Das Haupstaatsarchiv Dresden auf dem Weg zum modernsten Archiv Deutschlands
27.05.2011, 11:31 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)
Finanzminister Prof. Dr. Georg Unland informierte sich heute zusammen mit dem Geschäftsführer des Staatsbetriebes Sächsisches Immobilien- und Baumanagement, Prof. Dieter Janosch, Ludwig Coulin, Niederlassungsleiter SIB Dresden I, und dem Direktor des Sächsischen Staatsarchivs, Dr. Jürgen Rainer Wolf, auf einem Rundgang über das aktuelle Baugeschehen im Hauptstaatsarchiv Dresden.
Finanzminister Prof. Dr. Georg Unland: „Das Hauptstaatsarchiv, eines der ältesten Archive Deutschlands, ist auf dem Weg, eines der modernsten Archive zu werden. Mit der Überdachung des Innenhofes entsteht ein neuer Publikumsbereich. Gleichzeitig schaffen wir ein für das Archivgut lebensnotwendiges, stabiles Klima in einem hundertjährigen Gebäude.“
Nachdem vor knapp drei Jahren der Neubau eines zweiten Magazingebäudes übergeben wurde, gehen die seit November 2008 unter Projektleitung des Staatsbetriebes Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (SIB) laufenden Sanierungsarbeiten an dem historischen Archivgebäude sowie dem benachbarten Verwaltungsgebäude in die Endphase.
Derzeit laufen letzte Arbeiten zum Innenausbau und der Probebetrieb der klimatechnischen Anlagen in den Magazinräumen. Ab Mitte Juni werden die Lesetische und Ausstellungsvitrinen eingebaut. Rund 26 Millionen Euro investiert der Freistaat in die Arbeiten, im August dieses Jahres soll alles fertig sein. Die Wiederaufnahme des Lesesaalbetriebs ist ab September vorgesehen. Zuvor werden sich das Archiv und seine Schätze an drei „Tagen der offenen Tür“ mit interessanten Angeboten der Öffentlichkeit präsentieren, so dass sich jeder selbst ein Bild von den neuen Räumlichkeiten machen kann.
Die beiden unter Denkmalschutz stehenden Altgebäude werden grundlegend saniert und mit neuen technischen Anlagen ausgerüstet. Sicherheit, Klima, Brandschutz und die Bedingungen zur Unterbringung von Archivgut entsprachen nicht mehr den heutigen Anforderungen. Da im Archiv selbst umfangreiche Unterlagen zur Planung und zum Bau der Gebäude lagerten, konnten viele bauliche Details originalgetreu wiederhergestellt werden.
Der Innenhof des Magazin-Altbaus wurde mit einer Stahl-Glas-Konstruktion in 21 m Höhe überdacht. Dabei kamen 17 t Stahl und 13 t Glas zum Einsatz. Die flach gewölbte Gitterschale besteht aus 136 dreiecksförmigen Einzelflächen. Die Überdachung dient einerseits der klimatischen Verbesserung des Gebäudes, gleichzeitig kann der neue Raum als Foyer genutzt werden. Um den überdachten Innenhof herum befinden sich künftig im Erdgeschoss und im ersten Obergeschoss die Archivgutausgabe, Lese- und Beratungsplätze sowie ein Filmlesesaal. An der Ecke Archivstraße/ Paul-Schwarze-Straße entsteht ein neuer Besuchereingang, der das historische Archivgebäude städtebaulich betont.
Im Magazin-Altbau (rund 8.000 qm Hauptnutzfläche) wurden klimatechnische Anlagen installiert, um die hohen Anforderungen zur Lagerung des Archivgutes zu erfüllen (18 Grad Celsius und 50 Prozent Luftfeuchte). Die historischen Fassaden wurden gereinigt und erhielten ihre ursprüngliche Farbgebung zurück. Das Dach wurde neu gedeckt, verloren gegangene gestalterische Elemente, wie die kupfernen Dachgauben, sind wieder hergestellt. Auch der historische Kartensaal und die Archivregale werden erhalten. Die rund 100 Jahre alten Regale, verteilt auf elf Geschosse, verblieben während der Bauzeit im Gebäude und wurden aufgearbeitet.
Im Verwaltungsgebäude (rund 1.600 qm Hauptnutzfläche) können durch den Umbau des Lesesaals zum Vortrags- und Ausstellungssaal (für 100 Personen) Veranstaltungen und Ausstellungen häufiger durchgeführt werden. Hierzu tragen die mobile Bestuhlung sowie mobile Vitrinen bei. Da das Archiv jetzt über zwei separate Eingänge verfügt, können Veranstaltungen jetzt auch abends, getrennt vom Archivbetrieb, stattfinden. Die historische Ausstattung des ehemaligen Lesesaals sowie das repräsentative Treppenhaus werden erhalten. Das Gebäude erhält einen Aufzug.
An der Baumaßnahme mit einer Investitionssumme von rund 41 Millionen Euro (Altbau und Neubau) sind über 80 Firmen, vorwiegend aus Sachsen, beteiligt. Die drei Gebäude sind über einen unterirdischen Gang verbunden.
Zur Historie:
Das Hauptgebäude des Archivs wurde in den Jahren 1912 bis 1915 nach einem Entwurf des Geheimen Baurats Karl Ottomar Reichelt erbaut. Die Speicherkapazität war auf 100 Jahre ausgelegt. Da die Kapazitäten besonders durch den erheblichen Archivalienzuwachs nach Übernahme der Unterlagen der aufgelösten DDR-Einrichtungen erschöpft waren und die Gebäude nicht mehr heutigen Anforderungen entsprachen, wurde 2005 ein Architektenauswahlverfahren für den Erweiterungsneubau durchgeführt. Die Planungen für den Erweiterungsneubau und für die Sanierung der Bestandsgebäude wurden durch das Hamburger Architekturbüro Schweger Associated Architects GmbH ausgeführt. Am 6. Oktober 2006 wurde mit dem ersten Spatenstich für die Baugrube mit dem Neubau begonnen. Der Erweiterungsbau des Hauptstaatsarchivs – das neue Magazin – war bereits im Mai 2008 fertig gestellt. Knapp 100 Jahre hatte, wie von den Bauherren geplant, die Speicherkapazität ausgereicht.
Der Neubau war die erste Baumaßnahme des Staatlichen Hochbaus in Sachsen in Passivbauweise. 2010 erhielt der Erweiterungsneubau des Hauptstaatsarchivs den 3. Preis des internationalen „Architekturpreises 2010 Passivhaus“.
Insgesamt entstanden in Alt- und Neubau Platz für über 60.000 laufende Meter Akten und über 400.000 Karten und Pläne. Das Hauptstaatsarchiv Dresden ist zuständig für die Überlieferungen der Ministerien des Freistaates Sachsen sowie von Gerichten, Behörden und öffentlichen Stellen im Landesdirektionsbezirk Dresden. Sein Bestand umfasst über 47.000 laufende Meter Akten und Amtsbücher, ca. 53.000 Urkunden, über 360.000 Karten und Pläne sowie zahlreiche andere Archivalien. Die Überlieferung reicht von der ältesten Urkunde aus dem Jahr 948 bis in die jüngste Gegenwart. Mit über 9.000 Benutzungen im Jahr gehört es zu den gefragtesten Archiven in Deutschland.