Mit einem Festvortrag von Johann Lafer öffnet in Dresden die erste Ausstellung des Deutschen Archivs der Kulinarik: »Die süße Kunst – Eine Kulturgeschichte der Konditorei und der Desserts«
11.06.2025, 18:55 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)
Am 12. Juni 2025 eröffnen die Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek (SLUB Dresden) und die Technische Universität Dresden mit einem Festvortrag von Spitzenkoch und Patissier Johann Lafer die erste Ausstellung des von beiden Einrichtungen getragenen Deutschen Archivs der Kulinarik: Die süße Kunst – Eine Kulturgeschichte der Konditorei und der Desserts. Die Ausstellung ist vom 13. Juni 2025 bis 17. Januar 2026 im Buchmuseum der SLUB Dresden (Zellescher Weg 18, 01069 Dresden, 2. OG) bei freiem Eintritt zu sehen. Das Buchmuseum ist von Montag bis Freitag 10:00 bis 18:00 Uhr sowie am Samstag 14:00 bis 18:00 Uhr geöffnet.
Im Rahmen der Eröffnungsveranstaltung spricht Johann Lafer als ausgewiesener Dessert-Experte: Er hat erstmals um 1980 »à la minute«-Tellerdesserts kreiert – also Desserts, die ohne größeren Zeitverzug nach der Zubereitung gereicht werden. Diese Innovation prägt bis heute die Art und Weise, wie der Nachtisch in deutschen Gourmetrestaurants serviert wird. Zur Ausstellung sagt Johann Lafer: »Diese Ausstellung spiegelt genau jenen stetigen Wandel wider, der auch meine Philosophie des guten Geschmacks prägt. Nicht der kurzlebige Trend steht im Mittelpunkt, sondern die durchdachte, liebevolle Weiterentwicklung einer Kunst, die Menschen seit Jahrhunderten Freude bereitet.«
Barbara Klepsch, Sächsische Staatsministerin für Kultur und Tourismus, betont: »Kochen ist gelebte Kultur und Desserts und Konditorei sind ihre süßeste Ausdrucksform. Kulinarik ist zentraler Bestandteil kultureller Identität. Gerade Desserts – von der Schwarzwälder Kirschtorte bis zum sächsischen Plinsen – erzählen diese Geschichte über familiäre Traditionen und Handwerkskunst. Daher ist es wichtig, die Dessertkultur als kulinarisches Erbe zu bewahren, zu erforschen und zu vermitteln. Auch für den Tourismus spielt Kulinarik mittlerweile eine Rolle. Reisende suchen authentische regionale Spezialiäten und der kulinarische Tourismus wächst. Die neue Ausstellung würdigt Konditorei und Desserts als Kulturerbe über Generationen hinweg und macht deutlich, wie tief sie mit unserer Gesellschaft verbunden sind.«
»Mit der Ausstellung geben SLUB Dresden und TU Dresden einem breiten Publikum erstmals umfassenden Einblick in die Forschung und Sammlungen des Deutschen Archivs der Kulinarik, die aktuell mehr als 50.000 Kochbücher, Zeitschriften, historische Menükarten, audiovisuelle Medien und weitere Objekte umfassen.«, sagt Katrin Stump, Generaldirektorin der SLUB Dresden. »Zu sehen sind Inkunabeln aus der Zeit der Erfindung des Buchdrucks, historische Handschriften und Filmaufnahmen aus dem Programm zur Sicherung des audiovisuellen Erbes in Sachsen.«, so Stump weiter.
Anhand von historischen Skizzen, Büchern und Exponaten wie z.B. einem Flip-Flop, auf dem im ehemaligen Leipziger Zwei-Sterne-Restaurant FALCO Desserts serviert wurden, wird die Kulturgeschichte der Konditorei und der Desserts vom Mittelalter bis in die Gegenwart erzählt. Die Forschungen dazu zeigen: Süße Speisen sind mehr als bloßer Genuss. Törtchen, Eis oder Pralinen sind Ausdruck ästhetischer Entwicklungen. Werke aus der Konditorei und Pâtisserie erzählen Geschichten von Kultur, Handwerk und gesellschaftlichem Wandel. Zugleich bieten Desserts, Kuchen, Eis und Pralinen anschauliche Zugänge zu aktuellen Erkenntnissen der Food Studies: Wie hat sich die Gestaltung süßer Speisen über die Jahrhunderte verändert? Welche Aromen aus anderen Kontinenten wurden in Europas Küchen eingesetzt? Wie prägten Industrialisierung und Konsumverhalten die Konditorei?
»Mit der Ausstellung Die süße Kunst eröffnen wir gemeinsam mit der SLUB faszinierende Einblicke in die Kulturgeschichte des Desserts. An der TU Dresden erforschen wir insbesondere die kulinarisch-ästhetische Gestaltung in der Konditorei, ihre historische Entwicklung in Europa und die vielfältigen Bezüge zu gesellschaftlichen Veränderungen. Dabei verknüpfen wir ernährungshistorische Ansätze mit naturwissenschaftlichen Erkenntnissen aus der Lebensmittelchemie und der Soft Matter Food Physics sowie mit medizinischen Fragestellungen. Diese Ausstellung ist ein ausgezeichnetes Beispiel gelebter Partnerschaft zwischen der TUD und der SLUB Dresden. Sie macht durch ihre Interdisziplinarität einen bisher kaum erforschten Themenbereich auf anschauliche und unmittelbar verständliche Weise erfahrbar.«, erläutert Prof.in Ursula Staudinger, Rektorin der TUD.
Hintergrundinformationen zur Ausstellung
Ein zart schmelzendes Praliné, der Duft von Karamell, eine kunstvoll verzierte Torte – die Welt der süßen Verführungen spricht alle Sinne an. Doch Desserts und Konditoreikunst sind weit mehr als reiner Genuss: Sie spiegeln gesellschaftliche Entwicklungen, künstlerische Strömungen und wissenschaftliche Erkenntnisse wider. Die Ausstellung nimmt Besucherinnen und Besucher mit auf eine Reise durch die Jahrhunderte. Die Kulturgeschichte zentraler Zutaten wie Zucker und Kakao wird dabei ebenso beleuchtet wie die kulinarisch-ästhetische Entwicklung süßer Kreationen. Naturwissenschaftliche Erkenntnisse geben Einblicke in die Welt der Aromen.
Die Kulturgeschichte der Konditorei und der Desserts wird in vier Kapiteln erzählt:
- Herkunft der Konditorei (Zutaten, Gerichte und Formgeschichte von der Renaissance bis 1800)
- Ästhetische Entwicklung handwerklicher Konditorei von 1800 bis heute
- Süßer Genuss – naturwissenschaftlich erklärt
- Industrielle Produktion und häusliche Herstellung
Zugleich sind Besucherinnen und Besucher eingeladen, z.B. an einer Riech-Station Entdeckungen zu machen oder an einer interaktiven Wand ihr persönliches Lieblingsdessert zu teilen. Das Begleitprogramm bietet neben Kuratorenführungen wissenschaftliche Vorträge, einen Poetry Slam und praktische Dessert-Workshops in Kooperation mit der Volkshochschule Dresden.
Zum Deutschen Archiv der Kulinarik
Das Deutsche Archiv der Kulinarik in Dresden ist die größte öffentlich zugängliche Sammlung von Kochbüchern, Menü- und Speisekarten im deutschsprachigen Raum. Die Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek (SLUB) Dresden und die Technische Universität Dresden (TUD) haben es am 10. Oktober 2022 gemeinsam gegründet. Die umfangreiche und einmalige Kulinarik-Sammlung der SLUB mit Handschriften, Büchern und Zeitschriften sowie Menükarten, Gebrauchsgrafik, Fotografien und audiovisuellen Medien gehört zu den bedeutendsten ihrer Art. Zu den Highlights zählen Sammlungen von Ernst Birsner, Walter Putz, Wolfram Siebeck und Eckart Witzigmann. Die Kulinarik-Sammlung bildet die Grundlage für die inter- und transdisziplinäre Forschung in den Geistes-, Kultur- und Naturwissenschaften rund um die Themen Kochkunst, Tafelkultur und Ernährungskunde und deren Wirken in Kultur und Gesellschaft über die Zeiten, wie sie bereits erfolgreich an der TUD etabliert ist. Künftig werden die umfangreichen Bestände des Deutschen Archivs der Kulinarik in einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekt digital erschlossen und auf einem Online-Portal präsentiert. Damit stehen sie sowohl der wissenschaftlichen als auch der allgemeinen Öffentlichkeit kostenfrei zur Verfügung.
SLUB und TUD beleben mit Veranstaltungen, Ausstellungen, partizipativen Formaten und Publikationen den wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Diskurs rund um die Themen Ernährung und Kulinarik und etablieren so das Deutsche Archiv der Kulinarik als zentralen Akteur für Forschung, Lehre und Wissenstransfer in die Gesellschaft.