Justiz soll moderner und effizienter werden
21.09.2012, 12:46 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)
Länderübergreifende Bundesratsinitiative zur Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs gestartet
Die Länder Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hessen, Niedersachsen, und Sachsen haben heute im Bundesrat gemeinsam einen Gesetzentwurf zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs vorgestellt. Der sächsische Justizminister Dr. Jürgen Martens betonte in seiner Rede, dass die Länder bereits enorme Anstrengungen unternommen haben, um Gerichte und Justizbehörden mit modernen, IT-gestützten Arbeitsplätzen auszustatten. Justizminister Dr. Martens: „Da sich in den vergangenen Jahren der elektronische Rechtsverkehr auf rein freiwilliger Basis nicht bundesweit durchgesetzt hat, unterbreitet die vorliegende Initiative Vorschläge, die dem elektronischen Rechtsverkehr in der Justiz den nötigen Aufschwung geben sollen. Wir wollen die Effizienz steigern und Kosten reduzieren, ohne die Qualität der Rechtsprechung zu beeinträchtigen.“
Ziel ist es, den elektronischen Rechtsverkehr mit und innerhalb der Justiz zu fördern und so mehr Bürgernähe zu schaffen. Durch Vereinfachung der Signaturerfordernisse und der Kommunikationswege sowie die Schaffung eines besonderen elektronischen Anwaltspostfachs soll die elektronische Kommunikation mit den Gerichten erleichtert werden. Zugleich werden rechtliche Rahmenbedingungen für die stufenweise Einführung des flächendeckenden verpflichtenden elektronischen Rechtsverkehrs zwischen Gerichten und Rechtsanwälten sowie anderen professionellen Nutzern geschaffen. Spätestens zehn Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes soll in allen Bundesländern flächendeckend der elektronische Rechtsverkehr zwischen Gerichten und Rechtsanwälten sowie Behörden verbindlich eingeführt sein.
Es ist eine Vielzahl von Neuerungen vorgesehen, wie z. B. das elektronische Postfach für Rechtsanwälte, das mit besonderem Vertrauensschutz im elektronischen Rechtsverkehr ausgestattet ist. Der niedersächsische Justizminister Bernd Busemann: „Unter Verzicht auf eine qualifizierte elektronische Signatur kann die Anwaltschaft künftig rechtswirksam mit der Justiz kommunizieren. Daneben soll der elektronische Rechtsverkehr durch die Förderung der elektronischen Aktenführung und ein elektronisches Schutzschriftenregister (I) gestärkt werden.“
Der Gesetzentwurf wurde in einer Länderarbeitsgruppe (II) erarbeitet. Die Justizministerkonferenz hat im Juni dessen Einbringung in den Bundesrat mit breiter Mehrheit beschlossen. „Über alle Parteigrenzen hinweg haben sich Länder dem Ziel einer modernen, leistungsfähigen, zukunftsfähigen und effektiven Justiz verschrieben“, sagte der baden-württembergische Justizminister Rainer Stickelberger. „Die elektronische Kommunikation mit den Gerichten birgt für alle Beteiligten Vorteile, die wir ausschöpfen wollen. Der elektronische Rechtsverkehr bereitet den Weg zu einer moderneren und effizienteren Justiz.“
Als Vorsitzender der Justizministerkonferenz sagte der hessische Justizminister Jörg-Uwe Hahn: „Die dritte Gewalt braucht ein festes Gerüst neuer elektronischer Kommunikationswege. Justiz findet nicht im Elfenbeinturm statt. Die Justiz muss sich den fundamentalen Veränderungen stellen, wie sie das Internet mit sich gebracht hat.“
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(I) Schutzschrift ist ein Schriftsatz an ein Zivilgericht, der noch vor Beginn eines Gerichtsverfahrens eingereicht wird, um den eigenen rechtlichen und tatsächlichen Standpunkt vorsorglich darzulegen.
(II) Unter der Federführung von Baden-Württemberg, Hessen und Sachsen waren die Länder Bayern, Berlin, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, und Schleswig-Holstein an der Länderarbeitsgruppe beteiligt.