Sachsen hat genügend Kita-Plätze - Bertelsmann mit unrealistischen Forderungen zur Personalausstattung
20.10.2022, 11:31 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)
Sachsen hat genügend Kita-Plätze, um den 2023 bestehenden Betreuungsbedarf der Eltern von rund 184.000 Plätzen zu erfüllen. Zu diesem Ergebnis kommt das aktuelle Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme der Bertelsmann Stiftung. Zudem zeigt die Studie auf, dass Sachsen zusätzlich 20.800 Fachkräfte einstellen müsste, um den wissenschaftlich empfohlenen Personalschlüssel zu erreichen. Dadurch würden zusätzliche Personalkosten von rund einer Milliarde Euro pro Jahr entstehen.
»Selbstverständlich sind Kita-Qualität und der Personalschlüssel weiter Thema im Kultusministerium, um die Bildungschancen unserer Kinder bestmöglich zu gestalten«, so Kultusminister Christian Piwarz. Völlig überzogen und an der Realität vorbei seien aber die Forderungen einer kindgerechten Personalausstattung nach wissenschaftlichen Empfehlungen. Kindgerecht wäre demnach ein Personalschlüssel von eins zu drei zwischen Fachkraft und U3-Kindern (Krippe). »Sicherlich wünschen wir uns alle die optimale Betreuung gerade unserer Kleinsten. Aber es muss in der Realität auch umsetzbar sein«, erklärte der Minister. Eine weitere Verbesserung von 1:5 auf 1:4 in der Krippe würde etwa 2.500 neue Vollzeitstellen bedeuten. Das entspricht etwa 3.125 neuen Erzieherinnen und Erziehern. So viele Fachkräfte gibt es auf dem Arbeitsmarkt leider nicht. Die Zusatzkosten legen bei fast 145 Millionen Euro. Zudem verwies er auf das Angebot der Kindertagespflege in Sachsen, wo Eltern sich für kleinere Betreuungsgruppen entscheiden können. Für die Kinder im Kindergarten empfiehlt die Bertelsmann Stiftung einen Personalschlüssel von 1 zu 7,5. Das würde etwa 7.340 neue Vollzeitstellen bzw. 9.175 Erzieherinnen und Erzieher und fast 425 Millionen Euro zusätzlich Kosten ausmachen.
»Die zusätzlichen Personalvorstellungen sind angesichts des allgemeinen Fachkräftemangels in ganz Deutschland illusorisch. Wir sind in Sachsen froh, dass wir so viele Erzieherinnen und Erzieher ausbilden, dass wir unseren Bedarf decken können. Ein Mehr an Fachkräften ist wünschenswert, muss aber auch auf dem Arbeitsmarkt realisiert werden können. Bertelsmann soll aufhören, der Öffentlichkeit Sand in die Augen zu streuen«, machte Piwarz deutlich.
Die Ausbildungskapazitäten für Erzieher wurden in Sachsen stetig erweitert. So befanden sich im Schuljahr 2021/2022 insgesamt rund 1.700 Schülerinnen und Schüler mehr in einer Erzieherausbildung als noch im Schuljahr 2017/2018. Dabei hat sich die Zahl der Schülerinnen und Schüler in berufsbegleitender Ausbildung seither mehr als verdoppelt. Schülerinnen und Schüler in berufsbegleitender Ausbildung haben bereits mit Beginn ihrer Ausbildung einen Teilzeit-Arbeitsvertrag mit dem Träger der Einrichtung und sind entsprechend dem Arbeitsumfang in der Kita tätig. Seit 2013 stehen den Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe, darunter auch Krippen, Kindergärten und Horten, jährlich 2.000 Absolventen zur Verfügung.
Zugleich wiederholte der Minister seine Kritik daran, dass die Bildungschancen allein am Betreuungsschlüssel festgemacht werden, was der besonderen Situation in Ostdeutschland in keiner Weise gerecht wird. Der Kultusminister verwies darauf, dass die Betreuungsquoten in Ostdeutschland und so auch in Sachsen deutlich höher seien als im Bundesdurchschnitt. Während der Betreuungsgrad in den Kitas im Bundesdurchschnitt lediglich 34 Prozent (Altersgruppe 0-3) beträgt, liegt er in Sachsen bei knapp 53 Prozent. Bei der Altersgruppe 3 – bis 6 Jahre liegt er in Sachsen bei 94 Prozent (bundesweit: 92 Prozent.)
Außerdem sei bei der Betreuungsqualität auch die Ausbildung des Kita-Personals mit zu betrachten. Der Freistaat Sachsen liegt mit 59 Prozent akademisch erweiterten Teams an der Spitze vor Hamburg (52 Prozent) sowie Bremen und Hessen (45 % bzw. 44 %). Auch hat in Sachsen mit 79 Prozent mehr Kita-Personal einen fachlich einschlägigen Fachschulabschluss, z. B. als Erzieher als im Bundesvergleich mit 64 Prozent.
Hintergrund:
Zwischen 2014 und 2021 hat sich die Personalausstattung in sächsischen Kitas erheblich verbessert. In den Krippengruppen ist rechnerisch eine vollzeitbeschäftigte Kraft noch für 5,3 statt 6,5 ganztagsbetreute Kinder zuständig, im Kindergarten sind es 11,4 statt 13,6 Kinder.
Die Schlüsselverbesserungen in Kinderkrippe und Kindergarten sowie die Gewährung von Vor- und Nachbereitungszeiten führten zu einem Personalzuwachs von knapp viertausend Vollzeitstellen in den sächsischen Kitas mit zusätzlichen Jahreskosten von insgesamt knapp 200 Millionen Euro. Die Fachkräfte in allen Einrichtungsarten haben damit mehr Zeit für die Kinder und die Begleitung ihrer Entwicklung.
Sachsen wendet 2022 rund 873 Millionen Euro zur Finanzierung der Kindertageseinrichtungen (Krippe, Kindergarten und Hort) und der Kindertagespflege für die Betreuung der Kinder meist ab dem ersten Lebensjahr bis zum Ende der vierten Klasse auf.