Innenminister Klaus Hardraht: Sachsens Gesetz hat "Biss"

30.08.2001, 14:35 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)

Vor einem Jahr, am 1. September 2000, trat das „Gesetz zum Schutze der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden (GefHundG)“ in Kraft. Damit setzte der Freistaat Sachsen als eines der ersten Bundesländer die dahingehenden Beschlüsse der Innenministerkonferenz um, deren Dringlichkeit durch den Tod des sechsjährigen Volkan am 26. Juni 2000 nach einer Pitbull-Attacke in Hamburg-Wilhelmsburg besonders dramatisch unterstrichen wurde. Nach Auffassung von Innenminister Klaus Hardraht hat Sachsen eine Regelung „mit Biss und Augenmaß“ geschaffen. Ergänzt wird das Gesetz durch die Durchführungsverordnung vom 1. November 2000.

Sachsen hat sich von Anfang an gegen ein absolutes Verbot bestimmter Hunderassen und für die Einführung einer Gefährlichkeitsvermutung mit der Möglichkeit ihrer Widerlegung entschieden. Wie insbesondere die jüngste Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte Schleswig und Lüneburg sowie des Hessischen Verwaltungsgerichtshofes in Kassel zeigt, war dies ein richtiger Entschluss! Mit der Beschränkung auf drei als gefährlich vermutete Hunderassen bzw. –gruppen handelt Sachsen außerdem verhältnismäßig, an Tatsachen orientiert, effektiv und verwaltungspraktisch. Dass – wie im GefHundG vorgesehen - Hunde der Gruppe der Pitbull Terrier sowie der Rassen American Staffordshire Terrier und Bullterrier auf ihre individuelle Friedfertigkeit zu überprüfen sind, ist auch unter Fachleuten nicht umstritten. Diese Hunde (und ihre Kreuzungen untereinander) sind gefährliche Hunde im Sinne des GefHundG, wenn ihre Gefährlichkeitsvermutung nicht durch einen Wesenstest widerlegt wurde - ebenso wie Hunde anderer Rassen, deren Gefährlichkeit aufgrund ihres Verhaltens im Einzelfall festgestellt wurde.

Der Wesenstest kann in Sachsen flächendeckend bei einem der 24 vom Sächsischen Staatsministerium des Innern öffentlich bestellten Sachverständigen durchgeführt werden und kostet etwa 340,-- DM. Das zuständige Landratsamt bzw. die Kreisfreie Stadt bestätigen als Kreispolizeibehörde bei Vorlage eines entsprechenden Gutachtens, dass die Gefährlichkeit widerlegt wurde. Von bisher 331 vorgestellten, vermutet gefährlichen Hunden haben 90 % den Wesenstest bestanden.

Wurde der Wesenstest nicht bestanden, benötigt der Halter eine Erlaubnis zum Halten des gefährlichen Hundes. Diese setzt neben einem Mindestalter von 18 Jahren die notwendige Sachkunde und Zuverlässigkeit, das Bestehen einer besonderen Haftpflichtversicherung und den Nachweis der ausbruchssicheren Unterbringung voraus.

Gefährliche Hunde sind außerhalb von sicher umfriedeten Grundstücken, d. h. in der Öffentlichkeit, an der Leine zu führen und haben einen Maulkorb zu tragen. Bisher wurden 65 solcher Erlaubnisse beantragt. In fünf Fällen wurde die Erlaubnis versagt, in 20 Fällen wurde bisher eine Erlaubnis erteilt. Die geringe Anzahl solcher Erlaubnisverfahren erklärt sich daraus, dass aus rechtsstaatlichen Gründen die Haltung gefährlicher Hunde bis zum Jahresende 2000 lediglich bei der Kreispolizeibehörde anzuzeigen war. Hiervon machten Halter von insgesamt 1.100 Hunden Gebrauch. 50 % der registrierten Hunde sind American Staffordshire Terrier.

Wer einen gefährlichen Hund ohne die gesetzlich vorgeschriebene Erlaubnis oder entgegen einer vollziehbaren Untersagung hält, macht sich nach § 143 Abs. 2 StGB strafbar. Nach § 143 Abs. 1 macht sich auch strafbar, wer einen gefährlichen Hund entgegen einem landesrechtlichen Verbot züchtet oder Handel mit ihm treibt. Solche Verbote sind Bestandteil des GefHundG.

Leichtsinn oder unsachgemäße Haltung führen oft zu Beißvorfällen. Dabei tauchen in den Meldungen über solche Zwischenfälle manche Rassen, aber auch Mischlinge überproportional auf. In bisher 40 Fällen wurden Verfahren zur Feststellung der Gefährlichkeit im Einzelfall eingeleitet. In 20 dieser Fälle wurde die weitere Haltung mit Auflagen genehmigt, in einem Fall wurde die Haltung untersagt. Als Erfolg des Gesetzes kann in Anspruch genommen werden, dass Beißvorfälle mit den als vermutet gefährlich eingestuften Hunderassen in Sachsen nur sehr selten vorkommen. Ohne Kenntnis der Größe der Gesamtpopulation, die sich nur über eine Totalerfassung aller Hunde gewinnen ließe, ist jedoch keine seriöse Bewertung möglich. Der Aufwand für eine Totalerfassung aller Hunde in einem Register stünde hingegen nach Auffassung Sachsens und weiterer Länder – abgesehen von entgegen stehenden rechtlichen Bedenken – in keinem Verhältnis zum Nutzen.

Innenminister Klaus Hardraht: „Man kann es als Erfolg werten, dass die Neigung, sich einen gefährlichen Hund anzuschaffen, im zurückliegenden Jahreszeitraum erkennbar zurückgegangen ist. Auch die vom Bund erlassenen Einfuhrverbote haben zur Entschärfung des Problems beitragen. Ich erwarte, dass auch in Zukunft die sächsischen Polizeibehörden in enger Zusammenarbeit mit dem Polizeivollzugsdienst durch konsequent durchgeführte Kontrollen die Gefahren, die von gefährlichen Hunden ausgehen, für den Bürger gering halten. Auch appelliere ich weiterhin an das Verantwortungsbewusstsein der Halter von gefährlichen Hunden, welche sich den gestiegenen, aber notwendigen Anforderungen an die Haltung eines solchen Hundes gestellt haben, auch im Alltag die von der Allgemeinheit und ihren Mitbürgern erwartete Sorgfalt im Umgang mit dem Hund walten zu lassen.“

„Die bisherigen Erfahrungen der Verwaltungspraxis mit dem Gesetz sind sehr ermutigend“, so Hardraht weiter. „Wo dennoch nach nunmehr gewonnenen praktischen Erfahrungen das eine oder andere Anwendungsproblem besteht - und dies ist wohl insbesondere beim Verweilen eines gefährlichen Hundes in verschiedenen Bundesländern auf Grund der jeweils unterschiedlichen Rechtslage der Fall - wird sich die Staatsregierung um schnellstmögliche gesetzgeberische Klarstellung bemühen. Mein Ziel ist es, mich mit meinen Kollegen in der Innenministerkonferenz möglichst noch in diesem Herbst auf eine Muster-Gefahrhunderegelung zu verständigen, um für den mobilen Bürger durchschaubare und handhabbare, annähernd einheitliche Regelungen im Bundesgebiet zu erhalten.“


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