Gemeinsame Sitzung der Kabinette von Sachsen-Anhalt und Sachsen

17.08.2010, 14:01 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)

Landesregierungen vereinbaren enge Zusammenarbeit

Dresden (17. August 2010) In der heutigen gemeinsamen Kabinettssitzung der Landesregierungen von Sachsen-Anhalt und Sachsen in Wörlitz haben die beiden Länder eine enge Zusammenarbeit auf verschiedenen Politikfeldern beschlossen. So wollen Sachsen-Anhalt und Sachsen im Bereich des Hochwasser-schutzes, der Raumordnung und Landesentwicklung sowie in der Nut-zung von Informationstechnologien eng kooperieren. Eine intensive Zu-sammenarbeit soll es auch bei der Vorbereitung des Reformationsjubi-läums im Jahr 2017 und der Nutzung der mitteldeutschen Braunkohle geben.

Ministerpräsident Prof. Dr. Wolfgang Böhmer betonte: „Die enge Zu-sammenarbeit zwischen Sachsen-Anhalt und Sachsen, wie auch mit Thü-ringen dient dazu, den Standort Mitteldeutschland zum Vorteil der drei Länder weiter zu entwickeln und ihm zunehmend internationales Profil zu geben. Der mitteldeutsche Raum hat gute Chancen, innerhalb Europas mehr Gewicht zu bekommen, sowohl im Bereich der Wirtschaft und der Wissenschaft wie auch kulturell.“ Sein Amtskollege Stanislaw Tillich erklärte: „Die Beratungen mit unserem Nachbarn Sachsen-Anhalt sind mit Blick auf die Potenziale der Region Mitteldeutschland von großer Bedeu-tung. Grenzüberschreitende Erfolgsgeschichten wie der Flughafen Leip-zig/Halle oder Dow Chemical zeigen, wie sich eine gemeinsame Strategie und gezielte Investitionen in eine moderne Infrastruktur auszahlen. Mittel-deutschland als leistungsfähiges Industrie- und Logistikzentrum in der Mitte von Europa weiter zu stärken, ist unser erklärtes Ziel.“

Folgende Beschlüsse wurden u. a. gefasst:

Entwicklung eines innovativen Braunkohlen-Chemie-Parks in Leuna

Die Landesregierung von Sachsen-Anhalt und die Sächsische Staatsre-gierung haben beschlossen, das Projekt „Innovative Braunkohlen Integra-tion in Mitteldeutschland – ibi – Stoffliche Nutzung der Braunkohle“ wei-terhin landesübergreifend nach Kräften zu unterstützen. Ziel ist die ver-stärkte Nutzung der mitteldeutschen Braunkohle als Rohstoff der chemi-schen Industrie, etwa zur Herstellung von Montanwachsen, Paraffinen, Schmierstoffen, Kraftstoffen oder Synthesegas. In diesem Zusammen-hang wird die Entwicklung eines innovativen Braunkohlen-Chemie-Parks in Leuna von beiden Ländern als strategische Vision mit Ausstrahlung auf die Forschungs- und Industriepolitik für ganz Mitteldeutschland verstan-den.

Mit der erfolgreichen Bewerbung eines Industriebündnisses aus beiden Ländern beim Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) wurde dafür der Grundstein gelegt. So werden in den kommenden drei Jahren im Rahmen von „ibi“ insgesamt sechs Forschungsprojekte mit einem Volumen von insgesamt 21,1 Mio. € gestartet, in denen es unter anderem um effiziente und umweltverträgliche Technologien der Roh-stoffgewinnung und -veredlung gehen soll. Die Finanzierung übernehmen das BMBF im Rahmen des Forschungsprogramms „Innovative Regionale Wachstumskerne“ (13,9 Mio. €) sowie das Bündnis aus elf Unternehmen und zwei Hochschulen aus Sachsen-Anhalt und Sachsen (7,2 Mio. €).

Lutherdekade und Reformationsjubiläum 2017 gemeinsam gestalten

Die Sächsische Staatsregierung und die Landesregierung von Sachsen-Anhalt haben unterstrichen, das Reformationsjubiläum 2017 und die dem 500-jährigen Jubiläum des Thesenanschlags in Wittenberg vorgeschaltete Lutherdekade gemeinsam als Ereig-nisse von Weltbedeutung gestalten zu wollen. Dies spiegelt sich unter anderem in der abgestimmten Antragstellung aller mitteldeutschen Länder beim Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien für die Förderung der geplanten Baumaßnah-men wider.

Die beiden Länder vereinbarten gleichzeitig, den Lutherweg als gemeinsames mittel-deutsches Projekt zu gestalten und dafür die eigenen Lutherwege künftig miteinander zu vernetzen. So soll, sobald ein sächsischer Lutherweg entwickelt ist, der Anschluss an die sachsen-anhaltische Streckenführung erfolgen. Hier war der Lutherweg als Gemeinschaftsprojekt von evangelischer Kirche, Tourismusverbänden, Wirtschaftsmi-nisterium sowie des Gebirgs- und Wanderverbandes Sachsen-Anhalt im März 2008 eröffnet und schrittweise realisiert worden. Er verbindet für Pilger, Wanderer und Rad-fahrer in einer Nord- und einer Südroute die Lutherstädte Wittenberg, Eisleben und Mansfeld. Im November 2009 erfolgte eine Erweiterung bis nach Nordhausen in Thü-ringen.

Eine verstärkte Zusammenarbeit wurde zudem hinsichtlich des Elberadwegs verein-bart, der vor kurzem zum sechsten Mal in Folge vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club zum beliebtesten inländischen Radfernweg gewählt wurde. In ihm sehen beide Länder insbesondere mit Blick auf das Reformationsjubiläum 2017 große kulturtouristi-sche Potenziale.

Gemeinsame Maßnahmen im Hochwasserschutz

Für Sachsen und Sachsen-Anhalt ist der Schutz vor Hochwasser ein zentrales Thema der Landespolitik. Beide Länder litten am meisten unter dem Elbehochwasser im Sommer 2002. In enger Zusammenarbeit sind in beiden Ländern Strategien entwickelt worden, um den Hochwasserschutz zu verbessern. Dazu gehören die Ausweisung von Überschwemmungsgebieten und die Sanierung der Hochwasserschutzanlagen. Wich-tige gemeinsame Vorhaben sind derzeit die Vorbereitung der Flutungspolder an der Mulde an der Grenze beider Länder in Löbnitz (Sachsen) mit 1436 Hektar und Rösa (Sachsen-Anhalt) mit 530 Hektar und untereinander abgestimmte Deichbauvorhaben an der Elbe im Bereich Prettin (Sachsen-Anhalt).

Kooperation im Bereich E-Government und IT

Sachsen-Anhalt und Sachsen wollen in den Bereichen E-Government und IT enger zusammenarbeiten. Die beiden Länder wollen unter Beteiligung Thüringens bis Ende 2010 vorhandene Komponenten sowie Vorhaben im IT-Bereich erfassen und auf die-ser Basis bis Mitte 2011 einen Vorhabensplan vorlegen, der Grundlage für gemeinsa-me Nutzungen und Entwicklungen ist. Sachsen-Anhalt und Sachsen wollen darüber hinaus bei der Entwicklung eines Konzepts für ein IT-Fachverfahren zur Nutzung in telefonischen Servicecentern wie der einheitlichen Behördenrufnummer D 115 zu-sammenarbeiten.

Länderübergreifende Zusammenarbeit in der Raumplanung/Landesentwicklung wird fortgeführt – Positionierung in Europa soll gestärkt werden

Schon seit den neunziger Jahren gibt es eine Zusammenarbeit zwischen den Ländern Sachsen-Anhalt und Sachsen im Bereich der Raumplanung und Landesentwicklung, so z. B. bei der Entwicklung des Raumes Halle-Leipzig oder bei der länderübergreifen-den Zusammenarbeit der Landkreise im Bereich der Dübener Heide. Seit Anfang 2010 kooperieren im Rahmen der Metropolregion Mitteldeutschland unter Einbeziehung Thüringens elf mitteldeutsche Städte (Chemnitz, Dresden, Leipzig, Zwickau, Dessau-Roßlau, Halle, Magdeburg, Erfurt, Gera, Jena, Weimar). Diese Kooperation wird von den Landesregierungen unterstützt. Bei der Aufstellung der Landesentwicklungspläne in Sachsen-Anhalt und Sachsen besteht ein Erfahrungsaustausch, der auch künftig fortgesetzt werden soll.

Die Zusammenarbeit im Bereich der Raumplanung/Landesentwicklung zwischen Sachsen-Anhalt und Sachsen soll auch künftig erfolgen. Hierzu beauftragen die Lan-desregierungen die obersten Raumordnungs- und Landesplanungsbehörden im Zu-sammenwirken mit den Trägern der Regionalplanung, den Kommunen sowie den raumwirksamen Fachplanungen, die länderübergreifende Zusammenarbeit künftig noch stärker auf die Positionierung des mitteldeutschen Raumes als eine wirtschafts-starke, sozial ausgewogene und ökologisch stabile Region in Europa auszurichten.

Gemeinsame Position zur Gemeindefinanzreform

Hinsichtlich der vom Bund beabsichtigten Gemeindefinanzreform sind sich die beiden Landesregierungen einig, dass diese die bestehenden strukturellen Unterschiede in der Finanzkraft der Kommunen und die Stadt-Umland-Problematik nicht verschärfen darf. Sachsen-Anhalt und Sachsen erwarten, dass die besonderen Belange struktur- und finanzschwacher Kommunen berücksichtigt werden. Eine umfassende Lösung der Finanzierung der kommunalen Aufgaben muss die kommunalen Belastungen durch Sozialausgaben einschließen.

Vorgehen gegen Gewalt im Umfeld von Fußballspielen

Beide Landesregierungen verurteilen die Gewalt im Zusammenhang mit Fußballspie-len und werden ihr mit aller Entschiedenheit entgegentreten. Es wurde verabredet, dass die Polizeien beider Länder die erforderlichen Abstimmungen und den Austausch der Konzeptionen gegen Gewalt bei Sportereignissen intensivieren werden. Die Säch-sische Staatsregierung und die Landesregierung Sachsen-Anhalt sind der Auffassung, dass gegenüber gewaltbereiten Fußballfans alle rechtlichen Mittel, insbesondere Maß-nahmen zur Verhinderung der Anreise gewaltbereiter Personen an die Spielorte, kon-sequent ausgeschöpft werden müssen.

Länderübergreifendes Abitur – vergleichbare Abschlüsse angestrebt

Die Sächsische Staatsregierung und die Landesregierung Sachsen-Anhalt bekennen sich dazu, die Vergleichbarkeit der Abschlüsse auf dem Weg zu einem gemeinsamen Abitur zu erhöhen. In ausgewählten Fächern sollen gemeinsame Prüfungselemente auf der Grundlage der Bildungsstandards für die Abiturprüfung ab Schuljahr 2013/14 in Sachsen, Sachsen-Anhalt und weiteren beteiligten Ländern angestrebt werden.


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Regierungssprecher Ralph Schreiber
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