„Rip-Deal“ - Betrugsdelikte zum Nachteil von Unternehmen und Privatpersonen

01.02.2013, 14:17 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)

Erscheinungsbild, Begehungsweise und Vorbeugung eines neu aufgetretenen Kriminalitätsphänomens

Bundesweit mehren sich die Anzeichen für Anbahnungsversuche zu sogenannten „Rip-Deals“. Auch im Freistaat Sachsen sind erste Fälle aufgetreten. Dies möchte das Landeskriminalamt Sachsen zum Anlass nehmen, über dieses relativ neue Kriminalitätsphänomen aufzuklären.

Unter dem Begriff „Rip-Deal“ (aus dem Englischen, to rip: jemanden ausnehmen, neppen; deal = Handel, Geschäft) sind Betrugs-, Raub- und Diebstahlsdelikte zu verstehen, die alle nach einem bestimmten Muster ablaufen und deren Opfer unter anderem klein- und mittelständische Unternehmen auf der Suche nach Investoren sind. Die Begehungsweise wird gelegentlich auch „Mailänder Betrugsmasche“ genannt.

Die Täter geben meist vor, im Auftrag eines Investors aus dem Ausland zu handeln und stellen einen größeren Auftrag in Aussicht. Für die Vermittlung des Auftrags (oft in Millionenhöhe) bzw. eines Käufers wird von den angeblichen Vermittlern – den Tätern – eine Provision gefordert, die meist im sechsstelligen Eurobereich liegt. Durch häufige Kontaktaufnahme und augenscheinliches Fachwissen wird der Eindruck vermittelt, dass es sich tatsächlich um einen seriösen Interessenten handelt.

Die geschädigten Unternehmer werden zur „Geschäftsanbahnung“ nach Mailand, Paris, Amsterdam oder andere europäische Metropolen eingeladen. Durch Übernahme aller Unkosten für Flug, Hotel usw., wird eventuelles Misstrauen der Opfer abgebaut oder der in Aussicht gestellte Auftrag als so lukrativ beschrieben, dass die Unternehmer die Kosten und Mühen der Reise zur Geschäftsanbahnung nicht scheuen.

Beim Treffen vor Ort wird der Effekt durch selbstsicheres Auftreten, Einbindung mehrerer Personen (angebliche Mitarbeiter) und Vorgeben eines luxuriösen Lebensstils noch verstärkt.
Die Täterbanden unterteilen ihre Tathandlungen in Anbahnung, Verhandlung und Übergabe.

Meist wird folgender Geschäftsablauf vereinbart:
• Die Täter fordern die Hälfte ihrer „Provision“ in Euro bar vorab und geben vor, gleichzeitig die Hälfte des vereinbarten Kaufpreises (oder Auftragsvolumens) in bar zu übergeben. Es wird vorgegeben, dass das Geld zur Anzahlung des Kaufpreises aus geschäftlichen Gründen in einer anderen Währung (meist Schweizer Franken) gezahlt werden muss. Der Rest soll jeweils bei Lieferung gezahlt werden.
• Bei der Übergabe der Anzahlungen handeln meist andere Personen (angebliche „Kuriere“), da der „Chef“ terminlich verhindert sei. Ein Teil des Geldes wird den Opfern zur Prüfung überreicht; erst im Nachhinein stellt sich heraus, dass die angeblichen Schweizer Franken zum allergrößten Teil Falschgeld oder gar Zeitungspapier sind. Die geschädigten Unternehmer haben ihrerseits die Hälfte der „Provision“ in echten Euro gezahlt und bleiben auf dem Schaden sitzen, denn von den „Geschäftspartnern“ fehlt in der Folge jede Spur.

Sprachbarrieren, Ortsunkundigkeit der Geschädigten und eine erschwerte Strafverfolgung im Ausland verschaffen den Tätergruppen Vorteile. Zudem sind die Täter im europäischen Ausland äußerst mobil und benutzen gefälschte Personalien. Die meisten Täter haben ein südländisches Erscheinungsbild und sprechen relativ gut Deutsch (mit mehr oder weniger starken Akzent). Kommt ein Geschäft nicht zustande, schrecken die Täter auch nicht davor zurück, den betreffenden Geschäftsführern zu drohen.

Die Treffen mit den Geschädigten werden meist durch fünf bis sechs weitere Personen aus der Tätergruppierung im näheren Umfeld des Treffortes abgesichert und finden stets im Ausland statt.

Das Landeskriminalamt Sachsen gibt, auch basierend auf Erfahrungen anderer Bundesländer, folgende Hinweise für gefährdete Unternehmen:
• Besondere Vorsicht ist geboten, wenn ein Käufer oder Investor bereitwillig auf den vom Unternehmen veranschlagten Kaufpreis eingeht, ohne zu verhandeln.
• Misstrauen ist angesagt, wenn beispielsweise eine Kaufzusage ohne vorherige Besichtigung des Kaufobjektes erfolgen soll.
• Die Feststellung der Personalien von Geschäftspartnern ist nicht nur legitim, sondern dringend notwendig. Niemals mit einer (ausländischen) Handynummer zufriedengeben! Lassen Sie sich stets Ausweisdokumente Ihres Geschäftspartners zeigen und notieren Sie die Daten. Überprüfen Sie, wer Ihr Geschäftspartner ist und wer dahinter steht - gibt es die Firmen wirklich? Selbst falsche Internetauftritte werden von den Tätern für die Zeit der Tathandlungen erstellt und dann wieder gelöscht.
• Lassen Sie sich von dem seriösen Aussehen und Auftreten der Täter nicht beeindrucken.
• Kein Zeitdruck! Bei unseriösen Angeboten steht nur der Täter unter Zeitdruck.

• Werten Sie es als eindeutigen Hinweis auf betrügerische Absichten, wenn dem eigentlichen Verkauf insbesondere ein Devisenumtauschgeschäft vorausgehen soll. Werden Sie stutzig, wenn jemand Geld gegen Geld mit hohem Verlust tauschen möchte!
• Typisch sind kleine Einstiegsgeschäfte, um Ihr Vertrauen zu gewinnen. Lassen Sie sich von dem vermeintlich schnellen Gewinn nicht zu Folgegeschäften hinreißen.
• Je höher der versprochene Gewinn, desto mehr Vorsicht ist geboten.
• Höchste Alarmstufe besteht, wenn die Geschäftsabwicklung im Ausland stattfinden soll (Sprachprobleme, Gerichtsstand, Anzeigenerstattung).
• Erstatten Sie eine Anzeige, auch wenn Sie nur so einen hier beschriebenen Kontakt hatten, ohne geschädigt worden zu sein.

Anzeigen und Informationen nimmt jede Polizeidienststelle entgegen (persönlich, telefonisch oder per Post/Telefax), auch eine Onlineanzeige unter www.Polizei.Sachsen.de/Onlinewache ist möglich.


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