Kultusminister Mannsfeld: "Weg von den starren Fächergrenzen, Schulen gestalten eigenverantwortlich Profilunterricht am Gymnasium"
27.03.2003, 10:01 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)
"Die Schulen sollen mehr Eigenverantwortung erhalten und auch bei den Lehr- und Lerninhalten mehr mitbestimmen können. Greifbares Ergebnis dieser Absicht ist der neu strukturierte Profilunterricht von Klasse acht bis zehn an den Gymnasien, der den herkömmlichen Basisunterricht ergänzt und vertieft. Hier kann die einzelne Schule Schwerpunkte setzen und so auf besondere Leistungsangebote - durchaus im Sinne eines Wettbewerbs - aufmerksam machen. Beispielsweise kann sie verdeutlichen, inwieweit sie etwa mit außerschulischen Partnern, seien es Unternehmen, Vereine oder Hochschulen, kooperiert."
Dies sagte der sächsische Staatsminister für Kultus, Professor Dr. Karl Mannsfeld, als er am Donnerstag in Dresden die neue Profilkonzeption für die Sekundarstufe I an Gymnasien darstellte. Mit den neuen Lehrplänen, die schrittweise vom Schuljahr 2004/05 an umgesetzt werden, wird das Angebot von bisher vier Profilen - das naturwissenschaftliche, das sprachliche, das musische und das sportliche Profil - um ein weiteres erweitert: neu ist das gesellschaftswissenschaftliche Profil.
Die Profile sollen neu strukturiert werden. "Das Besondere an den neuen Profilen ist, dass - mit Ausnahme beim sprachlichen Profil - für drei Stunden in der Woche die bisherigen starren Fächergrenzen aufgelöst und statt dessen sogenannte 'Lernbereiche' entwickelt werden", so Minister Mannsfeld. "Hier wird fächerverbindend und fachübergreifend gearbeitet. Es gibt für diese Phase kein herkömmliches 'Fach' mehr, sondern ein Thema, eine Fragestellung wird aus Sicht verschiedener Fächer behandelt. Diese vernetzte und anwendungsorientierte Herangehensweise ist eine Schlussfolgerung auch aus den PISA-Ergebnissen. Rückmeldungen aus Hochschulen wie aus der Wirtschaft mahnen fachübergreifende Ansätze ebenfalls an."
Beispiel: Das gesellschaftswissenschaftliche Profil wird von den Fächern Gemeinschaftskunde / Rechtserziehung / Wirtschaft, Geographie, Geschichte sowie Ethik / Religion getragen. Eine Schule könnte etwa einen Lernbereich "Entwicklung zukunftsfähiger Wirtschaftsstandorte" entwickeln. Dazu steuern dann die Fächer spezifische Aspekte bei: Die Geographie thematisiert natürliche Ressourcen, Raumplanung und Ökologie; die Gemeinschaftskunde thematisiert die Bedeutung der Kommune für die wirtschaftliche Entwicklung, spricht kommunalplanerische Aspekte und Genehmigungsverfahren an; die Geschichte liefert Einsichten zur gewachsenen Wirtschaftsentwicklung; Ethik und Religion heben auf wirtschafts- und umweltethische Aspekte ab. Der Komplex Wirtschaft und Technik etwa kann praxisnah mit außerschulischen Partnern behandelt werden.
Auch für die "Lernbereiche" werden inhaltliche Vorgaben erarbeitet, damit landesweit vergleichbare Lernresultate erzielt werden. "Bis zu 50 Prozent der inhaltlichen Konzeption und Ausgestaltung liegen aber bei der einzelnen Schule. Mit Blick etwa auf die Kompetenzen des Lehrerkollegiums, die technische Ausstattung der Schule und auf mögliche Kooperationspartner kann die Schule hier ihr ganz spezifisches Profil entwickeln", so der Minister.
Die Diskussion und Entwicklung dieser 'Lernbereiche' an den Schulen wird jetzt beginnen. Die Schulkonferenz jeder Schule entscheidet, welche Profile angeboten werden; dann werden die entsprechenden Konzepte erarbeitet. Nach Erprobung des Profilkonzepts an zwei Dutzend Gymnasien im darauf folgenden Schuljahr wird dann mit dem Schuljahr 2005 / 2006 das neue Konzept in ganz Sachsen eingeführt. "Ich lade alle Beteiligten, Lehrer, Schüler und Eltern ein, sich engagiert an diesem wichtigen Diskussionsprozess zu beteiligen", so Minister Mannsfeld. "Denn Schule geht alle an!"
"Mit seiner Verbindung von Bewährtem und Neuem stellt unser Profilkonzept eine wesentliche Innovation der neuen Lehrplangeneration dar. Wir gehen teilweise weg von der starren Unterteilung in einzelne Fächer, wir machen fachübergreifenden und anwendungsorientierten Unterricht. Und wir geben den Schulen Entscheidungsfreiheit. Auch diese Entscheidung ist eine der Lehren, die wir aus PISA gezogen haben", so der Minister.
Stichwort Profilunterricht:
Die Klassenstufen 8 bis 10 an den Gymnasien sind in Sachsen durch den Profilunterricht geprägt. Schwerpunkte der Profile ergänzen den Basisunterricht. Der Profilunterricht soll Schülerinnen und Schülern die Entscheidung für die Wahl innerhalb des Kurssystems erleichtern, von denen die Klassen 11 und 12 geprägt sind. In der Regel bietet jedes Gymnasium zwei Profile zur Auswahl an.