Ministerpräsident Biedenkopf verleiht Bundesverdienstkreuze

18.12.2001, 09:20 Uhr — Erstveröffentlichung (aktuell)

Am heutigen Dienstag, 18. Dezember, 13.30 Uhr, verleiht Ministerpräsident Kurt Biedenkopf in der Sächsischen Staatskanzlei, Archivstraße 1 (Raum 100) an sechs Bürgerinnen und Bürger das Bundesverdienstkreuz. Geehrt werden:

Leonore Klotz (Grünbach/Vogtlandkreis)

Das Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland erhält Leonore Klotz, Rentnerin, aus Grünbach.

Seit ihrer Jugend hat sich Leonore Klotz mit Mut, Energie und in der ihr eigenen optimistischen Art große Verdienste um die traditionsreiche vogtländische Mundart- und Volksmusikpflege erworben. Als "Botschafterin des Vogtlandes" brachte sie das dort heimische Brauchtum in das Bewusstsein eines Großteils der sächsischen Bevölkerung. Mit ihren "Grünbacher Folkloristen" begeisterte sie Tausende Menschen, vor allem im Vogtland und im Erzgebirge, aber auch über die Grenzen Sachsens hinaus.

Nunmehr sind vier Generationen bei dem "Grünbacher Folkloristen" vereint, die auf weit mehr als 50 Tonträgern Zeugnis ihres traditionellen sowie neu entstandenen vogtländischen Wort- und Musikgutes ablegen. Ihre wertvollen Erfahrungen bei der Erschließung und Belebung musikalischer Folklore des Vogtlandes brachte Frau Klotz seit 1987 auch als Ehrenmitglied des wissenschaftlichen Beirates des Folklorezentrums Erzgebirge/Vogtland (heute Sächsische Landesstelle für Volkskultur) ein.

Noch heute als Rentnerin sieht Leonore Klotz ihre wichtigste Aufgabe in der Nachwuchspflege, die sie ganz engagiert schon über Jahrzehnte als "Talentmutter" betreibt.

Schwester Benedicta (Gertrud) Waurick (Kloster St. Marienstern in Panschwitz-Kuckau, Landkreis Kamenz)

Das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland erhält die Äbtissin des Zisterzienserinnenklosters St. Marienstern, Schwester Benedicta (Gertrud) Waurick.

Es ist das besondere Verdienst von Äbtissin Benedicta, das traditionsreiche Kloster Marienstern zu den Menschen hin geöffnet zu haben. In ihrer Amtszeit und dank ihrer Initiative konnte das Kloster mit seinem reichen Bestand an Kunstwerken, Urkunden, liturgischen Büchern und Gewändern zum ersten Mal in seiner Geschichte einer großen Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Die Äbtissin machte auch den Weg frei für die 1. Sächsische Landesausstellung "Zeit und Ewigkeit", die das Kloster beherbergte und die ein außerordentlicher Erfolg wurde.

Mit dieser Ausstellung wurde in unserem stark säkularisierten Teil Deutschlands eindrucksvoll auf die geistig religiösen Wurzeln und die geistliche Tradition unserer Kultur verwiesen. Inzwischen ist das Frauenkloster in Panschwitz-Kukau zu einem neuen touristischen Anziehungspunkt in Sachsen geworden. Die Dauerpräsentation ausgewählter Stücke trägt dazu ebenso bei, wie der nach historischen Vorbildern rekonstruierte Klostergarten und der Klosterpark.

Verdient gemacht hat sich Schwester Benedicta zudem auch durch ihr ungebrochenes Engagement für die Behinderten, die seit Jahrzehnten in einer Einrichtung auf dem Klostergelände von den Schwestern betreut werden. Dass solches kirchlich-soziales Engagement von der atheistischen DDR-Ideologie nicht gern gelitten und Unterstützung für die Arbeit kaum zu erwarten war, schreckte sie nie. Gemeinsam mit den Schwestern war die Äbtissin getragen von der Gewissheit, dass behinderte wie nicht behinderte Menschen gleichermaßen von Gott geliebte Geschöpfe sind. Nach der Wende setzte sie sich sehr dafür ein, die materiellen, insbesondere strukturellen Defizite in der Behindertenarbeit zu beseitigen.

Dr. Heinz Brandt (Gneisenaustadt Schildau, Landkreis Torgau-Oschatz)

Das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland erhält der Facharzt für Allgemeinmedizin, Dr. med. hab. Heinz Brandt, aus der Gneisenaustadt Schildau.

Die Verdienste von Dr. Heinz Brandt für die Allgemeinmedizin, für den Berufsverband der Allgemeinmediziner, aber auch seine Leistungen auf dem Gebiet der medizinischen Vorsorgeuntersuchungen und sein Engagement als Christ sind außerordentlich.

Zeit seines beruflichen Lebens war und blieb Dr. Brandt Landarzt in seiner Heimatstadt Schildau im Norden Sachsens. Als einer der ersten Ärzte in der damaligen DDR machte er schon seit 1949 Vorsorgeuntersuchungen bei schwangeren Frauen. Seit 1951 wurde im Landbereich Schildau über Jahrzehnte unter Leitung von Dr. Brandt die zytologische Krebsvorsorgeuntersuchung bei Frauen durchgeführt – eine damals neue und wegweisende Methode der Krebsfrüherkennung in allgemeinmedizinischen Alltagspraxen, die folgerichtig bereits ab 1960 nationale und internationale Anerkennung fand.

Aus seinen gesundheitspolitischen Überzeugungen machte Dr. Brandt auch zu DDR-Zeiten keinen Hehl. Als man in den 50er Jahren überlegte, das sowjetische Versorgungssystem mit so genannten Fachärzten zweiten Grades in der DDR einzuführen und die ambulanten allgemeinärztlichen Landarztpraxen abzuschaffen, vertrat er vehement seine Gegenposition. Er hatte damit wesentlichen Anteil daran, dass das damalige SED-Regime die deutschen Gesundheitsstrukturen beibehielt.

Seine in der DDR einzigartige Habilitation als Allgemeinmediziner, weitere wissenschaftliche Arbeiten und die national und international anerkannte Arztpersönlichkeit Dr. Brandts wären Grund genug gewesen, ihm eine Dozentur anzutragen. Doch die 1978 vorgeschlagene Dozentur wurde vom Hochschulministerium der DDR aus politischen Gründen abgelehnt, trotz des Vorliegens exzellenter Gutachten von universitären Ordinarien.

Dennoch wurde Dr. Brandt durch seine Beiträge zum Stand und zur Entwicklung der deutschen Allgemeinmedizin zu einer bekannten Persönlichkeit im In- und Ausland. Er war beteiligt an der Gründung der internationalen Gesellschaft für Allgemeinmedizin. 1969 war er Mitbegründer der Gesellschaft für Allgemeinmedizin der DDR in Berlin und gehörte seither zum zentralen Vorstand. Er arbeitete in verschiedenen Fachkommissionen als Prüfer und bei der Ausbildung junger Fachärzte.

Als nach der Wende neue Verbandsstrukturen gefunden werden mussten, auch für die sächsischen Allgemeinmediziner, und als es galt, die ost- und westdeutschen Allgemeinmediziner-Verbände zusammenzuführen, war Dr. Brandt wiederum maßgeblich beteiligt. Sein Lebenswerk wurde schließlich gekrönt durch die Übernahme der Funktion des Alterspräsidenten der Sächsischen Landesärztekammer im Jahre 1995.

Neben seinen vielfältigen ärztlichen Aufgaben und berufspolitischen Aktivitäten hat sich Dr. Brandt auch stets als engagierter Christ in der evangelischen Kirche betätigt. Jahrzehntelang war er Kirchenältester in seiner Heimatgemeinde, außerdem Mitglied des evangelischen Kreiskirchenrates zu Torgau und 22 Jahre lang Präses der evangelischen Kreissynode Torgau.

Siegfried Hanus (Pirna)

Das Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland erhält Siegfried Hanus, Rentner, aus Pirna.

Als jahrzehntelanges ehrenamtliches Mitglied und Vorstandsmitglied des Pirnaer Rudervereins, als aktiver Sportler, später Trainer und Ausbilder im Pirnaer Ruderverein hat Siegfried Hanus über die Jahre Unschätzbares für den Rudersport und seinen Nachwuchs getan. Stets erfolgte sein Engagement im Sport parallel zu seinem Beruf.

In den Jahren 1951 bis 1956 nahm er als aktiver Sportler an Wettkämpfen teil; seit 1957 ist er als Trainer für den Verein tätig. Er trainiert zur Zeit als Rentner an fünf Tagen in der Woche 35 Kinder und Jugendliche. Seine Tätigkeit war mit Grundlage dafür, dass der Verein Deutsche Meister, Weltmeister und Olympiasieger hervorbrachte.

In den Sommermonaten erlebt man den agilen Rentner fast jedes Wochenende bei Regatten, darunter auch den Landesmeisterschaften. Und als 1996 der Pirnaer Ruderverein als erster ostdeutscher Verein das zentrale Wanderrudertreffen mit über 700 Teilnehmern ausrichtete, war er natürlich ebenfalls führend mit engagiert. Zum 125-jährigen Jubiläum 1997 erhielt der Verein – damals unter seinem Vorsitz – die Sportplakette des Bundespräsidenten, die höchste staatliche Auszeichnung für Vereine im Breitensport, sowie die höchste Auszeichnung des Deutschen Ruderverbandes.

Der Einsatz von Siegfried Hanus trug erheblich zur Bewahrung und Wiederbelebung einer unverwechselbaren Tradition um den Rudersport in der Großen Kreisstadt Pirna bei.

Prof. Dr. Hans von Mangoldt (Nehren bei Tübingen)

Das Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland erhält Prof. Dr. jur. Hans von Mangoldt, Hochschullehrer, aus Nehren.

Nicht nur in Forschung und Lehre und in der akademischen Selbstverwaltung der juristischen Fakultät der Eberhard-Karls-Universität Tübingen hat sich Prof. Dr. Hans von Mangoldt hervorragende Verdienste erworben. Seine Leistungen für Sachsen liegen vor allem in der Beratungstätigkeit bei der Erarbeitung der Verfassung des Freistaates Sachsen.

Sein wissenschaftliches Schrifttum mit Schwerpunkten im Staatsangehörigkeitsrecht und im Völkerrecht genießt große Wertschätzung. In der Zeit der Teilung Deutschlands gehörte Prof. von Mangoldt zu denen, die entschieden am Auftrag der Wiedervereinigung festhielten. Hiervon legt neben verschiedenen Aufsätzen auch der von ihm seit langem übernommene und fortgeführte große Kommentar Makarov/von Mangoldt, "Deutsches Staatsangehörigkeitsrecht" Zeugnis ab.

Bemerkenswert ist auch, dass sich Prof. von Mangoldt bereits zur Zeit des "Eisernen Vorhangs" durch Reisen und Vorträge für ständige Verbindungen zwischen den juristischen Fakultäten der Universitäten Tübingen und Jena einsetzte. 1987 wurde er Fakultätsbeauftragter für die wissenschaftlichen Beziehungen zu den Universitäten in der DDR. Dieser langjährigen Hinwendung zu Ostdeutschland schloss sich nach der Wende sein ständiges Bemühen um akademische Hilfe beim Wiederaufbau der Universitäten in den ostdeutschen Bundesländern ebenso selbstverständlich an.

Bereits zu einem Zeitpunkt, als die Wiedervereinigung Deutschlands noch nicht absehbar war, stand Prof. von Mangoldt der Arbeitsgruppe Landesverfassung als Berater zur Verfügung. Dabei war seine Tätigkeit geprägt von einer tiefgehenden inneren Verbundenheit mit Sachsen und der Freude über das Gelingen der friedlichen Revolution. Letztlich ist es ihm durch seine keineswegs selbstverständliche Selbstbeschränkung auf die rein juristische Beratung zu verdanken, dass der Gohrische Entwurf wegen seiner juristischen Qualität zur entscheidenden Grundlage der geltenden Verfassung des Freistaates Sachsen wurde, ohne seine Verbindung mit der Revolution zu verlieren.

Wolfgang Eschke (Mühltroff, Vogtlandkreis)

Das Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland erhält Wolfgang Eschke, Geschäftsführer der Eschke Seidenweberei GmbH in Mühltroff.

Als Eigentümer in der vierten Generation leitet Wolfgang Eschke den Webereibetrieb in Mühltroff im Nordwesten des Vogtlandkreises. Nachdem das Unternehmen 1972 verstaatlicht worden war, sicherte Eschke als angestellter Betriebsdirektor unter den schwierigen technischen und versorgungsmäßigen Bedingungen dennoch die Qualität des Hauses. 1992 konnte er den Familienbetrieb zurückkaufen, spezialisierte sich auf den Unternehmensbereich der Rekonstruktion historischer Seidentapeten und die Herstellung modischer Stoffe und hatte in beiden Sparten Erfolg. Seine Tapeten finden Verwendung im Schloss Sanssouci, in der Semperoper, im Bundeskanzler-Adenauer-Haus bei Bonn, in der ehemaligen Bischöflichen Residenz in Passau, aber auch in den Schlössern Weimars, um nur einige herausragende Baudenkmale zu nennen.

Sein Innovationsreichtum in Verbindung mit einem hohen Niveau bei der Qualitätssicherung machten Wolfgang Eschke auch auf dem Gebiet der modischen Stoffe zu einem gefragten Lieferanten. Als erstes ostdeutsches Unternehmen gelang ihm 1998 die Zulassung zur Präsentation "Premiere Vision" in Paris, auf der ausschließlich die 800 besten europäischen Flächengebindehersteller vertreten sind. Dank modernster Organisations- und Vertriebsstrukturen konnte der Betrieb weltweit Märkte erschließen, so in Frankreich, aber auch in den USA und Kanada.

Wolfgang Eschke ist eine beispielhafte Persönlichkeit, die den Beweis erbracht hat, dass Ostdeutsche mit Initiative, Kreativität, Risikobereitschaft und der nötigen Offenheit für moderne Unternehmensstrukturen in der Lage sind, Spitzenpositionen auf heimischen wie ausländischen Märkten zu erringen und einer strukturschwachen Region als Unternehmer zu dienen.


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Regierungssprecher Ralph Schreiber
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