Wer haftet bei Kletterunfall?

22.01.2024, 15:28 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)

Der 13. Zivilsenat verhandelt am Mittwoch über die Frage, wer bei einem Kletterunfall haftet. Die Klägerin, die Krankenversicherung des Geschädigten, verlangt von der Beklagten Ersatz der Heilbehandlungskosten im Umfang von bislang ca. 46.000,00 €.

Im Rahmen einer zweitägigen Klettertour plante eine siebenköpfige Gruppe am 14. Juli 2018 den Abstieg vom Mittleren Torstein im Schrammsteingebiet. Die Beklagte hatte bereits beim gemeinsamen Frühstück beschlossen, nicht mitzugehen, weil sie Angst hatte. Schließlich entschloss sie sich doch zur Teilnahme. Bereits auf dem Weg zu dem Plateau, von dem das Abseilen über rund 25 Meter erfolgen sollte, geriet sie in panikähnliche Zustände. Der Geschädigte, der in der Gruppe die größte Klettererfahrung besaß und den anderen am Vorabend auch die Techniken gezeigt hatte, seilte sich als erster ab und sicherte die Gruppe von unten. Die Beklagte stürzte beim Versuch, sich abzuseilen, ab und fiel auf den Geschädigten, der dabei schwer verletzt wurde. Er konnte den Absturz von unten nicht verhindern, weil die Beklagte sich nicht fachgerecht in die Abseilacht eingebunden hatte.
Die Klägerin meint, die Beklagte habe gegen Sorgfaltspflichten verstoßen und müsse deshalb für den Schaden aufkommen. Die Beklagte meint, es sei von vornherein erkennbar gewesen, dass sie keine Erfahrung besaß und in Panik geraten war. Der Geschädigte habe sie trotzdem zum Weitermachen gedrängt.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Beklagte sei kein so genannter Beschützergarant für den Geschädigten gewesen. Es habe vielmehr dem Geschädigten als dem erfahrensten Kletterer der Gruppe oblegen, die Beklagte sicher vom Berg zu bekommen. Das Abseilen einer unerfahrenen, verängstigten Teilnehmerin aus 25 m Höhe sei nicht sicher gewesen, zumal der Geschädigte sich als erster abgeseilt hatte und deshalb nicht kontrollieren konnte, ob die Beklagte die Sicherungsmaßnahmen fachgerecht ausführen würde.
Gegen diese Entscheidung hat die Klägerin teilweise Berufung eingelegt. Die Beklagte müsse dem Grunde nach wenigstens hälftig für die Kosten einstehen. Das Landgericht sei schon von falschen Tatsachen ausgegangen. Die Beklagte sei nicht in Panik gewesen, sondern habe selbst gesagt, es sei »schon alles gegangen«. Die Beklagte sei verpflichtet gewesen, die grundlegenden Sicherungsregeln einzuhalten. Diese dienten gerade auch dem Schutz der Mitkletternden. Der Geschädigte sei hierfür jedenfalls nicht allein, sondern unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens allenfalls zur Hälfte verantwortlich.

Termin: Mittwoch, 24.01.2024, 15:00 Uhr, Saal 2.5, Schloßplatz 1, Dresden
Az.: 13 U 1652/23


Kontakt

Oberlandesgericht Dresden

Pressesprecherin Meike Schaaf
Telefon: +49 351 446 1360
Telefax: +49 351 446 1499
E-Mail: presse@olg.justiz.sachsen.de

Themen

zurück zum Seitenanfang