Staatsregierung übergibt Schulgesetzentwurf dem Landtag

04.05.2016, 13:04 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)

Die Staatsregierung hat sich zum zweiten Mal mit dem Entwurf eines neuen Schulgesetzes befasst und diesen beschlossen. Der überarbeitete Gesetzentwurf wird nun dem Landtag zur weiteren Befassung übergeben. Dem Beschluss ging ein umfangreiches Anhörungsverfahren mit über 1000 Stellungnahmen, davon 660 mit konkreten Hinweisen, voraus. Im Ergebnis wurde der Gesetzentwurf in rund 40 Punkten geändert.

„Der zweite Entwurf der Schulgesetznovelle ist dank vielfältigster Hinweise aus dem Anhörungsverfahren besser als der vorherige“, so Kultusministerin Brunhild Kurth. Gleichzeitig stellte die Ministerin jedoch klar, dass bei weitem nicht alle Hinweise einfließen konnten. „Es liegt in der Natur des Themas ‚Schule‘, dass die Meinungen zum Schulgesetzentwurf weit auseinandergehen. Schüler, Eltern, Fachgremien und Institutionen – sie alle haben ihre persönlichen Expertisen und individuellen Wünsche und legen damit unterschiedliche und widerstreitende Maßstäbe an den Schulgesetzentwurf. Das hat das aufwendige Anhörungsverfahren zu Tage gebracht. Damit ist auch klar, dass am Ende eines solchen Prozesses immer ein Kompromiss steht“, so Brunhild Kurth.

Die Ministerin erklärte weiter, dass einige Hinweise aus dem Anhörungsverfahren zwar nicht in den Schulgesetzentwurf eingeflossen seien, aber untergesetzlich in Rechtsverordnungen geregelt werden würden. Dazu gehöre zum Beispiel das Diagnoseverfahren zur Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs. „In den Stellungnahmen kam immer wieder die Forderung nach einem einheitlichen Diagnostikverfahren für ganz Sachsen. Diese Forderung greifen wir auf. Wir werden das Diagnostikverfahren weiterentwickeln und moderner gestalten. Ziel ist die Vergleichbarkeit der Verfahren für ganz Sachsen. Aber das Verfahren wird in der entsprechenden Schulordnung geregelt und nicht im Gesetz“, so die Ministerin.

Besonders deutlich zeigen sich die auseinandergehenden Meinungen bei den geplanten gesetzlichen Vorgaben zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Rund ein Drittel aller Stellungnahmen beschäftigen sich mit diesem Thema. Vielen Eltern wie Lehrern gehen die geplanten Maßnahmen zu weit, anderen nicht weit genug. „Vielfach gefordert wurde unter anderem, Inklusion verpflichtend und nicht als ‚Kann-Regelung‘ einzuführen. Doch gerade die Offenheit der Regelung ist aus schulfachlicher und pädagogischer Sicht sinnvoll. Zudem entspricht sie dem auch im Koalitionsvertrag von CDU und SPD formulierten Grundsatz, Inklusion in den Schulen ‚schrittweise und mit Augenmaß‘ zu ermöglichen. Damit haben die entsprechenden ‚Kann-Regelungen‘ auch im überarbeiteten Gesetzentwurf Bestand“, so Kultusministerin Brunhild Kurth.

Zu Gunsten des inklusiven Lernens wird auch daran festgehalten, mehr Kinder zu Beginn ihrer Schullaufbahn gemeinsam in die Grundschule einzuschulen. Sowohl beim Lernen als auch bei der emotionalen und sozialen Entwicklung ist es im Sinne der Inklusion, zunächst die individuelle Entwicklung eines Kindes abzuwarten und nicht schon vor der Einschulung eine Entscheidung über sonderpädagogischen Förderbedarf zu treffen. „Inklusion verlangt einen langen Atem und eine entsprechende innere Haltung. Wir werden die Schulen in diesem Prozess unterstützen. Im Ergebnis werden wir Inklusion auch als Bereicherung verstehen und erleben“, ist sich Brunhild Kurth sicher.

Wesentlichen Änderungen gegenüber dem ersten Gesetzentwurf im Überblick:

Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schule
Eine deutliche Veränderung hat der in § 1 formulierte Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schule erfahren. Der neu hinzugefügte Absatz 4 unterstreicht, dass die Inklusion nicht nur eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, sondern eine Querschnittsaufgabe aller Schulen ist. Zudem betont der § 1 Absatz 4, dass es auch Auftrag der Schule ist, Menschen unterschiedlicher ethnischer und kultureller Herkunft zu integrieren. Damit wird zugleich die Bedeutung interkultureller Bildung betont. Zudem tragen die Änderungen der gestiegenen Bedeutung der Vermittlung von Lebenskompetenz und auch der Medienbildung Rechnung. Dabei schließt die Medienbildung insbesondere auch die digitale Bildung mit ein.

Bessere Integration von Schülern mit Migrationshintergrund
Nachdem der Gesetzentwurf den Auftrag der Schule formuliert, Menschen unterschiedlicher ethnischer und kultureller Herkunft zu integrieren, soll auch mit einer weiteren Gesetzesänderung die schulische Integration verbessert werden. Künftig soll es möglich sein, Schüler mit Migrationshintergrund bei Bedarf regional auf eine größere Zahl von Schulen in zumutbarer Entfernung zu verteilen. Damit soll eine Häufung von Schülern, deren Herkunftssprache nicht Deutsch ist, vermieden werden und somit die schulische Integration besser gelingen.

Berufsschulzentren können Kompetenzzentren werden
Berufsschulzentren können sich eigenverantwortlich zu regionalen Kompetenzzentren weiterentwickeln und dabei in Einvernehmen mit dem Schulträger über die schulischen Bildungsgänge hinaus erweiterte Bildungsangebote machen.

Kleinere Klassengrößen bei Inklusion
Auch im zweiten Gesetzentwurf bleibt es bei bisher vorgegebenen Klassenobergrenzen und Mindestschülerzahlen. Dabei sieht der Gesetzentwurf aber auch die Möglichkeit vor, bei Klassen mit inklusiv unterrichteten Schülern geringere Klassenobergrenzen über eine Rechtsverordnung festzulegen.

Berufs- und Studienorientierung wird gestärkt
Mit gleich mehreren Änderungen im Gesetzentwurf wird die Berufs- und Studienorientierung umfassender und synchron geregelt. So sollen zum Beispiel Oberschulen auch mit der Berufsberatung der Agenturen für Arbeit zusammenarbeiten. Gleiches gilt auch für Gymnasien und Förderschulen. Bei Förderschulen ist zudem jetzt auch eine Studienorientierung vorgesehen.

Mehr Innovation im Schulsystem
Mit dem zweiten Gesetzentwurf werden die Möglichkeiten für Schulversuche erweitert, um die Innovationsfähigkeit des sächsischen Schulwesens zu stärken und um wissenschaftliche Forschungsvorhaben besser zu unterstützen. So wird gesetzlich geregelt, dass von bestehenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die für das öffentliche Schulwesen gelten, abgewichen werden kann. Damit sind zum Beispiel große Freiheiten in Unterrichtsformen und der Unterrichtsorganisation möglich. Schulversuche können auch als wissenschaftliche Forschungsvorhaben in Kooperation mit Hochschulen durchgeführt werden. Damit kann empirische Bildungsforschung zur Weiterentwicklung von Unterrichts- und Schulqualität sowie zur Qualifizierung der Lehrerausbildung auch Gegenstand von Schulversuchen sein.

Kooperationsgebot für Schulen
Während gleich in mehreren Paragraphen ein Kooperationsgebot für die Schulen mit schulischen und außerschulischen Partnern unterstrichen wird, betont der zweite Gesetzentwurf noch einmal ausdrücklich die Zusammenarbeit der Schulen zum Beispiel mit Betrieben, Vereinen oder kulturellen Einrichtungen. Mit der neuen Aufnahme der Interessensvertretung der Sorben wird eine Förderung und Stärkung des Zusammenwirkens von Schule, Eltern und Schüler zur Wahrung sorbischer Belange angestrebt.

Rechte der Schüler werden gestärkt
Der Landesschülerrat wird in seiner Funktion gestärkt und dem Landeselternrat in seiner Beratungsfunktion gleichgestellt. Zudem die Mitspracherechte der Schüler erweitert. Über eine Rechtsverordnung soll es künftig auch die Option der Urwahl eines Schülersprechers geben. Diese Regelung soll der Demokratiebildung der Schüler dienen.

Schulaufsicht soll Schulen unterstützen
Der bisherige Gesetzentwurf sah vor, dass die Schulaufsicht die Schulen bei der eigenverantwortlichen Wahrnehmung ihrer Aufgaben lediglich berät. Neu ist, dass die Schulaufsicht die Schulen dabei unterstützen soll. Daraus erwächst die Pflicht der Schulaufsicht, die Schulqualität regelmäßig zu überprüfen und den Schulen Unterstützungsangebote zu unterbreiten. Dieses soll den Schulen helfen, in Eigenverantwortung ihren Erziehungs- und Bildungsauftrag umzusetzen.

Weitere Informationen zum Gesetzentwurf und eine Gegenüberstellung des bisherigen Schulgesetzes und der Novelle gibt es im Internet unter www.schulgesetz.sachsen.de und im SMK-Blog www.bildung.sachsen.de/blog


Kontakt

Sächsisches Staatsministerium für Kultus

Pressesprecher Dirk Reelfs
Telefon: +49 351 564 65100
Telefax: +49 351 564 65019
E-Mail: presse@smk.sachsen.de
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