Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) des Freistaates Sachsen 2022 veröffentlicht

21.03.2023, 13:16 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)

Kriminalität steigt im Vergleich zum Vorjahr, sinkt aber im Vergleich zu vor der Pandemie

»Sachsen ist und bleibt ein sicheres Bundesland«, machte Innenminister Armin Schuster heute bei der Vorstellung der Polizeilichen Kriminalstatistik deutlich. Er unterstrich, genauso wie LKA-Präsidentin Sonja Penzel: »Damit das so bleibt, leisten unsere Polizistinnen und Polizisten täglich ihr Bestes – dafür gebührt ihnen unser aller Dank.« Mit Blick auf die aktuellen Zahlen sagt der Staatsminister: »2022 wurden im Freistaat Sachsen 8,4 Prozent mehr Straftaten erfasst als im Vorjahr. Das war so auch zu erwarten. Deshalb ist der Vergleich zu 2019, dem letzten Nicht-Corona-Jahr, von höherer Aussagekraft. Demgegenüber sind unsere Zahlen um 4.484 Straftaten gesunken, liegen also 1,7 Prozent tiefer. Ohne etwa die hohe Zahl von aufenthaltsrechtlichen Verstößen beim Grenzübertritt als Folge der Migrationskrise sind es sogar 5,5 Prozent weniger. Parallel dazu ist die Aufklärungsquote im Vergleich zu 2019 um 2,2 Prozent gestiegen, auf 58,4. Insgesamt befindet sich die Kriminalität im Freistaat seit fünf Jahren auf einem weiterhin niedrigen Stand.« Schuster weiter: »Der Anstieg im Vergleich zu 2021 ist auf mehrere Sondereffekte zurückzuführen. So nahmen einerseits die durch den hohen Migrationsdruck erzeugten illegalen Einreisen und andererseits die zahlreichen Verstöße gegen das Versammlungsgesetz in Folge der anhaltenden Demonstrations- und Versammlungslagen zu den Themen Pandemie, russischer Angriffskrieg und mögliche Energiekrise zu.«

Tatverdächtige insgesamt: Die sächsische Polizei ermittelte im vergangenen Jahr 87.215 Tatverdächtige (ohne ausländerrechtliche Verstöße), das waren ca. fünf Prozent mehr als im Vorjahr. Der Anteil nichtdeutscher Tatverdächtiger (19.905) lag bei rund 23 Prozent und ist damit leicht gestiegen. 7.157 der nichtdeutschen Tatverdächtigen waren Zuwanderer. Rund 20 Prozent aller Tatverdächtigen waren unter 21 Jahren alt. Die Anzahl der nichterwachsenen Tatverdächtigen ist insgesamt um mehr als 13 Prozent gegenüber dem Vorjahr gestiegen.

Straftaten durch Zuwanderer*: Zuwanderer verübten im vergangenen Jahr vier Prozent weniger Straftaten. Es wurden insgesamt 14.064 Fälle (ohne ausländerrechtliche Delikte) erfasst (2021: 14.594 Fälle). Hierbei bildeten Ladendiebstähle (2.616), Körperverletzungen (2.219) und Beförderungserschleichungen (1.516) den Schwerpunkt. Der Gesamtanteil der Zuwanderer an allen erfassten Tatverdächtigen lag 2022, wie im Vorjahr, weiter bei rund acht Prozent.

Rund 38 Prozent aller durch Zuwanderer begangenen Straftaten wurden durch mehrfach/intensiv tatverdächtige Zuwanderer (MITA) verübt. Diese machen einen Anteil von 1,5 Prozent aller Zuwanderer aus. Im vergangenen Jahr haben 1.127 MITA insgesamt 5.350 Straftaten begangen. Besonders häufig wurden Staatsangehörige aus Tunesien, Syrien, Libyen und Georgien als MITA ermittelt.

Innenminister Schuster: »Die täterorientierte Bearbeitung in Sachsen ist ein erfolgreiches Modell. Im vergangenen Jahr konnten 249 MITA inhaftiert werden bzw. waren zur Verhaftung ausgeschrieben. Hier gelangen uns auch – trotz der zeitweisen Aussetzung – 41 Abschiebungen.«

Ausgewählte Deliktsbereiche:

Politisch motivierte Kriminalität: Die politisch motivierten Straftaten haben 2022 mit 6.327 Fällen einen neuen Höchststand erreicht und sind gegenüber dem Vorjahr um ein Drittel gestiegen. Der Gesamtzuwachs ist vor allem eine Folge der besonders stark gestiegenen Straftaten, die nicht den klassischen Bereichen politisch rechts oder politisch links motivierter Kriminalität zuzuordnen sind.

Der größte Zuwachs an politisch motivierten Straftaten wurde in diesem Phänomenbereich der PMK – nicht zuzuordnen – registriert. Hierbei handelt es sich um Delikte, die sich nicht den klassischen Bereichen zuordnen lassen bzw. keinen klaren ideologischen Kontext erkennen lassen. Dies ist zum Beispiel im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie, dem russischen Angriffskrieg und der Energiekrise und deren Folgen der Fall. Die überwiegende Zahl der Fälle steht im Zusammenhang mit entsprechenden Protesten und Versammlungen und den damit einhergehenden Verstößen gegen das Versammlungsgesetz.

Im Phänomenbereich ausländische Ideologie gab es zahlreiche Straftaten im Zusammenhang mit dem Angriffskrieg gegen die Ukraine.

Auch wenn im Zusammenhang mit dem Phänomenbereich religiöse Ideologie die Zahlen rückläufig sind, muss man die Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus weiterhin sehr ernst nehmen.

Die politisch motivierte Kriminalität links ist leicht zurückgegangen. Deliktische Schwerpunkte sind hier bei Sachbeschädigungen, Beleidigungen und Bedrohungen sowie Verstößen gegen das Versammlungsgesetz zu verzeichnen.

Politisch motivierte Kriminalität rechts bildet, mit einem Anteil von ca. 30 Prozent an allen politisch motivierten Straftaten, nach wie vor einen Schwerpunkt. Hier bewegen wir uns weiterhin auf dem hohen Niveau des Vorjahres. Bei einem Großteil der Fälle handelt es sich um Propagandadelikte. Weitere Schwerpunkte sind Fälle von Volksverhetzungen und Sachbeschädigungen.

Innenminister Schuster: »Der Kampf gegen Rechtsextremismus zählt zu den Kernaufgaben für das Sächsische Staatsministerium des Innern. Neben einer konsequenten politischen Schwerpunktsetzung und schlagkräftigen Sicherheitsbehörden braucht es dafür die Unterstützung der gesamten Gesellschaft. Alle müssen an einem Strang ziehen: Politik, Sicherheitsbehörden und Zivilgesellschaft. Das Prinzip ist einfach: Überall dort, wo ein Demokrat steht, kann kein Extremist stehen.« Schuster weiter: »Mit unserem Expertennetzwerk – im Sinne eines 360-Grad-Ansatzes – werden wir in Sachsen Expertise weiter bündeln und den Druck hochhalten. Wir setzen alles daran, dass Extremisten in Sachsen keinen Millimeter Raum beanspruchen können.«

Kriminalität gegen Amts- und Mandatsträger: Die Fallzahlen sind in 2022 im Vergleich zum Vorjahr noch einmal gestiegen (2022: 309 Fälle, 2021: 285 Fälle).

Innenminister Schuster: »Die Sicherheit von Amts- und Mandatsträgern ist Voraussetzung für das Funktionieren unseres Gemeinwesens. Man kann die Politik kritisieren, man kann sie hart kritisieren, man kann gegen diese oder jene Entscheidung auf die Straße gehen und protestieren. Bürgermeister und auch ihre Stellvertreter haben aber die ganz besondere Verantwortung inne, die Gemeinschaft zusammenzuhalten. Wer sie angreift, hat uns als Gegner. Deshalb haben wir unser Schutzprogramm für diese Zielgruppe weiter ausgebaut. Angriffe auf Politiker häufen sich meist dann, wenn politisch Verantwortliche verstärkt im öffentlichen Fokus stehen. Damit diese ihre Aufgaben erfüllen können, ist Einschüchterungsversuchen konsequent zu begegnen und der politische Wettstreit vor Gewalt zu schützen.«

Straftaten gegen Vollstreckungsbeamte: Die Anzahl der Straftaten gegen Vollstreckungsbeamte, Rettungskräfte und Vollstreckungsbeamten gleichstehende Personen sind im Jahr 2022 auf 2.342 Fälle gestiegen. Im Jahr zuvor waren es 2.096 Fälle. Dabei bildeten Fälle des Widerstands gegen die Staatsgewalt und Angriffe auf Vertreter der Staatsgewalt den Schwerpunkt. In den meisten Fällen waren Polizeibeamte (4.477) Opfer dieser Straftaten; 134 Opfer waren Rettungskräfte.

Innenminister Schuster: »Die andauernden Krisenlagen haben gesellschaftlich etwas verrückt, das spüren wir alle. Respektlosigkeit und Verrohung nehmen in einem nicht mehr tolerierbaren Ausmaß zu. Unser Ziel muss es sein, durch konsequentes Anzeigen und schnell eingeleitete strafrechtliche Maßnahmen dafür Sorge zu tragen, dass die Strafe auf dem Fuße folgt. Daher appelliere ich an alle Einsatzkräfte, jede Straftat anzuzeigen, Übergriffe nicht zu tolerieren und sich nicht einschüchtern zu lassen. Jede schnell eingeleitete strafrechtliche Maßnahme kann hier auch ihre präventive Wirkung entfalten.«

Hasskriminalität: Die Zuspitzung gesellschaftlicher Konflikte zeigt sich auch bei der Entwicklung der Hasskriminalität. Die Fallzahlen sind mit insgesamt 861 Fällen gegenüber dem Vorjahr noch einmal angestiegen (2021: 664 Fälle). Der überwiegende Teil ist der PMK -rechts- zuzuordnen. Ein deutlicher Anstieg war 2022 mit 316 Fällen bei politisch motivierten Hasspostings im Internet zu verzeichnen (2021: 213 Fälle). Auch hier ist ein großer Teil einer rechten Motivation zuzuschreiben.

Gewaltkriminalität: Die Anzahl der Gewaltdelikte nahm im Jahr 2022 um ca. 14 Prozent auf 7.874 Fälle zu (2021: 6.939 Fälle; 2019: 7.649 Fälle). Die Aufklärungsquote ging zurück auf 78,5 Prozent. Die gestiegenen Fallzahlen sind vor allem auf Zuwächse bei gefährlicher und schwerer Körperverletzung zurückzuführen.

Wohnungseinbrüche: Die Zahl der Wohnungseinbruchdiebstähle ist im letzten Jahr erstmals wieder um rund sechs Prozent (2.090) gestiegen, liegt aber noch unter dem Wert von 2019 (3.040). Der Anteil der versuchten, aber erfolglosen Wohnungseinbrüche lag bei ca. 45 Prozent.

LKA-Präsidentin Penzel: »Dass fast die Hälfte der Wohnungseinbrüche im Versuch stecken blieb, ist ein deutliches Zeichen dafür, dass präventive Maßnahmen – einschließlich der Förderprogramme von Bund und Freistaat – für mehr Einbruchschutz sehr wirksam sind.«

Kraftwagendiebstahl: Die Zahl der Kraftwagendiebstähle ist im Jahr 2022 im Vergleich zu 2021 wieder leicht um rund zwei Prozent angestiegen, liegt aber noch deutlich unter dem Niveau von 2019 (1.718 Fälle). Insgesamt hat sich die Zahl allerdings innerhalb der letzten zehn Jahre mehr als halbiert. Mit 1.470 registrierten Fällen in 2022 sind 27 Kraftwagen-Diebstähle mehr als im Jahr 2021 erfasst worden. Die Aufklärungsquote ist dabei erheblich gestiegen, jeder zweite Diebstahl (52,3 Prozent der Fälle) wurde durch die Polizei aufgeklärt.

LKA-Präsidentin Penzel: »Diese erfreuliche Entwicklung ist nicht zuletzt das Ergebnis der erfolgreichen Arbeit der sächsischen Polizei: Neben der SoKo-Kfz haben auch die gemeinsamen Fahndungsgruppen mit der Bundespolizei, die Fahndungs- und Kompetenzzentren sowie die Zusammenarbeit mit unseren polizeilichen Partnern in Polen und Tschechien positiv zu dieser Entwicklung beigetragen.«

Straftaten mit dem Tatmittel Internet und/oder IT-Geräten: Im Jahr 2022 wurden in der Polizeilichen Kriminalstatistik wie im Vorjahr mehr als 13.0000 Straftaten mit dem Tatmittel Internet und/oder IT-Geräte registriert. Straftaten des Waren- und Warenkreditbetruges dominierten dabei, wobei diese von 5.999 auf 5.009 Fälle in 2022 zurückgingen. Über das Internet werden darüber hinaus kinderpornografische Inhalte verbreitet. Die Fallzahlen in diesem Deliktsbereich sind in 2022 auf 1.556 Fälle erheblich angestiegen.

LKA-Präsidentin Penzel: »Diese Entwicklung ist sehr besorgniserregend. Das sind widerwärtige Straftaten. Hinter jedem Fall, hinter jedem Bild steckt das Schicksal eines missbrauchten Kindes. Deshalb gilt es, den Fokus auf diese Taten zu legen. Unsere engagierten Beamten tun alles, die Täter zu überführen.«

Rauschgiftdelikte: Die Anzahl der Rauschgiftdelikte ging im Jahr 2022 um rund sieben Prozent gegenüber dem Vorjahr zurück. 2022 wurden 13.353 Delikte registriert (2021: 14.400). Einen großen Anteil an den Rauschgiftdelikten hatten Delikte im Zusammenhang mit Cannabisprodukten wie Marihuana oder Haschisch mit über 7.500 erfassten Fällen. Die Anzahl der Crystaldelikte ging nach einem Anstieg in den Jahren 2020 und 2021 wieder deutlich zurück (2022: 2.959 Fälle, 2021: 3.581 Fälle).

Grenzkriminalität: In den Gemeinden entlang der sächsischen Außengrenze zu Tschechien und Polen wurden im vergangenen Jahr 15.528 Straftaten (ohne ausländerrechtliche Verstöße) registriert. Ein Jahr zuvor waren es 15.356 Fälle.

Die Fallzahlen der ausländerrechtlichen Verstöße nahmen gegenüber dem Vorjahr von 3.883 auf 11.168 Fälle deutlich zu.

Besonders häufig wurden an der Grenze Diebstähle (35 Prozent), Sachbeschädigungen (13 Prozent), Körperverletzungen und Betrugsdelikte (je acht Prozent) begangen. Entlang der 582 Kilometer Außengrenze gibt es 46 sächsische Gemeinden mit Grenzbezug, davon liegen 39 an der tschechischen Grenze. Hier stieg die Kriminalität um 2,1 Prozent an. Sieben Gemeinden liegen an der polnischen Außengrenze. In diesen blieb die Kriminalität in 2022 auf dem Vorjahresniveau und nahm lediglich um 0,4 Prozent zu.

LKA-Präsidentin Penzel: »Grenzkriminalität ist ein sensibles Kriminalitätsfeld, welches ganz wesentlich das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung beeinflusst. Die annähernd gleichgebliebenen Zahlen sind auch auf die gute Zusammenarbeit mit der Bundespolizei und den Behörden unserer Nachbarländer zurückzuführen.«

Zuwanderer* sind Asylbewerber, geduldete Ausländer, Kontingentsflüchtlinge, unerlaubt aufhältige Personen, international/national Schutzberechtigte und Asylberechtigte


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