Heim-Spiel. Tischfußball-Spiele | Ausstellung eröffnet im smac

22.11.2022, 11:00 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)

smac - Staatliches Museum für Archäologie Chemnitz

Heim-Spiel

Tischfußball im vordigitalen Zeitalter

Eine Ausstellung vom 23. November 2022 bis 8. Januar 2023
im Foyer des smac

Nur wenige Tage nach Beginn der 22. Fußball-Weltmeisterschaft eröffnet am morgigen Mittwoch, 23. November 2022, die kleine, feine Ausstellung »Heim-Spiel. Tischfußball im vordigitalen Zeitalter« im Foyer des smac – Staatliches Museum für Archäologie Chemnitz.

Die Ausstellung zeigt etwa 50 Exponate rund um das Thema Tischfußball. Doch Obacht! Wer denkt, es handelt sich um eine Ansammlung von Kneipen-Kickern, täuscht sich. Tischfußball-Spiele werden auf heimischen Wohnzimmertischen, im Hobbyraum, auf Kinderzimmerteppichen oder in Schullandheimen/Jugendherbergen gespielt. Hier werden keine Griffe gedreht, sondern mit Fingern geschnippt, Spielfiguren bewegt, auf Miniatur-Spieler*innenköpfchen getippt oder auch mal ins Röhrchen gepustet. Der Archäologe und Sporthistoriker Hans-Peter Hock zeigt die große Vielfalt der Tischfußball-Spiele anhand der interessantesten Stücke seiner umfangreichen Sammlung.

EINTRITT / PROGRAMM

Der Besuch der Ausstellung ist kostenfrei.
An dem WM-Spiel-freien Sonntag, 11.12.2022, führt Hans-Peter Hock um 15:30 Uhr durch die Ausstellung. Die Teilnahme ist ebenfalls kostenfrei.

PUBLIKATION

Zur Ausstellung erscheint ein 52-seitiger Begleitband für 9,80 €, s. Pressemitteilung im Anhang. Erhältlich unter https://lsnq.de/heimspiel

ZITATE

Dr. Hans-Peter Hock, Archäologe und Sporthistoriker:
»Die Ausstellung macht deutlich, wie groß die Spannweite an Tischfußball-Spielen ist, mit denen die große Welt des Fußballs nach und nach Eingang in die heimischen vier Wände gefunden hat. In Deutschland wurde Fußball in den 1920er-Jahren zu einem Massenphänomen. In dieser Zeit expandierte der Markt für Tischfußball-Spiele zunehmend.
Ausgewählte Exponate verdeutlichen diese Entwicklung und wecken vielleicht die eine oder andere Erinnerung. Der Blick geht zugleich nach England, denn aus dem Mutterland des Fußballs kommt ein Spiel, das nicht nur dort Kultstatus genießt: »Subbuteo«. Lassen Sie sich von der Vielfalt an Spielen überraschen!«

Dr. Jens Beutmann, Ausstellungsleiter am smac:
»Das smac nimmt sich in seinen Foyerausstellungen die Freiheit, auch Themen zu präsentieren, die nicht auf den ersten Blick mit Archäologie zu tun haben. Wichtige gesellschaftliche Phänomene nahmen in allen Zeiten Einfluss auf die materielle Kultur – so auch der Fußball, der uns in den nächsten Monaten wieder stark beschäftigen wird. Nach der umstrittenen Männer-Welt-meisterschaft in Katar wartet im Sommer schon die WM der Frauen auf uns. Ein unschuldigeres Vergnügen sind die Tischfußballspiele. Sie gibt es fast so lange wie ihr großes Vorbild auf dem Rasen.«

EINE KURZE GESCHICHTE DER TISCHFUSSBALL-SPIELE

1884 kam in England das erste bekannte Tischfußballspiel auf den Markt ‒ gerade einmal 20 Jahre, nachdem das erste offizielle Fußballspiel nach modernen Regeln ausgetragen worden war. Noch vor 1900 begann in Nürnberg die Herstellung von Spielen, bei denen der Ball mit Blasrohren oder mit Händen Richtung gegnerisches Tor bewegt wird. Auch die feinere Gesellschaft vergnügte sich in Salons auf diese Weise. Beliebt waren zudem Brettspiele, bei denen der Ball oder Spielfiguren durch Würfeln bewegt werden. Nach dem Ersten Weltkrieg wurden die Tischfußballspiele erschwinglicher und endgültig zum Familienspiel für zu Hause.
Die Bandbreite an Tischfußballspielen ist sehr groß. Im deutschsprachigen Raum ist Tipp-Kick sehr verbreitet. Es wurde 1924 auf der Leipziger Messe vorgestellt, der erste Großauftrag kam aus Chemnitz. Tipp-Kick entwickelte sich zu einem Verkaufsschlager und wurde zum klassischen Heim-Spiel. Das blieb auch nach 1945 so. Das Spiel wurde von anderen Herstellern, auch in der DDR, kopiert. Hier wiederum war ein Spiel sehr beliebt, bei dem die Spielfiguren auf einem Federkern stehen. Es wurde zunächst in der Sowjetunion, dann in Ungarn und schließlich in der ČSSR hergestellt. Viele erinnern sich heute noch an diese nahezu unverwüstlichen Spiele. Auch Sachsen hat eine große Tradition bei der Spieleproduktion. Nach 1945 wurden Tischfußballspiele in Dresden, Leipzig, Chemnitz (Karl-Marx-Stadt) und Zwickau angefertigt.

EIN BESONDERES SPIEL – SUBBUTEO

2022 ist auch ein Jubiläumsjahr: Vor 75 Jahren kommen in Großbritannien die ersten Subbuteo-Spiele auf den Markt. Der Erfinder des Spiels, Peter Adolph, ist Hobby-Vogelkundler und benennt sein Spiel nach dem Baumfalken (Falco subbuteo). Die Feldspieler werden dabei mit dem Finger gegen den Ball geschnippt. Es gelten weitgehend die allgemein gültigen Fußballregeln mit Einwürfen, Eckbällen, Abseits, Dribblings – und natürlich Torschüssen. Das Besondere bei Subbuteo ist das realistische Aussehen der Spielfiguren. Tribünen mit Zuschauern, Anzeigetafeln, Schiedsrichter und Trainer in Miniaturform erhöhen den Spielwert.
In den 1960er Jahren wird das Spiel auch in Westdeutschland populär. Es bilden sich zahlreiche Clubs, die eine eigene Meisterschaft austragen. Sogar der allererste Weltmeister kommt 1970 aus Deutschland.
Von vielen europäischen Spitzenklubs und Nationalmannschaften gibt es entsprechende Sets. Auch das WM-Team der DDR von 1974 liegt im Maßstab 1:76 vor. Seit 2021 gibt es ein Spieleset mit weiblichen Figuren.

DER SAMMLER HANS-PETER HOCK

Die Exponate stammen aus der Sammlung des Fußball-Fans Hans-Peter Hock. Bis vor wenigen Wochen war er ein Kollege aus dem Landesamt für Archäologie Sachsen (LfA), zu dem auch das Archäologiemuseum smac gehört. Hock leitete dort bis zu seinem wohlverdienten Ruhestand die wissenschaftliche Redaktion. Zugleich ist er »Präsident« und ehemaliger Torwart der legendären LfA-Betriebssportmannschaft »Dresdner Henge Kickers«.
Die Prägung zum Fußball-Fan erfolgte in seiner Kinderzeit. 1965 sah er im Fernsehen einen Torwart spielen, der sich bis zur Mittellinie wagte: Es war Peter »Radi« Radenkovic. Da Radi Radenkovic beim TSV München von 1860 spielte, stand schon früh sein Lieblingsverein fest – und er ist es bis heute!
Hans-Peter Hock interessieren vor allem die Anfänge des Fußballs in der Zeit von 1870 bis 1895. Hier ist er sporthistorisch aktiv und hat u.a. Vorträge auf Tagungen in Saarbrücken und Manchester gehalten. Seine Sammlung konzentriert sich auf Postkarten, Illustrationen und Publikationen zum Thema Fußball aus der Zeit bis 1900. Tischfußballspiele sind erst jüngst hinzugekommen.
Hocks näheres Umfeld toleriert seine Leidenschaft für Fußball. Dass er sich auch für Frauenfußball interessiert, können nicht viele nachvollziehen. Diese Einstellung befremdet ihn. Darum setzt er gleich noch einen drauf: Ende August 2022 erschien ein Tagungsband mit einem Artikel von Hans-Peter Hock über Frauenfußball im Rheinland im Jahre 1970.

Pressebilder, die Pressemitteilung und die Publikation zur Ausstellung finden Sie unter

https://www.smac.sachsen.de/presse.html


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