freistaat Sachsen stellte für die Sanierung rund 1,8 Millionen Euro zur Verfügung. Die Arbeiten liefen unter Leitung der Niederlassung Leipzig I des Staatsbetriebes Sächsisches Immobilien- und Baumanagement im Zeitraum von Januar 2013 bis Januar 2015.
Museales und denkmalpflegerisches Ziel der Restaurierung des Kirchenraums war es, den Eindruck des Gefangenenlagers in den 1940er Jahren nicht nur räumlich und farblich wiederherzustellen, sondern auch sämtliche Gebrauchs- und Abnutzungsspuren zu erhalten. In mühevoller Arbeit wurden so die älteren Farb- und Putzschichten gesichert und gefestigt, neuere Ausbruchstellen gekittet und Fehlstellen behutsam retuschiert. Die hölzernen Emporen mussten zudem um verloren gegangene Teile ergänzt und farblich an den Bestand angepasst werden. Interessant sind hier die noch erhaltenen Häftlingsinschriften. Aus Einzelteilen wurde das Orgelprospekt auf der ersten Emporenebene rekonstruiert und für eine spätere Aufnahme der zerstörten Orgel aufbereitet. Weiterhin mussten Einbauten ergänzt oder aus Vorlagen wieder neu hergestellt werden, wie beispielsweise der bebilderte Altar, die Sakristeieinhausung, das Rednerpult und fünf Kirchenbänke. Ergänzt wird diese Raumfassung durch historisch anmutende Technikausstattungen wie Lampen, Schalter oder Steckdosen und offen verlegte Kabel.
Für den Erhalt der wertvollen Farbfassungen und Einbauten ist entsprechend einer „dynamischen Raumklimasimulation“ bereits eine geringfügige Anhebung der Raumtemperatur ausreichend. Über eine einfache Luftgebläseheizung im aufgeständerten Holzfußboden wird eine leichte Temperierung des Kirchenraums erreicht.
In den Bau wurden denkmalverträglich zahlreiche Brandschutzabschlüsse integriert und die beiden angrenzenden Renaissance-Wendelsteine als Fluchtwege ertüchtigt. Weiterhin ermöglicht eine neue Fluchttreppe (in zurückhaltender Holzkonstruktion errichtet) den Dachraum als vollwertigen Ausstellungsraum für den Colditz-Glider zu nutzen.
Der Kirchenraum steht auch für kleine Veranstaltungen und Konzerte zur Verfügung. Höhepunkt der neuen Ausstellung bildet der Nachbau des Colditz-Gliders, der am originalen Standort im Dachgeschoss aufgestellt wird. Im steilen Dachraum des Kirchenhauses wurde der wohl gewagteste Fluchtversuch aus dem ehemaligen Gefangenenlager vorbereitet. Vierzehn gefangene Offiziere konstruierten hier aus Holzdielen, Bettlaken und anderen Gebrauchsgegenständen den berühmten Colditz-Glider. Das zweisitzige Segelflugzeug wurde jedoch erst kurz vor der Befreiung des Lagers fertiggestellt, so dass es seinen Jungfernflug in das 60 Meter tiefer gelegene Muldental niemals antrat.