Sanierung des Zwiesler Tiefer Erbstollns in Berggießhübel

08.09.2023, 13:51 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)

Oberbergamt schließt weiteres EU-Sanierungsprojekt im EFRE-Vorhaben »Prävention von Risiken des Altbergbaus« erfolgreich ab

Am 14. Juli 2023 erfolgte die formelle und mängelfreie Abnahme der im November 2020 begonnenen Maßnahme »Wiederherstellung und langzeitsichere Aufrechterhaltung der Wasserabtragsfähigkeit aus den Grubenbauen des »Zwiesler Tiefer Erbstolln« in Berggießhübel«.

Die Auffahrung des Zwiesler Tiefer Erbstollns begann im Jahr 1825 und wurde im Jahr 1850 nach 1.020 m abgeschlossen. Zur Erkundung und zum Abbau von mineralienführenden Lagern wurden vom geradlinig verlaufenden Zwiesler Tiefer Erbstolln Flügelstrecken in das umliegende Gebirge aufgefahren.

Der Zwiesler Tiefer Erbstolln erreichte nach ca. 1.012 m das sogenannte Martin Zecher Lager. Hier wurde ab 1850 beidseitig vom Zwiesler Tiefer Erbstollen der Grahls Tiefer Erbstollen aufgefahren, der im Streichen des Martin Zecher Lagers von Nordwesten nach Südosten verläuft. Die Gesamtlänge beider Erbstollen beträgt ca. 1.400 m, womit das Stollensystem als längstes Erbstollensystem im Berggießhübeler Bergbaurevier angesehen werden kann.

Zum Zwiesler Tiefer Erbstolln gehören drei Lichtlöcher. Lichtloch 1 befindet sich in einem Abstand von 110 m und Lichtloch 2 in einem Abstand von 547 m vom Stollenmundloch entfernt. Lichtloch 3 wird zwar zum Zwiesler Tiefer Erbstolln gehörig gesehen, verbindet aber nach einer Stollenlänge von ca. 1.040 m die Stollensohle des Grals Tiefer Erbstolln mit der Tagesoberfläche.

Insgesamt wurde auf diesem Stollensystem rund 100 Jahre aktiver Erzbergbau betrieben. Die letzte Schicht erfolgte am 15.08.1925. Im Jahr 1931 wurde der Stollen gänzlich verschlossen.

Zur Wasserversorgung des Berggießhübeler Raums wurde das Stollensystem ab 1970 als Wasserreservoir genutzt. Hierzu wurden umfangreiche Umbaumaßnahmen im Stollen durchgeführt. So wurden unter anderem Dämme und Rohrleitungen im Stollen installiert.

Nach Erstellung der Gottleubatalsperre und der damit verbundenen Verlagerung der Wasserversorgung wurde das Stollensystem als Wasserreservoir nicht mehr gebraucht. Ein Rückbau der 1970 vorgenommenen Maßnahmen erfolgte nicht. Das Stollensystem wurde sich selbst überlassen und erreichte in den nachfolgenden Jahrzehnten einen sanierungsbedürftigen Zustand, wobei abschnittsweise auch die Standsicherheit gefährdet war.

Nach Feststellung der Sanierungsbedürftigkeit wurde die Sanierung im Rahmen des EFRE-Vorhabens »Prävention von Risiken des Altbergbaus« beschlossen. Ziel der Sanierung des Zwiesler Tiefer Erbstollns war die Wiederherstellung des gesicherten und geregelten Wasserabflusses aus dem Stolln und den hieran angeschlossenen Grubenbauen. Durch einen geordneten Wasserabtrag wird zeitgleich der Aufstau von Wasser im Grubengebäude und das damit einhergehende Risiko für zukünftige Tagesbrüche reduziert.

Die Umsetzung wurde in der Planung in drei Abschnitte aufgeteilt.

Im Zuge des ersten Abschnittes wurde der Stollen auf den ersten 500 m saniert. Diese Arbeiten umfassten u. a. die Sanierung der Rösche bis zur Einleitstelle in die Gottleuba, den Ausbau von Dämmen, die Beräumung der im Stollen abgelagerten Sedimente, die Erstellung einer dauerhaften Befahrungseinrichtung aus Gitterrosten, die Erneuerung von marodem Stollenausbau und die Stabilisierung von gebrächen Gebirgsbereichen. Zudem wurden zwei Lichtlöcher mittels Stahlbetonabdeckungen gesichert und mehrere abgehende Strecken aufgewältigt. Die für den ersten Bauabschnitt veranschlagte Bauzeit betrug 10 Monate, als Baukosten für den ersten Bauabschnitt waren rund 1,5 Mio. Euro veranschlagt.

Im Zuge der Bauausführung wurden im Zwiesler Tiefer Erbstolln bei Wettermessungen nicht ausreichende Wettermengen und -qualitäten festgestellt. Zudem wurden deutlich erhöhte Radonwerte registriert. Daher wurde eine Aufwältigung und Beräumung des Zwiesler Tiefer Erbstollns bis zum 3. Lichtloch mit Sicherung sowie Ausbau des 3. Lichtloches beschlossen. Hiermit sollte die Bewetterungssituation verbessert und die Radonbelastung minimiert werden. Aufgrund der Entfernung von über 1.000 m wurde das 3. Lichtloch für Arbeiten ab dem 2. Lichtloch bergwärts gleichzeitig als gesicherter Rettungsweg erforderlich.

Am 20.05.2021 erfolgte eine Videobefahrung im 3. Lichtloch, um hierüber den gegenwärtigen Schachtzustand bewerten zu können. Anhand der Befahrung wurden im Schacht bis zu einer Teufe von rund 30 m starke Konvergenzen, Beschädigungen und Verbrüche im und am Schachtausbau festgestellt. Aufgrund des nicht standsicheren Zustandes des Schachtes wurde dieser bis zu einer Teufe von 35 m überfahren und mit einem Ausbau aus Stahlrahmen, Verpressankern und bewehrtem Spritzbeton gesichert.

Im Zuge der Sanierungsarbeiten wurden zudem mehrere am 3. Lichtloch angeschlossene Grubenbaue und Querschläge angefahren und gesichert. Des Weiteren wurde im Schacht eine dauerhafte Befahrungseinrichtung installiert. Am Füllort des 3. Lichtloches wurden Massen beräumt und der Füllort inkl. der angeschlossenen Grubenbaue aufwändig saniert.

Die berg- und bautechnischen Leistungen wurden von der Bergsicherung Freital GmbH durchgeführt. Die ingenieurtechnischen Planungsleistungen einschließlich der Bauüberwachung wurden durch die FICHTNER Water & Transportation GmbH aus Leipzig realisiert.

Zur Sanierung des Zwiesler Tiefer Erbstolln wurden über 1.000 t hydraulisch abbindendes Material verbaut, über 700 t Massen aus dem Stollen ausgefahren und entsorgt, über 1.000 m Stollen entschlammt und über 1.100 m dauerhafte Befahrungseinrichtung installiert.

Durch die untertägig angetroffene Situation entstand ein zusätzlicher Sanierungsaufwand, der sowohl eine Kostensteigerung als auch eine längere Laufzeit der Arbeiten bewirkte. Die Gesamtbauzeit für die Sanierung des Zwiesler Tiefer Erbstollns und der hieran angeschlossenen Grubenbaue betrug 33 Monate. Insgesamt wurden in dem Projekt rund 4,0 Millionen Euro (netto) verausgabt. So konnten nach Abschluss der Sanierungsarbeiten sämtliche Vorhabenziele erreicht werden. Die altbergbaulich bedingten Risiken sind beseitigt und die Wasserabtragsfähigkeit aus den Grubenbauen des Zwiesler Tiefer Erbstollns wurde wiederhergestellt.

Damit hat das Sächsische Oberbergamt ein weiteres Sanierungsprojekt im Vorhaben »Prävention von Risiken des Altbergbaus« der Europäischen Union und des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) abgeschlossen. Für die EFRE-Vorhaben standen dem Oberbergamt als Projektträger im Zeitraum von 2014 bis 2023 insgesamt 57,7 Mio. Euro zur Verfügung. Damit wurden in Sachsen zahlreiche Altbergbauprojekte vor allem im Erzgebirge und in den ehemaligen Steinkohlerevieren finanziert.


Kontakt

Sächsisches Oberbergamt

Pressesprecher Oberberghauptmann Prof. Dr. Bernhard Cramer
Telefon: +49 3731 372 9001
Telefax: +49 3731 372 9009
E-Mail: pressestelle@oba.sachsen.de

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