Ministerpräsident Biedenkopf überreicht Verdienstordens-Insignien

19.04.1999, 17:52 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)

Der sächsische Ministerpräsident wird an fünf Bürgerinnen und Bürger

am 21. April 1999, 11 Uhr,
im Raum 100 der Sächsischen Staatskanzlei

und während der 1. Sächsischen Literaturtage,

am Freitag, dem 23. April 1999, 17.30 Uhr
im Ratssaal des alten Rathauses Plauen, Altmarkt

dem Schriftsteller Erich Loest die Insignien des vom Bundespräsidenten verliehenen Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland überreichen.Der Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland wird - in der Regel auf Vorschlag eines Vorschlagberechtigten, zum Beispiel eines Ministerpräsidenten - vom Bundespräsidenten verliehen. Soweit der Bundespräsident die Ordensinsignien nicht selbst übergibt, werden sie, wenn die Vorschläge von den Ministerpräsidenten der Länder gekommen sind, an die jeweiligen Senats- bzw. Staatskanzleien gesandt.
Die folgenden Bürgerinnen und Bürger haben sich Verdienste erworben, aufgrund derer ihnen das Verdienstkreuz 1. Klasse (Prof. Dr. Klaus Husemann) bzw. das Verdienstkreuz am Bande (vier Auszuzeichnende) und das Große Verdienstkreuz (Schriftsteller Erich Loest) verliehen wird:

Prof. Dr. Klaus Husemann hat sich in der Wendezeit in der DDR und in der ersten Legislaturperiode des Sächsischen Landtages sowohl als Abgeordneter als auch als Parla-
mentarischer Staatssekretär bei der Neustrukturierung des Sächsischen Bildungswesens sowie der Hochschullandschaft und der Medienpolitik fortwirkende Verdienste für die
Allgemeinheit erworben. Er arbeitete maßgeblich daran mit, in kurzer Zeit das Schulsystem ideologisch zu entrümpeln und auf die neuen Erfordernisse umzustellen. Auch hat es
daran mitgewirkt, die staatlichen elektronischen Medien der DDR rasch in funktionierende, der demokratischen Grundordnung verpflichtete öffentlich-rechtliche Anstalten
umzuwandeln.Mia-Elsbeth Krüger hat sich bei der ehrenamtlichen sozialen Arbeit und der mitmenschlichen Hilfe Verdienste erworben. Sie gründete den Senioren-verband Graue Löwen", bewirkte unter anderem die Einführung eines Leipziger Passes für einkommensschwache
Bürger, initiierte ein Seniorenstudium an der Universität Leipzig, organisierte Seminare zu Fragen, die ältere Menschen betreffen, von der Alterssicherung über Selbstverteidigung bis hin zur Einführung des Euro. Sie arbeitet aktiv im Seniorenbeirat auf Landes- und Bundesebene sowie entsprechenden internationalen Gremien mit. Sie engagiert sich weit mehr, als bei einer pflichtgemäßen Erfüllung übernommener Ehrenämter erwartet
werden kann. Ihr Ziel ist, daß die Älteren ihre Kraft, sich soweit möglich selbst zu helfen, nutzen, um ihr Leben zu gestalten und ihre Interessen wahrzunehmen. Dabei verbindet sie die Arbeit in den Gremien mit dem praktischen Tun für und mit den Menschen.

Schwester Manfreda (Gertrud Sophie) Kopp hat sich durch ihre sozial-caritative Tätigkeit Verdienste erworben. Unmittelbar nach Herstellung der deutschen Einheit kam die
katholische Ordensschwester aus Baden-Württemberg nach Hoyerswerda, um hier in einer Situation sozialer Spannungen beim Aufbau von Kinder- und Jugendarbeit zu helfen. Sie
arbeitete an der Entwicklung neuer Konzepte für die Jugendhilfe und bemühte sich erfolgreich um Angebote zur Fortbildung auf diesem Gebiet sowie darum, die einzelnen
Träger miteinander und den zuständigen Behörden zu vernetzen. In einer Selbsthilfeaktion, die die Eltern einbezog, brachte sie den Um- und Ausbau einer Kinderkrippe
zu einem Kinderhaus in Gang. Sie leitete Erwachsene an, außer den Eltern auch zum Beispiel Vorruheständler, auf neue Art Verantwortung für die Kinder zu übernehmen. Sie
bemüht sich mit Erfolg um gute Nachbarschaft mit der Behindertenschule und bezieht Jugendlichen mit ein, die zu gemeinnütziger Arbeit verpflichtet worden sind. Aus ganz
Sachsen und darüber hinaus kommen sozial Tätige, um von den Erfahrungen ihrer Einrichtung zu lernen. Mit ihrem generationsübergreifenden Arbeit wirkt sie erfolgreich in in einer mit erheblichen Problemen belasteten Region.

Pfarrer i. R. Siegfried Reimann hat sich seit 1976 als aktiver evangelischer Pfarrer besonders in Dresden durch politisch-historische Bildungsarbeit für ein Verständnis des Judentums, seiner Geschichte Kultur, Religion und Tradition, für Toleranz und christlich-jüdische Zusammenarbeit sowie für die Aufarbeitung der nationalsozialistischen Verbrechen an den Juden, eingesetzt. In diese Tätigkeit seines Arbeitskreises Begegnung mit dem Judentum" die in der antizionistischen" DDR sehr mutig war, bezog er außer Protestanten auch einen katholischen Amtsbruger und Laien ein. Auch heute engagiert er sich in der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Dresden", die mit Ausstellungen, Konzerten und anderem einen sehr wichtigen Beitrag zum Verständnis jüdischer Kultur und deutsch-jüdischer Geschichte leistet. Unmittelbar nach der Wende initiierte er die Gründung einer Vereinigung, die daran arbeitet, am Ort der 1938 in der
Reichspogromnacht zerstörten Dresdner Synagoge ein neues jüdisches Gotteshaus zu errichten und dafür die notwendigen finanziellen Mittel in Form von Spenden einwirbt.

Pfarrer i. R. Helmut Geiger war in der DDR Beauftragter des Bistums Dresden-Meißen für die Seelsorge für körperlich und geistig Behinderte. Dabei war er für die Angehörigen
und Betreuer ein zuverlässiger Ansprechpartner in ihrem schweren Alltag. Der katholische Geistliche versuchte, ein Menschenbild der Würde und persönlichen Identität der
Behinderten zu vermitteln, die damals ein Leben am Rande der Gesellschaft zu führen hatten. Er organisierte Behindertentage, religiöse Bildungs- und Meditationstage, Ferienfreizeiten mit Programmen und Behindertenrundbriefe. Mit geistlicher und praktischerHilfe unterstützte er die Behinderten, ihre Angehörigen und Betreuer und eröffnete den Behinderten neue, lebenswerte Möglichkeiten.

Erich Loest ist einer der wichtigsten deutschsprachigen Schriftsteller der Gegenwart. Sein umfangreiches literarisches Werk ist stark vom eigenen Erleben geprägt und sprachlich sehr ausdrucksstark. In seinen Büchern, die das Genre des historischen und zeitgeschichtlichen Romans auffrischen, zeigt er sich als manchmal ironischer, immer nüchterner Chronist seiner Zeit. Er beschreibt treffend Menschen, Ereignisse und die jeweilige Atmosphäre. Aber
nie karikiert er Menschen, deren politische Haltung er ablehnt, wird nie fanatisch gegenüber dem System, das ihn bekämpft, ins Gefängnis gebracht und auch nach der Übersiedlung in die Bundesrepublik nicht in Ruhe ließ. Auch dort, wo er es schwer hatte mit den Mühen des Literaturbetriebes und seiner Wahrheit, die keiner hören
wollte, resignierte er nicht und paßte sich nicht an. In seinem Roman "Nikolaikirche" verarbeitete er die Ereignisse des Spätherbsts 1989 in Leipzig und bewies aufs neue sein schriftstellerisches Können. Darin schildert er das Geschehen mit innerem Spannungsbogen und die oft gegensätzlichen Auffassungen mit epischer Gerechtigkeit. Doch Loest beschränkt sich nicht auf seine Arbeit als Romancier. Als Vorsitzender des Verbandes deutscher Schriftsteller engagierte er sich für deren Anliegen, bei allem Engagement sachlich und mit der notwendigen Distanz. Weiterhin ist er Mitglied des kulturpolitischen Beirats
des Auswärtigen Amtes. Er tritt nicht nur verbal, sondern mit materieller Hilfe für gefährdete Schriftsteller ein. Besonders am Herzen liegt ihm das deutsch-polnische Ver
hältnis am Herzen. Seine Initiative Polen-Plan" soll die Schriftsteller des jeweils anderen Landes in Polen und in Deutschland bekannter machen. Dabei stellt jeweils ein bekannter Schriftsteller einen unbekannteren Autor des anderen Landes vor. Der bekannteste Teil dieses Projektes ist die jährliche Fahrt des Poeten-Dampfers" auf der Oder. Loest ist Träger vieler Preise und Auszeichnungen und Mitglied in der Sächsischen Akademie der Künste. Die Presse ist eingeladen, an den Ordensübergaben teilzunehmen.


Kontakt

Sächsische Staatsregierung

Regierungssprecher Ralph Schreiber
Telefon: +49 351 564 10300
Telefax: +49 351 564 10309
E-Mail: presse@sk.sachsen.de

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