Abrechnungsbetrug in der Pflegebranche

01.10.2021, 12:33 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)

Strafverfolgungsbehörden und Fraunhofer Institut arbeiten zusammen an Forschungsprojekt des BMBF zur automatisierten Erfassung und Auswertung von Beweismitteln

Durch die Generalstaatsanwaltschaft Dresden, die Polizeidirektion Leipzig und das Fraunhofer Institut für Techno- und Wirtschaftsmathematik (ITWM) in Kaiserslautern wurde das Forschungsprojekt "PflegeForensik" initiiert, dessen Ziel die Entwicklung einer Software zur Erkennung und effektiven Strafverfolgung des Abrechnungsbetrugs in der Pflegebranche ist.

Betrug bei der Abrechnung ambulanter Pflegeleistungen hat sich in den letzten Jahren zu einem Kriminalitätsphänomen mit steigenden Fallzahlen und damit einhergehend ansteigenden Schadenssummen entwickelt. So hat zuletzt die KKH Kaufmännische Krankenkasse in ihrer Pressemitteilung vom 14.06.2021 mitgeteilt, dass bundesweit bei ihr noch nie so viele Verdachtsfälle von Abrechnungsmanipulationen gemeldet wurden wie 2020 und dass hierbei drei Viertel aller Hinweise auf den Bereich von Pflegeleistungen entfallen seien. Hintergrund dieser Entwicklung ist der demographische Wandel in Verbindung mit einer höheren Lebenserwartung und eine weitere Verschiebung der Pflege hin zu Pflegedienstleistern. Hinzu kommt, dass es dem Personenkreis, der auf Pflegedienstleister angewiesen ist, mit zunehmender Pflegebedürftigkeit schwer fällt, eine Eigenkontrolle der Abrechnungen vorzunehmen und nicht oder fehlerhaft erbrachte Pflegedienstleistungen anzuzeigen. Gleichzeitig macht die Intransparenz des Abrechnungswesens das System insgesamt manipulationsanfällig.

Eine effektive Strafverfolgung liegt daher zum einen im Interesse der Pflegebedürftigen zur Sicherstellung einer hohen Pflegequalität und dient zum anderen der Verhinderung wirtschaftlichen Schadens durch ungerechtfertigte Geldabflüsse aus der Pflegeversicherung.

Die Strafverfolgungsbehörden sind bei ihren Ermittlungen in Verfahren des Abrechnungsbetrugs im Bereich der ambulanten Pflege derzeit auf die händische Sichtung, Sortierung, Prüfung und Auswertung zahlloser Unterlagen angewiesen, die bei den Pflegediensten im Rahmen der Leistungserbringung erstellt werden.

Das Forschungsvorhaben soll die zeit- und arbeitsaufwändige Auswertung der Beweismittel abkürzen, indem die händische auf eine automatisierte Erfassung und Auswertung von Pflegedienstdokumenten verlagert wird. Hierzu wird in dem Projekt eine moderne Bild- und Textverarbeitungssoftware zum automatisierten Erkennen, Erfassen und Auswerten erarbeitet. Durch innovative Verfahren der Künstlichen Intelligenz soll es ermöglicht werden, auch handschriftliche und tabellarische Einträge in Leistungsnachweisen, Touren- und Dienstplänen automatisiert einzulesen und zu digitalisieren. Spezielle Algorithmen sollen anschließend einen automatisierten Abgleich der Dokumente und den Nachweis von Auf-fälligkeiten ermöglichen.

In dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Programms "Forschung für die zivile Sicherheit" geförderten Projekt arbeiten die Ermittlungsbehörden eng mit den Forschern des Fraunhofer ITWM zusammen und untersuchen die Grundlagen, Informationen und Anforderungen aus juristischer und ermittlungspraktischer Sicht. Zudem stellen sie die Berücksichtigung der anwendungsspezifischen Anforderungen sicher und übernehmen die Validierung des Systems.

Das Forschungsprojekt begann am 01.01.2021 und läuft zwei Jahre. Erste Arbeitsergebnisse lassen deutliche Projektfortschritte auf dem Weg zu einer Software erkennen, die in Zukunft die Arbeit der Strafverfolgungsbehörden erheblich vereinfachen wird, aber auch von Kranken- und Pflegeversicherungen zur Prüfung der Abrechnungsunterlagen eingesetzt werden kann.

Weitere Informationen finden Sie unter https://www.sifo.de/


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