Bevölkerungsentwicklung für Sachsen bis 2030 neu berechnet

19.04.2016, 13:14 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)

Ulbig: „Dramatischer Bevölkerungsrückgang gestoppt. Demographische Entwicklung bleibt große Herausforderung“

Innenminister Markus Ulbig hat heute das Kabinett über die Ergebnisse der „6. Regionalisierten Bevölkerungsvorausberechnung für den Freistaat Sachsen bis 2030“ informiert. Ausgangspunkt für die Berechnungen des Statistischen Landesamtes war der Bevölkerungsstand am 31. Dezember 2014. Die Daten dienen der Staatsregierung als einheitliche Planungs- und Entscheidungsgrundlage.

Nach der aktuellen Berechnung der sächsischen Statistiker wird die Einwohnerzahl im Freistaat frühestens 2022 und im optimalen Fall sogar erst 2030 unter die Vier-Millionen-Marke fallen. Bisher hatten die Experten bis zu zehn Jahre früher damit gerechnet. Derzeit verzeichnet Sachsen sogar, erstmals seit der deutschen Wiedervereinigung, einen leichten Bevölkerungszuwachs.

„Wir haben in Sachsen den dramatischen Bevölkerungsrückgang der vergangenen 25 Jahre gestoppt. Dennoch bleibt die demographische Entwicklung für uns eine große Herausforderung“, sagte der Innenminister heute in Dresden. „Während die Zahl der Einwohner von 4,78 Millionen im Jahr 1990 bis auf 4,06 Millionen Ende 2014 permanent nach unten gegangen ist, haben wir im vergangenen Jahr erstmals einen leichten Anstieg von rund 10.000 bei der Bevölkerungszahl verbuchen können. Im günstigsten Fall würde sich dieser Trend in den kommenden vier Jahren fortsetzen, sodass 2020 wieder deutlich mehr als 4,1 Millionen Menschen bei uns leben könnten“, so Ulbig weiter.

Als Hauptursachen für diese Entwicklung nannte der Innenminister vor allem die anhaltend hohe Geburtenrate in Sachsen, den positiven Wanderungssaldo, die erhöhte Zuwanderung und die weiter steigende Lebenserwartung. „Mit 1,57 Kindern je Frau liegt Sachsen bundesweit an der Spitze bei der Geburtenrate und das seit Jahren. Natürlich wirkt sich auch die hohe Zuwanderung im vergangenen Jahr in Sachsen aus. Auch wenn sich bisher nur schwer abschätzen lässt, wie stark. Für 2015 wird mit insgesamt 80.000 Zuzügen aus dem Ausland das Vierfache des Mittelwerts der vergangenen zehn Jahre erwartet. Hinzu kommt das anhaltend positive sächsische Saldo bei den Zu- und Fortzügen zwischen den Bundesländern. Schließlich steigt die durchschnittliche Lebenserwartung immer weiter. Liegt sie derzeit bei 77 Jahren und vier Monaten für Männer und bei 83 Jahren und vier Monaten für Frauen, wird sie bis 2030 um jeweils knapp drei weitere Jahre ansteigen“, so Markus Ulbig.

Als größte Herausforderungen der Zukunft betrachtet der Minister den gegenläufigen Trend bei den Altersgruppen sowie die unterschiedliche regionale Entwicklung.

„Während die Gruppe der Menschen im hauptarbeitsfähigen Alter zwischen 20 und 65 Jahren bis 2030 um etwa 16 Prozent zurückgehen wird, steigt der Anteil der Senioren, die 65 und älter sind, im gleichen Zeitraum um rund 17 Prozent. Diese umgekehrte Proportionalität ist insbesondere für unsere Wirtschaft und unser Sozialsystem eine echte Herausforderung.

Eine weitere Unwucht stellt die Bevölkerungsentwicklung in den Großstädten und im ländlichen Raum dar. Während die beiden Großstädte Leipzig und Dresden immer weiter wachsen, wird sich der Bevölkerungsschwund in den kleineren Kommunen weiter fortsetzen. Auch diese Entwicklung stellt unsere Städte und Gemeinden zunehmend vor Probleme“, so Ulbig abschließend.

Die Kernaussagen der 6. Bevölkerungsvorausberechnung:

Langsamer Bevölkerungsrückgang

Der Bevölkerungsrückgang in Sachsen verläuft langsamer als in den vorherigen Berechnungen ermittelt, setzt sich aber fort. Im September 2015 lag die Einwohnerzahl bei rund 4,07 Millionen Personen. Die Einwohnerzahl wird je nach Variante im Jahr 2022 beziehungsweise 2030 unter vier Millionen Einwohner sinken.

Effekte der Zuwanderung

Die Auswirkungen der Zuwanderung auf die Bevölkerungsentwicklung sind schwer einzuschätzen. Das Statistische Landesamt hat in der oberen der beiden Varianten den Zuzug aus dem Ausland mit besonderen Annahmen berücksichtigt. Tatsächlich wird in Sachsen für 2015 mit insgesamt 80.000 Zuzügen aus dem Ausland das Vierfache des Mittelwerts der vergangenen zehn Jahre gerechnet.

Zu- und Fortzüge zwischen den Gemeinden in Sachsen verlaufen alters- und geschlechtsspezifisch sowie räumlich selektiv. Grundsätzlich konzentriert sich die Abwanderung stärker auf jüngere Altersgruppen. Es wandern mehr Frauen als Männer ab. Der Wegzug fokussiert sich regional auf ländliche und strukturschwache Regionen. Für 2030 wird davon ausgegangen, dass insbesondere die Oberzentren Dresden und Leipzig für junge Menschen attraktiv bleiben.

Höchste Geburtenrate in Deutschland

Die Geburtenrate ist mit 1,57 Kindern pro Frau in Sachsen bundesweit die höchste und damit höher als in der vorangegangenen Berechnung erwartet.
Die für die Zukunft angenommene Geburtenrate in Sachsen liegt mit 1,6 (weniger optimistische Variante) und zeitweise 1,7 (optimistische Variante) Kindern pro Frau noch einmal leicht darüber.

Steigende Lebenserwartung

Die durchschnittliche Lebenserwartung im Freistaat Sachsen beträgt 77 Jahre und vier Monate für Männer beziehungsweise 83 Jahre und vier Monate für Frauen. Sachsen liegt im Bundesvergleich bei den Frauen auf dem zweiten, bei Männern auf dem zehnten Platz. Nach der Vorausberechnung wird sich der Anstieg der Lebenserwartung weiter fortsetzen. Für 2030 ergibt sich eine durchschnittliche Lebenserwartung von 80 Jahren und zwei Monaten für Männer und 85 Jahren und zehn Monaten für Frauen.

Steigendes Durchschnittsalter und Veränderungen in den Altersgruppen

Der Bevölkerungsrückgang wird von einer fortgesetzten Alterung der Bevölkerung begleitet. Das Durchschnittsalter steigt von 46,7 Jahren im Jahr 2014 bis auf 47,6 Jahre beziehungsweise 48,1 Jahre im Jahr 2030.

Veränderungen ergeben sich bei den Altersgruppen. Ende 2014 waren rund 16 Prozent der Bevölkerung jünger als 20 Jahre. Es lebten rund 646.000 Kinder und Jugendliche unter 20 Jahren Ende 2014 in Sachsen. Bis 2030 wird es voraussichtlich einen Anstieg um 3 bis 10 Prozent in dieser Altersgruppe geben.

Die Altersgruppe 20 bis unter 65 Jahren stellt mit rund 2,4 Millionen Personen rund 59 Prozent der Bevölkerung. Ende 2030 werden in dieser Altersgruppe bis zu 392.000 Personen weniger in Sachsen leben. Dies entspricht einem Rückgang um 16 Prozent, wodurch der Anteil an der Gesamtbevölkerung auf rund 52 Prozent sinkt.

Ein Viertel der sächsischen Bevölkerung war 65 Jahre und älter. Bis 2030 wird diese Altersgruppe um rund 176.000 Personen auf rund 1,2 Millionen Menschen steigen. Dies entspricht einem Zuwachs um mehr als 17 Prozent. Der Anteil der über 65-Jährigen an der Gesamtbevölkerung wird um 5 Prozentpunkte auf 31 Prozent steigen.

Regionale Entwicklung

Als Folge des demographischen Wandels werden sich auch die regionalen Disparitäten in Zukunft weiter verstärken. Die Einwohnerzahl der unteren Variante steigt in Dresden um 8,7 Prozent bzw. in Leipzig um 11,9 Prozent. In Chemnitz sowie in den Landkreisen Leipzig, Sächsische Schweiz, Meißen und Nordsachsen geht die Einwohnerzahl mit unter 8 Prozent weniger stark zurück, als in den anderen fünf Landkreisen. In diesen wird mit einem Rückgang von 12 bis zu 16 Prozent gerechnet. Das höchste Durchschnittsalter wird 2030 mit 52 Jahren im Erzgebirge und im Vogtlandkreis, das geringste Durchschnittsalter wird mit 43 Jahren in Dresden und Leipzig erreicht. Betrachtet man die Großen Kreisstädte, ergibt sich ebenfalls ein deutlich differenziertes Bild. 2030 können nur fünf Große Kreisstädte, die in der Nähe von Leipzig oder Dresden liegen, in beiden Varianten mit einem Bevölkerungsgewinn rechnen. Weitere vier Große Kreisstädte aus derselben Region können nur in der Variante 1, mit höherer Zuwanderung, einen Ein¬wohnerzuwachs verzeichnen. Für die meisten anderen Großen Kreisstädte wird für das Jahr 2030 im Vergleich zu 2014 ein Bevölkerungsrückgang vorausberechnet.

Grundsätzlich gibt es den stärksten Bevölkerungsrückgang zwischen 8 und 13 Prozent bei Gemeinden bis 5.000 Einwohnern. Gemeinden mit 5.000 bis unter 15.000 Einwohnern verlieren zwischen 7 und 12 Prozent Einwohner. Bei Gemeinden mit 15.000 bis 25.000 Einwohnern wird es einen Rückgang zwischen 6 bis 11 Prozent geben. In Städten mit 25.000 bis unter 50.000 Einwohnern wird es einen Rückgang zwischen 3 und 7 Prozent geben. Bei Gemeinden zwischen 50.000 bis unter 100.000 Einwohnern ist ein Rückgang von 4 bis 8 Prozent prognostiziert.

Das Kabinett hat das Innenministerium beauftragt, dem Kabinett bis 30. September 2018 zu berichten, wie sich die Bevölkerung bis zum Stichtag 31. Dezember 2017 tatsächlich entwickelt hat und welche Konsequenzen sich hieraus für die 6. Regionalisierte Bevölkerungsvorausberechnung ergeben.

Die komplette 6. regionalisierte Bevölkerungsvorausberechnung für den Freistaat Sachsen bis 2030 ist online abrufbar unter: https://www.statistik.sachsen.de/html/40866.htm


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